Böses Blut: Ein Vampir-Thriller (Spider) (German Edition)
»Was machst du denn hier?«
» Rumstehen. Machst du denn nie die Tür auf?«
» Nein. Ich meine, wie hast du mich gefunden?«
» Du bist nicht der Einzige, der Geheimnisse hat. Sind deine Eltern da?«
» Ähm. Meine Mutter besucht gerade ihre Schwester.« Ich war mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt eine Mutter hatte und ob sie tot war oder lebendig. Aber wenn man kein Heiliger war, durfte man ab und zu lügen. »Komm rein.«
Parker trat in meine Wohnung, ihre hellgelbe Tasche über die Schulter gehängt. Sie ging zu meiner antiken Couch, die mehr gekostet hatte als alle meine Möbel zusammen, und ließ ihre Tasche daneben fallen.
» Setz dich doch«, forderte ich sie auf und ließ mich an meinem Küchentisch nieder, der praktisch im Wohnzimmer stand, weil meine Wohnung nur in etwa so groß war wie ein New Yorker Loft.
» Hast du dich rausgeschlichen?«, fragte ich sie, wobei ich nicht sicher war, ob sie mir die Wahrheit sagen würde. Ich vertraute ihr, doch mittlerweile hatte ich mitbekommen, dass auch sie nicht gerade eine Heilige war.
» Ja. Mein Vater ist irgendwohin gefahren und wird die ganze Nacht unterwegs sein.«
» Unterwegs?«
» Das ist eine seiner kleinen Gewohnheiten. So viel ich weiß, schafft er seine Leichen weg.«
Parker starrte auf meinen Mund. Sie sah ein wenig verwirrt aus und in ihren Augen blitzte ein Funken Angst auf. Sie legte einen Finger auf die Lippen und machte eine Wischbewegung.
Mist, mir hing noch ein Tropfen Blut auf den Lippen.
» Was hast du denn gegessen? Erdbeeren?«
Erdbeeren waren nicht dunkel genug. Ich musste schnell nachdenken. »Ehrlich gesagt habe ich rote Beete gegessen. Da ist viel Eisen drin.«
» Das ist ja abartig. Du hast rote Beete gegessen? Rote Beete ist das ekligste Gemüse, das man sich vorstellen kann. Sie sieht aus, als wäre sie in Blut getunkt.«
Ich grinste. Sie hatte keine Ahnung, wie appetitlich das klang. Blut war mein Ketchup. Blut auf so gut wie allem klang einfach nur göttlich. »Ich bin Veganer mit Leib und Seele. Und Eisen ist gut für den Blutkreislauf. Jeder sollte viel mehr rote Beete essen. Dann wäre unser aller Leben besser.«
» Trotzdem, rote Beete ist eklig. Sie schmeckt wie Scheiße.«
Normalerweise reagiere ich auf diese Aussage immer mit der Frage, woher derjeni ge wusste, wie Scheiße schmeckt. Doch da ich sie irgendwie mochte, ließ ich es dieses Mal bleiben. »Darf ich fragen, wie du herausgefunden hast, wo ich wohne?«
Parker begann zu stammeln. »Na ja«, sagte sie. »Du wärst sicher überrascht, welche Wirkung ein kurzer Rock und ein paar schwarze Nylonstrumpfhosen auf den notgeilen neunzehnjährigen Verwaltungsassistenten einer Abendschule haben können.«
» Er hat dir einfach meine Adresse gegeben?«
» Ja. Hoffentlich bist du jetzt nicht sauer.«
» Nein, ich bin nicht sauer.« Wie hätte ich auch sauer sein können auf einen armen Neunzehnjährigen, den Parker den Wölfen zum Fraß vorwarf, wenn ich doch ganz genau wusste, dass er komplett unschuldig war. Woher ich das wusste? Das Verwaltungsbüro kannte meine richtige Adresse nicht. Parker führte irgendetwas im Schilde. Gut, wenn sie mich verfolgte und einfach hier hereinschneite, dann musste sie mir auch ein paar Fragen beantworten. »Ich muss dich noch etwas fragen.«
» Schieß los.« Parker schien zuversichtlich.
» Woher weißt du eigentlich so genau, dass dein Vater jemanden getötet hat?«
Parke r ließ meine Frage auf sich wirken und nickte. Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Ich konnte nicht genau sagen, ob sie versuchte, sich eine gute Geschichte auszudenken, oder ob sie sich mental darauf vorbereitete, mir etwas extrem Krasses zu erzählen. »Also«, begann sie schließlich. »Ich bin mir nicht zu hundert Prozent sicher. Ich weiß nur, dass er das ganze Ding leitet und dass etwa alle zwei Monate ein Mädchen, das ihm sehr nahesteht, spurlos verschwindet.«
» Spurlos? Haben diese Mädchen denn keine Familie?«
» Darum sage ich ja spurlos. Ihre Familien glauben, sie wären noch immer in den Fängen dieser Sekte. Sie denken, die Mädchen befänden sich noch immer auf Cloudland, und weil sie schon über achtzehn sind, können sie nichts dagegen tun.«
» Also verschwinden diese Frauen einfach und niemand stellt irgendwelche Fragen?«
» Ganz genau, Spider. Wenn sie wirklich einfach gehen würden, wie der Ältestenrat und mein Vater allen weiß machen, würden sie dann nicht zurück nach Hause zu ihren Liebsten gehen? Keine von
Weitere Kostenlose Bücher