Boy 7
Telefonbuchs gelöscht.
Ich betete im Stillen, dass sein Plan aufgehen würde. Die Weißkittel zu Rocky’s zu dirigieren, würde kaum Probleme machen, die Frau mit dem Pferdeschwanz hatte Dienst und sie war geradezu süchtig nach Bowling. Schwierig wurde es erst danach. Würde es mir gelingen, meine Wächter abzuschütteln, damit ich mich kurz allein im Empfangsraum aufhalten konnte?
Die Stunden im Transporter wurden aus meinem Gedächtnis gelöscht. Wir besorgten uns Sandwiches bei Subway – ich schaffte gerade mal ein halbes Exemplar – und fuhren dann weiter zu Rocky’s.
Die fünfzehn Bowlingbahnen lagen versteckt hinter ebenso vielen Pflanzenkübeln. Wir bekamen Bahn vier. Der Pferdeschwanz-Weißkittel stellte seine Tasche auf die Bank. Ihr kahler Kollege legte seine Jacke daneben und krempelte die Ärmel hoch. Wir wechselten die Schuhe und begannen zu spielen.
Meine Kugel rollte wiederholt von der Bahn. Die Weißkittel punkteten abwechselnd mit Strikes.
»Ein Bier könnte ich mir jetzt gut vorstellen«, sagte der Kahle nach einer Viertelstunde. Unter seinen Achseln hatten sich Schweißkränze gebildet und auch über seinen Rücken lief ein feuchter Streifen. Angeber.
»Geht mir auch so«, sagte der Pferdeschwanz. »Wer in der nächsten Runde die wenigsten Punkte macht, gibt einen aus.«
Ich jubelte im Stillen. Die Weißkittel veranstalteten öfter mal solch kleine Wettkämpfe und genau damit hatte Louis gerechnet.
Einen der Weißkittel abschütteln, müsste klappen.
Ich setzte mich auf die Bank, angeblich, um zu warten, bis ich dran war. Noch ein Stück weiter rutschen. Das war weit genug, die Jacke berührte mein Bein. Ich schaute höchst interessiert zum Punktebrett, während meine Finger über den dunkelblauen Stoff wanderten. Revers umschlagen. Bingo. Die Innentasche lachte mich an. In weniger als einer Sekunde war es erledigt. Hand ausstrecken, Beute einholen. Ich schob den Ledergeldbeutel des Weißkittels in meine linke Hosentasche.
Danach war die Handtasche an der Reihe. Auch das hatte ich mit Louis in unserem Zimmer geübt, allerdings mit meinem Rucksack. Die Tasche des Pferdeschwanzes hatte einen Klickverschluss. Praktisch für Taschendiebe. Schon wieder Glück. Ihr Portemonnaie lag obenauf, ein grünes mit einem Reißverschluss.
Der kahle Weißkittel stieß die Faust in die Luft. »Strike!«
Ich schaute zum Pferdeschwanz hinüber. Sie notierte die Punkte auf dem Ergebnisformular und achtete nicht auf mich. Zufassen, zurückziehen.
»Seven, du bist dran«, rief der Kahle.
Vor Schreck fiel mir das Portemonnaie fast aus der Hand. Was, jetzt? Ich musste das Ding loswerden, aber ich konnte es nicht mehr ungesehen in meine rechte Hosentasche stecken, wie ich es vorgehabt hatte. Zurücklegen? Nein, es war bestimmt zu wenig Zeit für einen zweiten Versuch. Vor der Bestellung der Getränke musste er verschwunden sein! Es sei denn, der Kahle würde verlieren, aber ich konnte nun mal nicht in die Zukunft schauen. Mit der flachen Hand presste ich den Geldbeutel so fest wie möglich gegen meinen Oberschenkel. Aufstehen. Vorsichtig.
»Na los, du trübe Tasse.« Der Kahle schlug mit der rechten Faust in die geöffnete linke Hand. »Jetzt zeig mal, ob du es besser kannst.«
Steif ging ich an dem Pflanzenkübel mit seinem Blätterurwald vorbei. Es war ein Versuch, aber ich hatte keine andere Wahl. Loslassen. »Noch kurz meinen Schnürsenkel binden.« Ich stellte meinen Fuß auf den Kübel. Puh, das Portemonnaie war nicht daneben, sondern tatsächlich in den Blumentopf gefallen. Noch einen kleinen Schubs mit dem Finger, da lag es perfekt getarnt zwischen dem Pflanzengrün. »Okay.« So lässig es ging nahm ich eine Bowlingkugel vom Band, ging in die Knie und warf.
Ich erzielte das niedrigste Ergebnis, der kahle Weißkittel das höchste.
»Seven muss die Getränke holen«, sagte der Pferdeschwanz neckend.
Wenn das nur ginge!
Der kahle Weißkittel kicherte. »Der arme Junge hat kein Geld.«
Ich dachte an seinen Geldbeutel in meiner Hosentasche. Wenn der wüsste!
»Aber er kann mir tragen helfen.« Die Weißkittelfrau nahm ihre Handtasche und schob mich vor sich her zum Schankbereich.
Nur noch ein Weißkittel übrig ...
Der Barmann stellte zwei Gläser Bier und ein Glas Cola auf die Bierdeckel und nannte den Betrag.
Der Pferdeschwanz suchte in der Tasche. »Ich bin doch ganz sicher ...«
»Portemonnaie zu Hause liegen lassen, junge Dame?«
»Neinnein. Ich muss es verloren haben, oder ...«
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