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Böse Sterne

Titel: Böse Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Bittrich
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bekannter Schotte

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    Waage
    24. 9.–23. 10.
    Warum wir Sie mögen
    Sie bringen ein Element in unser Leben, das wir sonst nur aus der großen aufregenden Welt des Fernsehens kennen: das Element
     der Quiz-Veranstaltung. Bei Ihnen können wir, dürfen wir, müssen wir raten. Was wollen Sie? Weiß oder Schwarz? Wen meinen
     Sie mit »mein Partner«? A, B, C oder D? Was steht hinter Ihrem völlig inhaltsfreien Kommentar, etwas Nettes oder Böses? Was
     denken Sie in Wirklichkeit? Lügen Sie, um uns zu schonen oder um uns zu gefallen?
    Eines ist sicher: Sie lügen. Nicht aus bösem Willen. Einfach aus Gewohnheit. Psychologische Untersuchungen zeigen, dass Waage-Geborene
     im Alter von drei Jahren zu schwindeln beginnen und bis zum Lebensende |83| nicht mehr davon lassen können. Die wenigen, die aufhören wollten, behaupteten zwar, sie hätten es geschafft. Doch auch das
     entpuppte sich als Lüge. Es ist nicht zu ändern. Die Unehrlichkeit ist das herausragende Erkennungsmerkmal Ihres Sternzeichens,
     der Kern Ihrer Persönlichkeit.
    Macht doch nichts! Wir finden das gut! Leute, die klar und direkt sagen »Hau ab, du Vollidiot«, mögen ja ehrlich sein; richtig
     sympathisch finden wir sie nicht. Würden Sie so etwas von sich geben? Niemals. Ihnen mag so etwas durch den Kopf gehen bei
     unserem Anblick. Doch Sie flöten: »Wie schön, dass ihr gekommen seid, hoffentlich könnt ihr ein bisschen bleiben!« Klingt
     doch viel besser! Und schon bleiben wir und trinken Ihren Prosecco und verputzen Ihre Antipasti. Danke!
    Antiquierte Astrologen mäkeln, Sie seien meinungslos und konfliktunfähig. Gerade das gefällt uns! Wozu sollen Sie eine eigene
     Meinung haben? Wozu sich in Konflikte begeben? Es gibt genügend Meinungen und Konflikte. Es ist erleichternd, wenn jemand
     sie nicht vermehrt, sondern einfach neutral durch die Gesellschaft schwebt, anmutig, gewichtlos, hohl. Sie sind eine wunderbare
     Seifenblase. Sie spiegeln Ihre Umgebung in farbigen Schlieren. Und wenn es puff macht, bleibt nur ein feuchter Fleck, den
     man wegwischen kann. So pflegeleicht sind Sie.
    Faul seien Sie, liest man in verstaubten Büchern. Na ja, sicher, lässt sich nicht leugnen. Total faul. Ihr idealer Platz |84| ist das Sofa oder die Liege am Pool, Knabberkram und Süffelstoff in Reichweite. Finden wir beneidenswert! Auf ein bequemes,
     luxuriöses Leben seien Sie aus, nörgeln die alten Sterndeuter, und das bei geringstmöglichem Einsatz. Auch das trifft zu.
     Sie wollen nichts tun und trotzdem jede Menge Geld ausgeben. Ihr eigenes Vermögen kann es kaum sein, was Sie verpulvern. Wessen
     denn? Wohl eines, das Sie erschlichen, erschmeichelt und erschwindelt haben. Ist das verwerflich? Nein, das ist Kunst!
    Fast alle Fälscher, Hochstapler, Heiratsschwindler haben die edle Waage-Betonung. Ganz und gar hohl können Sie also nicht
     sein. Nein, Sie sind auch berechnend und auf durchtriebene Weise raffiniert. Umwege finden, Schleichwege gehen, jemanden
     nicht direkt anpumpen, sondern in seinen Freundeskreis einsickern, Verbündete gewinnen, dann das Maximum absahnen: Das ist
     Waage-Kunst, Ihre Kunst. Und diese Kunst ist so selten, dass man auf Sie auch in Diplomatie und Spionage zurückgreift.
    Ihr Unvermögen, etwas direkt und klar zu äußern, hat Sie zu einem nuancierten Arsenal von Heucheleien und Täuschungen geführt.
     Sie können Glatzköpfen suggerieren, sie hätten Haare, Dummies, sie seien intelligent, und Schwabbelbäuchen, sie seien sexy.
     Im Märchen vom Kaiser und den neuen Kleidern spielen Sie die Rolle des Schneiders, der dem König das pure Nichts anmisst,
     behauptet, es stünde ihm großartig, und für dieses Design |85| die Hand aufhält. Sonderlich aufrichtig wirkt das nicht, aber es hat eine eigene charmante Kreativität.
    Nun sei zur Abwechslung mal ehrlich, wird Ihnen vorgehalten. Sag einmal offen, was du denkst. Zeig deine Gefühle nur ein einziges
     Mal unverstellt! Ehrlich, offen, unverstellt – nöö. Erstens sind Sie nicht so gestrickt, dass Sie hinausposaunen, was Ihnen
     durchs Gemüt geht. Und zweitens wissen Sie auch gar nicht, was in Ihrem Inneren los ist. Manchmal forschen Sie nach Gefühlen
     und Gedanken und finden nichts Bestimmtes. Bereits als Kind haben Sie so viele schonende Filter eingebaut, dass jegliche Impulse
     nur verschwommen und nebulös Ihr Bewusstsein erreichen.
    »Möglicherweise« oder »vielleicht« oder »irgendwie« äußern Sie deshalb. Und »sag du doch mal«. Sie selbst wissen

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