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Böse Schafe: Roman (German Edition)

Böse Schafe: Roman (German Edition)

Titel: Böse Schafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Lange-Müller
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Fenster, aus dem man außer dem Flachdach einer Garage auch die nahe Kirche, das angrenzende Baugrundstück und weiter entfernt ein anscheinend ungenutztes Bürogebäude aus der Nazizeit sehen konnte. Doch du sahst das alles nicht, denn das neue Metallbett, das offenbar zum Inventar des ansonsten noch leeren Raumes gehörte, stand mit dem Kopfende unter dem Fenster, genauer zwischen diesem und der linken von vier zartblau getönten Wänden.
    »Da ist ja mein Bärchen«, sagtest du leise, als ich eintrat. – Von jenem Tage an nanntest du mich nur noch Bärchen und nie mehr Baby. Ich fragte nicht, wie es dir ginge, das sah ich ja, sondern setzte mich neben dich auf das Bett, in dem du wenigstens nicht lagst. Du trugst einen häßlichen weinroten Trainingsanzug, der dir viel zu groß war.
    Aus Armeebeständen, fragte ich.
    »Soldat Krüger meldet sich zurück vom Frühsport. Darf er vielleicht noch fünfzig Kniebeugen machen?« sagtest du lächelnd.
    Wir besprachen, welche von deinen Sachen du brauchen würdest und welche erst einmal nicht. Du wolltest deine Kleidung, »aber nur die schicken Teile«, und vor allem den Bademantel, außerdem den Sony-Plattenspieler und die Platten, Straßen-, Turn- und Hausschuhe, deine Fantasyromane, deinen Rasierapparat.
    Und Möbel, fragte ich ein wenig vorwurfsvoll, was ist mit Möbeln? Oder soll ich dir Franks Bretter herkarren lassen?
    »Die haben hier so einiges, Schränke, Tische, Stühle, alles gespendet und fast neu«, sagtest du.
    Und Julis Plüschsofa, fragte ich mit geheucheltem Entsetzen.
    »Das kann wieder da hin, wo ich es herhatte, auf den Sperrmüll«, gabst du lächelnd zur Antwort.
    Und deine Wohnung, soll ich die nun abmelden, fragte ich weiter.
    »Ich denke schon«, sagtest du und hörtest endlich auf zu lächeln. Du schriebst mir noch eine Bankvollmacht, erklärtest, der Leiter des Projekts, ein gewisser Sören, hätte auch eine. Ich solle mich also nicht sorgen. Falls ich dir dein Geld mal nicht gleich bringen könnte, müßtest du nicht verhungern. »Bin müde«, flüstertest du mir ins Ohr und rolltest dich an die Wand. Ich verstand. Du wolltest, daß ich mich zu dir lege; es war schon ein Ritual.
    Wir schwiegen eine Weile, du streicheltest meinen Arm, ich dein feuchtes Haar. Dann fragte ich: Wenn du jetzt einen Wunsch frei hättest, nur einen einzigen, was würdest du dir wünschen?
    »Zehn Wünsche«, sagtest du, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Darauf ich, wie zu einem Kind: Gut, dann eben einfacher. Fehlt dir etwas? Hast du irgendeinen halbwegs normalen Wunsch, den ich dir erfüllen könnte?
    »Ja«, sagtest du nach einer Pause, »eine Pistole.«
    Ich fuhr hoch und sah dich groß an. Die von der Drogenfahndung haben leider keine bei mir vergessen, versuchte ich zu scherzen, wurde aber gleich wieder ernst: Und selbst wenn, ich wüßte gar nicht, wo ich so ein Ding auftreiben sollte. Und glaubst du etwa, ich laufe dadraußen rum und frage mich jede Minute, ob du noch lebst oder ob du dich schon erschossen hast, mit meinem Geschenk?
    »Stimmt, das ist ein Problem«, sagtest du, nun wieder lächelnd. »Meine Kontakte sind auch nicht mehr das, was sie waren. Und vielleicht hätte ich ja nicht mal mehr die Kraft, den Abzughahn zu spannen. Trotzdem, Bärchen, denk darüber nach. Du mußt mir die Kanone nicht schenken, ich kann bezahlen.«
    Ach, Harry, du ahnst nicht, wie oft ich tatsächlich darüber nachgedacht, mich gefragt habe, was dir erspart geblieben wäre, wenn ich meine Feigheit bezwungen und die Pistole besorgt hätte.
    Ich hatte mir vorgenommen, dich mindestens einmal die Woche zu besuchen, aber ich schaffte es nicht. Nicht, weil ich keine Zeit gehabt hätte oder weil du mir gleichgültig geworden wärst, sondern, weil du mir das Herz brachst; eine andere Metapher wäre vielleicht weniger kitschig, doch auch weniger wahr. Jedesmal, wenn ich sah, wie du mich dort, in dieser nett hergerichteten Pension für Todkranke, lächelnd erwartetest, wie du mir, im Trainings- oder Schlafanzug, je nachdem, ob es dir etwas besser oder etwas schlechter ging, die Arme entgegenstrecktest und »da bist du ja, mein Bärchen« riefst, kamen mir die Tränen – und meistens konnte ich sie nicht aufhalten. – Und du zogst mich an deine Brust und sagtest tröstend, »nun sei nicht traurig, dein Haary ist bei dir« oder etwas Ähnliches.
    Hätten mich der Verfall deiner Schönheit und das Schwinden deiner physischen Kräfte womöglich nicht so geängstigt, wenn die Abstände

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