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Böse Sterne

Titel: Böse Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Bittrich
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auf eine spärliche Almwiese ab, wenn der Magen knurrt.
    Das Typische an diesen ziegenbärtigen Tieren ist nicht, dass sie nach oben streben, sondern dass sie einsam in völliger Ödnis
     ausharren. Immerhin, das scheint diesen Wesen nichts auszumachen. Und seit wir Ihre Wohnung kennen, sind wir sicher, dass
     es auch Ihnen nichts ausmacht.
    Mit strohigem Futter in steinerner Wüste herumkraxeln, |129| immer an der Frostgrenze, stets ohne Heizung, keine Seilbahn in Sicht, keine Jausenstation, kein Jagertee, kein Vergnügen
     und trotzdem lächeln und standhalten: Das ist schon mal was wert. Das sind erfolgversprechende Voraussetzungen für herrlich
     abwechslungsarme Berufe.
    Viele Schornsteinfeger sind Steinböcke, wussten Sie das? Senkrecht Staub wischen, das wäre auch für Sie noch eine neue Herausforderung.
     Waagerecht beherrschen Sie das Putzen ja schon. Und Sie wollen hoch hinaus, Ihr Ehrgeiz zielt nach oben. Also bitte, wir würden
     Sie gern auf dem Dachfirst sehen, mit einer schicken Kehrbürste und ganz in modischem Ruß.
    Sie haben eher geistige Interessen? Wollen aber nicht Ihre Entsagung zum Beruf machen und ins Kloster gehen? Schade, Sie fänden
     dort Ihresgleichen und ein paar verdorrte Jungfrauen. Nun, dann werden Sie Lehrer. Sie wissen: Der oder die mit dem festen
     Gehalt und der Beihilfe und der sicheren Pension. Leider verfügen Lehrer nicht mehr über dieselben Machtmittel wie noch in
     den guten alten Zeiten von Max und Moritz, wo man ungehörige Schüler über die Bank legte und verdrosch. Ihre zarte sadistische
     Seite können Sie da nicht mehr richtig ausleben.
    Da bleibt Ihnen am Ende wohl doch nur der klassische Beruf des Steinbocks: der Beruf des Beamten. Aber was heißt Beruf? Das
     ist eine Berufung! Der Staatsdienst, das Eingebundensein in eine Hierarchie, wo jeder seinen |130| Platz hat – das ist das hehre Ziel eines jeden Steinbocks. Und selbst wenn einer es mal nicht schafft, Beamter zu werden,
     im Herzen ist er es, war es von Kindesbeinen an und wird es immer bleiben. Stimmt’s? Genau.
    Und das ist keine Schande. Im Gegenteil! Wir lieben Beamte! Schon die Vorstellung jagt uns Schauer über den Rücken: in einer
     großen Behörde bei Ihnen anzuklopfen oder erst mal im gebohnerten Flur vor Ihrem Zimmer warten zu dürfen, bis die Lampe aufleuchtet
     oder Sie gnädig »Herein« rufen! Und dann demütig und schuldbewusst vor Sie hinzutreten, um von Ihnen wegen irgendeiner
     Fristversäumnis abgekanzelt zu werden – das ist ein Erlebnis, das wir nicht missen möchten!
    Sie auch nicht? Na bitte. Sie bringen alle Voraussetzungen für diese Karriere mit. Zunächst mal die offiziellen: Sie sind
     pflichtbewusst und zuverlässig, erscheinen morgens oft pünktlich, häufig sogar nüchtern, können Formulare ausfüllen und Gebührenmarken
     aufkleben, mögen keine Gesellschaft, lehnen Neuerungen ab und sind unnachsichtig mit würdelosen Bittstellern.
    Und auch die inoffiziellen Voraussetzungen sind Ihnen eigen: das unversöhnliche Strafrichtertum und die Neigung zu feingeistigen
     Foltermethoden. Pardon, sagen wir lieber korrekt: die Begabung zum Erteilen von Rügen und zum Verabreichen gerechter Strafen.
     Auch aus den verstocktesten Verdächtigen können Sie Geständnisse, nun, sagen wir: herauskitzeln.
    Fast kommt es uns jetzt so vor, als sollten wir Sie sofort |131| einstellen. Zum Abrichten unseres schwer erziehbaren Hundes, zum Zurückweisen von Hausierern und Telefonvertretern, zum korrekten
     Trennen des Mülls und zum Abschließen der Wohnung. Denn auch Altwarenhandel und Wacheschieben gehören zu den klassischen Steinbock-Begabungen.
    Noch lieber stellen wir uns jedoch vor, dass Sie unsere Steuererklärung ausfüllen. Wenn wir Vermögen hätten, dürften Sie es
     verwalten. Mit Geld können Sie umgehen. Sie denken wirtschaftlich. Sie sind – nein, nicht geizig, das hat jemand anderer gesagt,
     jemand der Ihnen nähersteht – Sie sind sparsam. Und weil Sie immer von einem geheimen Schuldgefühl angetrieben werden, hüten
     Sie sich vor krummen Sachen.
    Kann man Besseres von Ihnen sagen? Ja sicher, kann man. Aber Sie werden ganz gern ein bisschen bestraft. Wofür eigentlich?
     Dafür dass Sie nicht gut genug sind? Na, kommen Sie. Wir finden Sie super! Sie sind geradlinig und doch auch flexibel, tiefsinnig,
     zugleich aber witzig! Wie finden Sie das?
     
    So können wir Sie ködern und beerben
    Indem wir behaupten, Sie seien geradlinig und doch auch flexibel, tiefsinnig,

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