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Bonjour Tristesse

Bonjour Tristesse

Titel: Bonjour Tristesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Françoise Sagan
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zu mir herab und legte mir beide Hände auf die Schultern:
    »Warum bist du so mager, mein Liebes?
Du schaust aus wie eine verwilderte Katze. Wie gern hätte ich eine schöne,
blonde, vollschlanke Tochter mit sanften Porzellanaugen und...«
    »Darum handelt es sich nicht«, sagte
ich. »Warum hast du Anne eingeladen? Und warum hat sie angenommen?«
    »Vielleicht, um deinen alten Vater zu
sehen. Man weiß nie.«
    »Du bist nicht der Typ, der Anne
interessiert«, sagte ich. »Sie ist zu intelligent, sie hat zuviel
Selbstachtung. Und Elsa? Elast du an Elsa gedacht? Kannst du dir die Gespräche
zwischen Elsa und Anne vorstellen? Ich nicht.«
    »Daran habe ich nicht gedacht«, gab er
zu. »Das ist wahr, es wird furchtbar werden. Cecile, mein Liebes, sollten wir
nicht vielleicht nach Paris zurückkehren?«
    Er rieb meinen Nacken und lachte leise.
Ich drehte mich um und blickte ihn an. Zwischen lustigen kleinen Falten
blitzten seine dunklen Augen; die Lippen waren leicht geöffnet. Er sah aus wie
ein Faun. Ich mußte mit ihm lachen, wie immer, wenn er in Schwierigkeiten
geriet.
    »Mein alter Komplice«, sagte er, »was
würde ich ohne dich tun?«
    Und seine Stimme klang so überzeugend,
so zärtlich, daß ich wußte, er wäre wirklich unglücklich gewesen. Bis spät in
die Nacht hinein sprachen wir über die Liebe und ihre Komplikationen, die in
den Augen meines Vaters nur eingebildete waren. Er weigerte sich konsequent,
Begriffe wie Treue, Ernst und Verpflichtung gelten zu lassen. Er erklärte mir, daß
sie willkürlich und unfruchtbar seien. Aus jedem anderen Munde hätte mich das
schockiert. Aber ihn kannte ich; bei ihm schloß das weder Zärtlichkeit noch
Hingabe aus. Er wußte und wollte ja, daß sie vorübergingen, und konnte ihnen
daher um so leichter nachgeben. Für mich hatte diese Auffassung einen großen
Reiz: rasche, heftige und vorübergehende Gefühle. Ich war nicht in dem Alter,
das von Treue betört wird. Ich wußte nicht viel von der Liebe: Rendezvous,
Küsse und Überdruß.

ZWEITES KAPITEL
     
    W ir erwarteten Anne erst in einer Woche.
Ich nützte VY diese letzten Tage wirklicher Ferien aus. Wir hatten die Villa
für zwei Monate gemietet, aber ich wußte, daß es nach Annes Ankunft nicht mehr
möglich sein würde, sich völlig zu entspannen. Anne gab den Dingen einen festen
Umriß, den Worten einen Sinn, den mein Vater und ich uns gern entschlüpfen
ließen. Sie stellte Regeln für guten Geschmack und gutes Benehmen auf, von
denen man, ob man wollte oder nicht, Notiz nehmen mußte, wenn sie einen auf
eine bestimmte Art anblickte, wenn sie verletzt schwieg oder sich plötzlich in
sich zurückzog. Das war zugleich aufregend und ermüdend und schließlich auch
demütigend, denn ich spürte, daß sie recht hatte.
    Am Tage ihrer Ankunft wurde
beschlossen, daß mein Vater und Elsa sie am Bahnhof von Fréjus abholen sollten.
Ich weigerte mich energisch, an dieser Expedition teilzunehmen. In einem
letzten, verzweifelten Versuch, die Situation zu retten, schnitt mein Vater
sämtliche Gladiolen ab, die im Garten wuchsen, um sie Anne beim Aussteigen aus
dem Zug zu überreichen. Ich gab ihm nur den Rat, die Blumen nicht Elsa tragen
zu lassen. Um drei Uhr, nachdem sie fort waren, ging ich zum Strand hinunter.
Es war unbeschreiblich schwül. Ich legte mich in den Sand und war schon halb
eingeschlafen, als Cyrils Stimme mich aufweckte. Ich öffnete die Augen: Der
Himmel war weiß, wie ausgelöscht von der Hitze. Ich gab Cyril keine Antwort;
ich hatte keine Lust, mit ihm zu reden, ich wollte mit niemandem reden. Der
Sommer hatte mich mit der ganzen Gewalt seiner Hitze in den Sand gedrückt;
meine Arme waren schwer, mein Mund war ausgetrocknet.
    »Sind Sie tot?« fragte er. »Von weitem
schauen Sie aus wie verlassenes Strandgut...«
    Ich lächelte. Er setzte sich neben
mich, und mein Herz begann hart und dumpf zu klopfen, denn seine Hand hatte
meine Schulter gestreift. Während der letzten Woche waren wir infolge meiner
ausgezeichneten Segelmanöver viele Male eng umschlungen ins Meer gestürzt, und
ich hatte nicht das geringste dabei empfunden. Aber heute genügten die Hitze,
mein Halbschlaf und diese ungeschickte Bewegung, und etwas in mir war mit
sanftem Schmerz zerrissen. Ich wandte ihm den Kopf zu. Er blickte mich an. Und
ich begann ihn zu sehen, wie er war: ruhig, ausgeglichen und anständig.
Wahrscheinlich war er sittenstrenger, als es in seinem Alter üblich ist, und
daher schockierte ihn unsere seltsame Art von

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