Boeser Traum
Charlotta im Zimmer. Mach du dir keine Hoffnung.«
Mats grinst nur. »Was du nachts machst, ist mir egal. Lotta und ich haben uns schon ein schönes Besichtigungsprogramm für dich überlegt. Eiffelturm, Montmartre, Mona Lisa und vieles mehr. Das kannst du dir in aller Ruhe anschauen â und uns alleine lassen. Nimm dir nur Zeit dabei«, foppt er Emilia. Er freut sich wie Bolle auf seine Freundin. Charlotta war jetzt schon ein halbes Jahr als Au-pair in Frankreich. Sie hatte sich selbst dazu entschieden. Obwohl es bedeutete, dass sie sowohl ihren Freund Mats als auch ihre beste Freundin Emilia schrecklich vermissen würde. Aber ihre Freundschaft zu Emilia war so fest. Eine Entfernung würde das Band nicht zerreiÃen. Nie wird das Band zerreiÃen. Auch Niklas hat sie am Anfang vermisst. Doch durch Mats ist er auf den Geschmack gekommen und spielt in jeder freien Minute Basketball. Und jeden Sonntag skypt er mit seiner groÃen Schwester und berichtet von den Spielen.
Eigentlich hatten Emilia und Charlotta ja sogar ihr Ziel erreicht. Uwe und Claudine wollten ihre Tochter nicht gehen lassen. Nicht nach all der Angst. Nicht, nachdem Claudine sich für ein neues Leben entschieden hatte. Aber nach dem Abi hatte Charlotta darauf bestanden. Sie brauchte einfach den Freiraum.
Emilia lehnt sich entspannt zurück: »Was bringst du Lotta eigentlich mit?«
Mats schaut sie erschrocken an. »Hast du ein Geschenk für sie?«
»Natürlich. Du etwa nicht?«
Er schüttelt nur leicht den Kopf. Dann grinst er frech. »Ich habe ihr schon mein Herz geschenkt.«
Emilia verzieht scheinbar angewidert das Gesicht. »Hilfe, bist du süÃ. Hoffentlich kriegt meine SüÃe kein Karies von dir.«
Doch Mats hört gar nicht hin. Er ist in Gedanken schon wieder bei Charlotta. Diesem unglaublichen Mädchen. Seine Freundin, mit dem unglaublichen Freiheitsdrang. Er kennt keinen, der sein Leben so bewusst lebt, jede Sekunde genieÃt. Sie will nach dem Jahr in Paris auf die Filmhochschule und Regisseurin werden. Die Regie in ihrem eigenen Leben hatte sie schon voll und ganz übernommen.
Sein Blick fällt auf Emilia. Auch sie hatte sich verändert, seit der Zeit, in der er sie kennengelernt hatte. Sie war nicht mehr bissig, auch wenn sie immer noch bellte ⦠Aber er hatte sich mit ihr arrangiert, musste er ja. Und sie sich mit ihm.
Charlotta und Emilia. Für immer und ewig. Mats grinst. Und er mittendrin.
Anmerkung
Der Songtext im Kapitel "Der groÃe Augenblick?" entstammt dem Lied »Das Leben ist schön« aus dem Album Lichter der Stadt von Unheilig (Universal Music GmbH, 2012).
Der Songtext im Kapitel "Lass die Zeit stillstehen" entstammt dem Lied »Ein guter Weg«, ebenfalls ausdem Album Lichter der Stadt von Unheilig (Universal Music GmbH, 2012)
© Hans H. Schneider
Birgit Schlieper, geboren 1968 in Iserlohn, hat Amerikanistik, Romanistik und Anglistik studiert, ihr Studium aber abgebrochen, als ihr ein Zeitungsvolontariat angeboten wurde. Seitdem schreibt sie unaufhörlich: von Einkaufszetteln und Post-its über Reportagen bis zum Tagebuch und Gedichten, für Nachrichtenagenturen, die SZ, in Lehrbüchern für den Deutschunterricht â und für cbt.
Von Birgit Schlieper sind ebenfalls bei cbt erschienen:
Polnisch für Anfänger (30291)
Immer tiefer (30368)
Herzenssucht (30446)
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