Böses Blut: Ein Vampir-Thriller (Spider) (German Edition)
dass die ganze Welt davon Wind bekam.
»Lass die Finger von meiner Tochter«, sagte Erasmus mit tiefer, abweisender Stimme, die klang, als fiele ein Sack voller Glasscherben in einen Brunnen.
Schade. Plan A, mich als Parkers fester Freund auszugeben und so eine Einlandung in die heiligen Hallen der Sekte zu erhalten, konnte ich wohl knicken. Zeit für Plan B.
» Sir, Sie haben da etwas falsch verstanden«, sagte ich. »Parker und ich haben lediglich über den Pfad des persönlichen Wachstums durch metaphysische Selbstbefähigung gesprochen.«
Das war natürlich frei erfundener New-Age-Schwachsinn, den ich auf seiner Website gelesen hatte. Eine Möglichkeit, Leute für dich zu gewinnen, bestand darin, sie glauben zu lassen, sie wären ein Genie.
Oder ein Guru, wie in diesem Fall.
Er entspannte sich merklich. »Akzeptanz durch Aufgabe«, sagte er, noch so eins seiner Schlagwörter.
Wieder ertönte Franks Hupe , hinter uns staute sich der Verkehr.
» Ich wollte Sie nicht verärgern, Mr. Cole«, erklärte ich. »Oder sollte ich besser sagen, die ›Antwort‹?«
Noch hatte er Parkers Handgelenk nicht losgelassen, doch wenigsten s schien er ihr nicht mehr weh zu tun. »Du solltest dein Auto da wegfahren.«
Und zu Parker gewandt fuhr er fort: »Steig in den Wagen. Wir fahren nach Hause.«
Plan B funktionierte also auch nicht.
Plan C war, durch die Luft zu fliegen und Erasmus Cole grün und blau zu schlagen, ihn in tausend rote Fetzen zu zerreißen, während die gesamte Klasse der Abendschule dabei zusah, und dann im Triumph den Mond anzuheulen.
Doch dann müsste ich die Schule hinschmeißen und ich war felsenfest entschlossen, meine Geschichtsnote zu verbessern.
»Ist schon okay, Parker«, sagte ich, um ihr zu versichern, dass ich ein Auge auf sie behielt. »Ich ruf dich später an.«
Noch einmal funkelte Erasmus mich an und stieg dann hinters Lenkrad seines Volvos, während Parker mit enttäuschtem Gesicht auf den Beifahrersitz kletterte.
Als der Volvo zurücksetzte und davonbrauste, wurde noch mehr Autogehupe laut. Hinter Frank hatten sich noch mindestens zwölf weitere Autos versammelt, und Frank schlug mit der offenen Hand bereits auf Metall.
» Mach das du da weg kommst, Bleistifthals«, bellte er. In seinem Wagen saßen noch ein paar von den Schlägertypen, und ich hörte, wie sie lachten. Anscheinend hatte meine kleine Bleistifteinlage noch nicht die richtige Wirkung erzielt.
Leider konnte ich nicht loslegen und ein wildes Blutbad anrichten, egal, wie hungrig ich war, auch wenn mir dieser Gedanke im Moment sehr verlockend schien. Also zeigte ich ihm den Finger, stieg in meinen Mustang und fuhr nach Hause, ohne mir einen Kaffee zu kaufen, den ich sowieso nicht trinken konnte.
6. Kapitel
Ich lebte in einer Kellerwohnung in Bell Town, einer Art Künstlerviertel, wo sich viele Künstler, Neo-Hippies und Musiker herumtrieben. Es gefiel mir, weil hier ein reges Nachtleben herrschte.
Niemand kam auf die Idee, dass ich einen seltsamen Tagesablauf hätte, und ich traf nie jemanden, der fragte: »Wie kommt es eigentlich, dass du nur nachts raus kommst?«
Die Leute glauben, Vampire leben in modrigen Kellern ohne Fenster, in denen es vor Ratten nur so wimmelt. Ich bevorzuge Dark Décor , habe jedoch auch einen Sinn fürs Ästhetische. Über die Jahre haben sich bei mir einige Skulpturen, ein paar Werke von Magritte und ein Gemälde von Dali angesammelt. Ich kann nicht sagen, woher ich sie habe, und natürlich gehen die meisten meiner seltenen Besucher davon aus, dass es sich um Reproduktionen handelt.
Und wie jeder andere anständige moderne Vampir auch, verfügte ich über WLAN und einen gigantischen Computer. Im Gegensatz zur Sonne konnte mir der Schein eines Computerbildschirms rein gar nichts anhaben. Ich konnte mir sogar virtuelle Bilder der Sonne ansehen, ohne zu einem Häufchen Asche zusammenzufallen.
Nachdem ich die neue CD von Thirty Seconds to Mars eingelegt hatte – wobei ich natürlich die Lautstärke gering hielt, um die Nachbarn nicht zu stören –, machte ich meine Hausaufgaben. Während Geschichte mir leicht fiel, war Geometrie nicht gerade ein Spaziergang für mich. Ganz egal, wie viele Kurse ich besuchte, ich konnte nie eine Hypotenuse von einem gleichschenkligen Dreieck unterscheiden.
Als ich meine Sachen wieder verstaut hatte, setzte ich mich vors Internet, um mehr über Erasmus Cole alias die »Antwort« zu erfahren. Anscheinend war er immer noch so tief im
Weitere Kostenlose Bücher