Böses Blut: Ein Vampir-Thriller (Spider) (German Edition)
einer Droge ein … meiner Meinung nach Ecstasy – und der innere Kreis kam in Bewegung.
Sie versammelten sich noch näher um Erasmus, der die Aufmerksamkeit und die Macht in vollen Zügen zu genießen schien und einen seltsamen Gesang anstimmte, in den die gesamte Gruppe einfiel.
Ich glaubte, die Worte »Austern in deinem Wäschekorb« auszumachen, tatsächlich war der Singsang jedoch auf Latein, einer Sprache, zu der ich in der Schule schon ein paar Kurse belegt hatte, derer ich aber trotzdem kaum mächtig war. Wenn man eine neue – oder auch sehr alte – Sprache nicht anwendet, verliert man sie.
Und auch Erasmus schien etwas zu verlieren, nämlich den Verstand. Er sprach wirres Zeug und wedelte mit den Armen vor der großen Statue herum. Ich betrachtete die Menge junger, hübscher Frauen, die sich hin und her wiegten und in Erasmus’ Gebrabbel einstimmten, wie ein paar verrückte Beatles-Fans auf starken Beruhigungsmitteln.
Es sah nicht viel gefährlicher aus als eine Masse normaler Katholiken oder ein Schulball, also kam ich zu dem Schluss, dass die heutige Nacht doch nichts Besonderes war. Ich entspannte mich ein wenig in der Annahme, dass ich meine Tarnung noch nicht auffliegen lassen und zur Tat schreiten musste.
Ich hatte noch etwas Zeit, mich mit der Situation und dem Ort vertraut zu machen.
Aber zu allererst musste ich Parkers Schwester finden.
15. Kapitel
Vom Foto, das Parker mir gezeigt hatte, wusste ich, dass ihre Schwester Lilith eine Art Parker im Miniformat war, mit jugendlichem Gesicht und mädchenhafter Figur, so süß wie ein Marienkäfer auf einem Gänseblümchen.
Das Problem war, dass viele von diesen Mädchen hier süß war en, und ein überraschend großer Anteil von ihnen war ebenso blond. In dem Chaos um mich herum konnte ich nicht erkennen, welche von ihnen sich in glückselige Sektenzombies verwandelten und welche einfach nur mitmachten, weil sie es cool fanden.
Der innere Kreis zog sich immer enger um Erasmus zusammen, und irgendwo begann jemand auf einer Trommel zu spielen. Ihr tiefer Bass dröhnte durch die Nacht wie ein lauter Pulsschlag. Ich zog meine Kapuze tiefer ins Gesicht und schwankte durch die Menge, als würde ich tanzen. Das Gebrummel wuchs an und ich erkannte, dass es sich zu einem rhythmischen Sprechchor entwickelt hatte.
Für eine mutmaßliche Killersekte ging es hier ziemlich ruhig vonstatten. Vielleicht war das ja Gehirnwäsche 101 für Neulinge wie mich und es wurde von uns erwartet, dass wir einfach den Mund hielten und lernten. Es sah ganz so aus, als wollte Erasmus nur so viele Anhänger wie möglich um sich scharen und seine Gefolgsmänner mit einem wogenden Meer weiblicher Schönheiten beeindrucken.
Also hielt ich den Mund, vor allem weil ich meine Reißzähne nicht zeigen wollte. Noch nicht.
Erasmus Cole stand auf der Bühne, die Hände in die Luft gestreckt wie ein Dirigent kurz vor Beginn einer Sinfonie. Er schaute nach oben in den Nachthimmel, an dem sich die fahle Mondsichel auf den Mount Shasta zu bewegte. Da ich nun schon so lange Zeit auf unserem Planeten verweilte, kannte ich mich ein wenig mit Astrologie und Physik aus und wusste, dass sich die Erde drehte und so der Eindruck entstand, der Mond würde sich langsam bewegen.
Trotzdem sah es für mich aus, als würde der Mond gleich in den schimmernden Eisgipfel des Berges eintauchen und uns in nur wenigen Augenblicken eine Kollision glühender Kräfte bevorstehen.
» Entschuldigung«, sagte ich zu einem etwa sechzehnjährigen, blonden Mädchen. Von hinten hatte sie ausgesehen wir Parkers Schwester. Ich war nicht sicher, ob ich genug Zeit hatte, um unter die Gewänder aller jungaussehenden Mädchen zu schauen. Und einige der Jungs waren dermaßen androgyn, dass ich ihr Geschlecht erst erkennen konnte, als ich nahe genug an sie herangetreten war, um ihren Hals zu erkennen.
Was Hälse anging, war ich ein sehr guter Beobachter. Ich konnte einen Adamsapfel auf zwanzig Schritt Entfernung erkennen. Doch ich bemühte mich, auf Distanz zu bleiben, denn Hälse werden sehr appetitlich, wenn ich sie zu lange anstarre.
Allmählich bildeten sich aus dem Gesang Worte heraus, und zuerst glaubte ich »Sonne« zu verstehen, wie in einer Ode an eine Sonnengöttin. Die große Steinbestie, die über Erasmus thronte, machte jedoch keinen besonders sonnigen Eindruck, und ich war mir ziemlich sicher, dass diese ganze Veranstaltung zu ihren Ehren abgehalten wurde.
Als sich die Gefolgsmänner von der
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