Bova Ben - Asteroiden-Trilogie 2
Prolog: Selene
Amanda umklammerte den Arm ihres Manns, als Martin Humphries unangekündigt und uneingeladen auf der Hochzeitsfeier erschien.
In der Pelican Bar wurde es totenstill. Die Menge, die Amanda und Lars Fuchs mit schlüpfrigen Witzen und lunarem ›Raketensaft‹ lautstark gratuliert hatten, erstarrte plötzlich, als ob der Ort mit Flüssigstickstoff geflutet worden wäre. Fuchs tätschelte seiner Frau sanft und beschützend die Hand und schaute grimmig zu Humphries auf. Selbst Pancho Lane, die sonst nie um einen flapsigen Spruch verlegen war, blieb reglos an der Bar stehen. In der einen Hand hielt sie ihren Drink, die andere ballte sie zur Faust.
Eigentlich verirrte Humphries sich nie in den Pelican. Es war die Bar der Arbeiter, der Treffpunkt in Selenes unterirdischem Labyrinth aus Tunnels und Kammern, wo die Leute, die auf dem Mond lebten und arbeiteten, sich in der Gesellschaft ihrer Kameraden entspannten. Die Großkopferten wie Humphries frequentierten hingegen die noble Lounge oben in der Grand Plaza, wo die Manager und Touristen sich tummelten.
Humphries schien ihre Feindseligkeit indes gar nicht zu tangieren und absolvierte souverän das Spießrutenlaufen unter den bösen Blicken der Leute. Er wirkte hier völlig fehl am Platz: ein schmaler, manikürter Mann in einem maßgeschneiderten königsblauen Geschäftsanzug inmitten der jungen, proletarischen Bergleute und Maschinisten in ihren schäbigen, ausgebleichten Overalls und mit Ohrsteckern aus Asteroidensteinen. Selbst die Frauen muteten kräftiger und muskulöser an als Humphries.
Humphries’ Gesicht wirkte weich und konturlos, doch seine Augen sprachen eine ganz andere Sprache. Sie waren grau und mitleidlos, glichen Splittern aus Feuerstein und hatten die gleiche Farbe wie die Felswände und niedrige Decke der unterirdischen Bar.
Er ging zielstrebig durch die stille, missmutige Menge zum Tisch, an dem Amanda und Fuchs saßen.
»Ich weiß, dass ich nicht zu eurer Party eingeladen bin«, sagte er mit ruhiger und fester Stimme. »Ich hoffe, ihr verzeiht mir mein unangemeldetes Erscheinen. Ich werde auch nicht lang bleiben.«
»Was wollen Sie?«, fragte Fuchs mit finsterem Blick, ohne sich von seinem Stuhl neben seiner Braut zu erheben. Er war dunkelhaarig und ein Bär von einem Mann - mit einer Tonnenbrust und kurzen, muskelbepackten Armen und Beinen. Der Knopf im linken Ohr war ein Diamant, den er in seiner Studentenzeit in der Schweiz gekauft hatte.
»Ich will Ihre Frau«, sagte Humphries mit einem sehnsüchtigen Lächeln, »aber sie hat Ihnen den Vorzug gegeben.«
Nun erhob Fuchs sich doch langsam vom Stuhl und ballte die großen Hände mit den dicken Fingern zu Fäusten. Alle Anwesenden im Pub richteten den Blick auf ihn und hielten den Atem an.
Amanda schaute von Fuchs zu Humphries und wieder zurück. Sie schien der Panik nahe. Sie war eine außergewöhnlich schöne Frau mit großen Augen in einem unschuldigen Gesicht und mit einer Figur, bei der Männer ins Schwärmen gerieten und Frauen mit unverhohlenem Neid sie anstarrten. Sogar in einem schlichten weißen Springeranzug sah sie bezaubernd aus.
»Lars«, flüsterte Amanda. »Bitte.«
Humphries hob beide Hände, sodass die Handflächen nach vorn wiesen. »Vielleicht habe ich mich etwas unglücklich ausgedrückt. Ich bin nicht gekommen, um Streit zu suchen.«
»Wieso sind Sie dann gekommen?«, fragte Fuchs mit einem leisen Knurren.
»Um euch ein Hochzeitsgeschenk zu überreichen«, sagte Humphries mit einem Lächeln. »Als Friedensangebot… sozusagen.«
»Ein Geschenk?«, fragte Amanda.
»Falls ihr es von mir annehmt«, sagte Humphries.
»Was ist es überhaupt?«, fragte Fuchs.
»Die Starpower 1 .«
Amanda riss die himmelblauen Augen so weit auf, dass sie schier aus den Höhlen quollen. »Das Schiff?«
»Es gehört euch, wenn ihr es denn haben wollt. Ich werde sogar die erforderliche Überholung bezahlen, um es wieder raumtüchtig zu machen.«
Die Menge regte sich, seufzte und murmelte. Fuchs warf einen Blick auf Amanda und sah, dass Humphries’ Angebot sie völlig aus der Fassung gebracht hatte.
»Ihr könnt damit zum Gürtel zurückfliegen und Asteroidenbergbau betreiben«, sagte Humphries. »Es gibt viele Felsbrocken dort draußen, die ihr beanspruchen und erschließen könnt.«
Wider Willen war Fuchs beeindruckt. »Das ist… sehr großzügig von Ihnen, Sir.«
Humphries setzte wieder sein Lächeln auf. »Ihr Frischvermählten müsst schließlich von irgendetwas
Weitere Kostenlose Bücher