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Böse Dinge geschehen

Böse Dinge geschehen

Titel: Böse Dinge geschehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dolan
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zufriedenstellte. Der Killer war der Held der Geschichte, und es gab einen verwirrten Bösewicht und eine Frau, die der Killer vor dem Bösewicht rettete. Der Showdown fand auf dem obersten Deck einer Parkgarage statt. Loogan überlegte hin und her, ob die Frau mit dem Killer zusammenbleiben sollte, nachdem er sie gerettet hatte, aber er kam zum Schluss, dass es besser wäre, wenn sie ging.
    Als er den Schluss so weit stehen hatte, wie er ihn haben wollte, druckte er eine saubere Fassung aus, mit dem Titel auf der ersten Seite, aber ohne Anschreiben oder Kontaktanschrift, und suchte dann in
Gray Streets
nach der Redaktionsanschrift der Zeitschrift. Die Redaktion befand sich zwölf Blocks weiter, im fünften Stock eines Hauses in der Innenstadt. An einem Samstag spazierte er dorthin. Die Eingangstüren waren verschlossen, aber auf der Rückseite entdeckte er einen Lieferanteneingang – eine Stahltür, die mit einem Ziegelstein offen gehalten wurde. Ein dämmriges Treppenhaus führte ihn in den fünften Stock. Er ging an den Büros eines Buchhalters und einer Dokumentarfilmproduktion vorbei, und da war es dann. Saubere schwarze Lettern auf der Milchglasscheibe in der Tür: GRAY STREETS.
    Das Manuskript hatte er bei sich, in einem Umschlag ohne Absender. Er war zu dick, um ihn unter der Tür durchschieben zu können, aber über der Tür befand sich ein offenes Oberlicht. Er schob den Umschlag durch und hörte, wie er auf der anderen Seite auf den Boden fiel.
    In den Tagen danach kehrte er zu seinem alten Tagesablauf zurück, ging ins Kino und hing in Cafés herum. Als er dann eines Abends nicht einschlafen konnte, setzte er sich im Arbeitszimmer des Professors an den Bildschirm, las die Geschichte noch einmal Zeile für Zeile durch und korrigierte sie beim Lesen. Er strich Wörter und Formulierungen und fand, dass die Sätze ohne sie besser klangen. Am nächsten Tag druckte er die |13| neue Version aus, und nach Geschäftsschluss ging er wieder in die Stadt, stieg die schmale Treppe hoch und schob einen zweiten Umschlag durch das offene Oberlicht.
    Er war sicher, dass nun Schluss damit wäre. Er suchte sich andere Beschäftigungen und weitete seine Spaziergänge aus: Er besuchte Museen, Galerien und Parks. Aber es war nicht Schluss damit. Sein Gedächtnis war ausgezeichnet. Er konnte sich an ganze Sätze und sogar Abschnitte erinnern. Er konnte sie neu schreiben, während er einen Weg entlanglief oder vor einem Gemälde stand. In einer weiteren schlaflosen Nacht ging er wieder ins Arbeitszimmer des Professors und nahm sich vor, die Datei zu löschen. Er blieb eine Stunde, drei Stunden sitzen, brütete über jedem Wort und zerbrach sich über jedes Satzzeichen den Kopf.
    Er dachte, er würde sie einfach dalassen, eine Datei auf einer Festplatte. Was sollte es, sie noch einmal auszudrucken? Zwei Tage später stand er in der Dämmerung wieder auf dem Flur und hatte das Manuskript in einem Umschlag unterm Arm. Er stand vor der Tür mit dem Oberlicht und versuchte, durch das Milchglas hindurchzusehen. Vielleicht war auf der anderen Seite gar nichts, dachte er. Vielleicht war dort bloß ein leeres Zimmer mit zwei Umschlägen auf dem Boden, auf denen sich der Staub sammelte. Und jetzt kam noch ein dritter dazu.
    Die Tür ging auf.
    Der Mann, der sie öffnete, trug einen dunkelblauen Anzug mit einem hellblauen Hemd und einer Seidenkrawatte. Er hatte sich gerade seinen Hut aufsetzen wollen – einen schwarzen Filzhut mit einem zum Anzug passenden Hutband   –, hielt aber in der Bewegung inne. Er sah Loogan an, sein Blick wanderte zu dem Umschlag, und er senkte die Hand mit dem Hut, während sich die Tür weit öffnete.
    »Sie sind es«, sagte er. »Kommen Sie rein.«
    Er machte einen Schritt in das dunkle Zimmer zurück, und nach ein paar Sekunden ging das Licht in einem der Büros an. |14| Im erleuchteten Eingang stehend winkte er Loogan mit seinem Hut herein.
    Loogan machte ein paar vorsichtige Schritte. »Ich kann aber nicht bleiben«, sagte er.
    »Warum nicht?«
    Er hatte keine passende Antwort parat. Die Antwort, die ihm einfiel –
weil es bald dunkel werden wird
–, würde nur lächerlich klingen.
    »Sie wollen doch nicht, dass ich Sie hier hereinzerren muss?«, sagte der Mann im blauen Anzug.
    Seine Stimme hatte etwas seltsam Förmliches an sich, wie die Stimme eines Schauspielers, der seinen Text aufsagt. Er bot Loogan einen Stuhl an und ging hinter seinen Schreibtisch. Zwischen den Manuskripten auf dem Schreibtisch

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