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Bonjour Tristesse

Bonjour Tristesse

Titel: Bonjour Tristesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Françoise Sagan
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Familienleben zu dritt. Er war zu
gutmütig oder zu schüchtern, um es mir zu sagen, aber ich spürte es an den
schiefen, grollenden Blicken, die er meinem Vater zuwarf. Er hätte gern
gesehen, daß es mich gequält hätte. Aber es quälte mich nicht; das einzige, was
mich im Augenblick beunruhigte, waren sein Blick und die dumpfen Schläge meines
Herzens. Er neigte sich zu mir. Ich dachte an die letzten Tage dieser Woche, an
mein Vertrauen, an die Ruhe, die ich in seiner Nähe empfunden hatte, und es tat
mir leid, daß dieser große, etwas schwere Mund jetzt auf mich zukam.
    »Cyril«, sagte ich, »wir waren so
glücklich...«
    Er küßte mich sanft. Ich blickte den
Himmel an; dann sah ich nur noch rote Lichter unter meinen geschlossenen Lidern
aufblitzen. Und endlose Minuten verstrichen, voll Wärme, Betäubung, dem
Geschmack der ersten Küsse und Seufzern. Das Hupen eines Autos trieb uns wie
Diebe auseinander. Ich verließ Cyril ohne ein Wort und ging zur Villa hinauf.
Es überraschte mich, daß sie schon zurück waren. Der Zug von Anne konnte noch
nicht angekommen sein. Trotzdem sah ich sie auf der Terrasse, wie sie aus ihrem
eigenen Wagen stieg.
    »Das ist ja ein Dornröschenschloß!« sagte
sie. »Wie braun du geworden bist, Cécile! Ich freue mich sehr, dich zu sehen!«
    »Ich auch«, sagte ich. »Aber kommen Sie
aus Paris?«
    »Ja, ich habe es vorgezogen, im Auto zu
fahren; übrigens bin ich todmüde.«
    Ich führte sie auf ihr Zimmer. Ich
öffnete das Fenster in der Hoffnung, Cyrils Boot zu entdecken, aber es war
verschwunden. Anne hatte sich auf das Bett gesetzt. Ich sah die leichten
Schatten unter ihren Augen.
    »Diese Villa ist bezaubernd«, seufzte
sie. »Wo ist der Herr des Hauses?«
    »Er ist mit Elsa zum Bahnhof gefahren,
um Sie abzuholen.«
    Ich hatte ihren Koffer auf einen Sessel
gestellt, und als ich mich wieder zu ihr umdrehte, erschrak ich. Ihr Gesicht
war plötzlich verfallen, ihr Mund zitterte.
    »Elsa Mackenbourg? Er hat Elsa
Mackenbourg hierher mitgenommen?«
    Ich wußte nichts zu erwidern. Verblüfft
blickte ich sie an. Nie hatte ich dieses Gesicht anders als ruhig und
beherrscht gesehen, und plötzlich war es meinem Erstaunen so völlig
preisgegeben!... Durch die Bilder hindurch, die meine Worte heraufbeschworen
hatten, starrte sie mich blicklos an. — Endlich sah sie mich und wandte sich
ab.
    »Ich hätte euch früher benachrichtigen
sollen«, sagte sie, »aber ich hatte es plötzlich so eilig, fortzukommen. Ich
war so müde...«
    »Und jetzt...« fuhr ich mechanisch
fort.
    »Jetzt was?« sagte sie.
    Ihr Blick war fragend, hochmütig. Es
hatte sich nichts ereignet.
    »Jetzt sind Sie angekommen«, sagte ich
albern und rieb mir die Hände. »Ich bin sehr froh, daß Sie da sind, Anne. Ich
werde unten auf Sie warten; wenn Sie etwas trinken wollen, es ist alles da.«
    Ich ging, irgend etwas vor mich
hinstammelnd, aus dem Zimmer und die Stiege hinunter. Ich war völlig verwirrt
und wußte nicht, was ich denken sollte. Warum dieses Gesicht, diese verstörte
Stimme, diese plötzliche Schwäche? Ich setzte mich auf ein Sofa und schloß die
Augen. Ich versuchte mir all jene anderen, harten, beruhigenden Gesichter von
Anne wieder vorzustellen: ihr ungezwungenes, ihr ironisches, ihr herrisches
Gesicht. Die Entdeckung dieses verwundbaren Gesichtes rührte und reizte mich
zugleich. Liebte sie meinen Vater? War es möglich, daß sie ihn liebte? Er
entsprach so gar nicht ihrem Geschmack. Er war schwach, leichtsinnig, manchmal
weichlich. Aber vielleicht war es nur moralische Entrüstung und die Müdigkeit nach
der Reise. Ich verbrachte eine ganze Stunde damit, Vermutungen anzustellen.
    Um fünf Uhr kam mein Vater mit Elsa
zurück. Ich sah ihn aus dem Auto steigen und versuchte, mir darüber
klarzuwerden, ob Anne ihn lieben könne. Er kam auf mich zu mit raschen Schritten,
den Kopf leicht zurückgelegt. Er lächelte. Ich dachte: Natürlich kann Anne ihn
lieben, wer könnte ihm widerstehen!
    »Anne war nicht da«, rief er mir zu.
»Hoffentlich ist sie nicht aus dem Zug gefallen.«
    »Sie ist in ihrem Zimmer«, sagte ich,
»sie ist im Auto gekommen.«
    »Nein, das ist ja herrlich! Jetzt
brauchst du ihr nur noch die Blumen hinaufzubringen.«
    »Sie haben Blumen für mich gekauft?«
erklang Annes Stimme. »Das ist wirklich lieb von Ihnen.«
    Sie kam die Treppe herunter, um ihn zu
begrüßen — lächelnd, entspannt, in einem Kleid, das nie in einem Koffer gewesen
zu sein schien. Sie kommt erst jetzt herunter,

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