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Boy 7

Boy 7

Titel: Boy 7 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirjam Mous
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ehrlich zu erzählen. Ohne Lara und Bobbie würde ich jetzt mit leerem Magen in einer einsamen Grasebene herumirren. Sie hatten es nicht verdient, dass ich sie anlog.
    Ich räusperte mich. »Es gibt da etwas, das ich euch ...«
    In dem Moment rutschte Jones’ Jackett von der Stuhllehne. Er beugte sich zur Seite, griff danach und zog das Kleidungsstück kopfüber hoch. Irgendetwas schoss aus der Innentasche, rutschte über das Gras und stieß gegen meine Schuhe.
    Ich tastete im Dunkeln danach, um es aufzuheben. Meine Hand erkannte den Gegenstand nicht sofort, aber als ich mich wieder aufrichtete und in den Lichtschein der Kerzen kam ...
    Meine Nackenhaare richteten sich auf.
    Das war eine Polizei-Erkennungsmarke!
    »Danke.« Jones steckte sie in die Innentasche zurück.
    »Was wolltest du eben sagen?«, fragte Lara.
    RUF AUF KEINEN FALL DIE POLIZEI.
    »Vergessen.« Schlagartig war mir der Appetit vergangen und ich schob den Teller von mir.
    »Da ist etwas, das ich euch ...«, half Lara.
    Wie kam ich jetzt bloß hier wieder raus?
    »Schlechtes Gedächtnis?« Jones sah mich spöttisch an. »Und das in deinem Alter.«
    Ich war mir nicht sicher, ob es an seiner Bemerkung oder seinem Blick lag, aber auf einmal war ich klar im Kopf. »Oh ja. Ich wollte euch um Nadel und Faden bitten. Ich habe einen Riss im Hemd.«
    »Hole ich dir gleich.« Lara schob ihren Stuhl zurück und stand auf. »Möchte jemand noch einen Nachtisch?«
    »Gern«, antwortete Jones.
    Ich war sicher, dass ich nichts mehr herunterbringen würde. »Nein, danke. Ich gehe am besten in mein Zimmer, ich bin total erledigt!«
    Die Balkontüren waren einen Spaltbreit geöffnet. Der Vorhang bewegte sich sanft hin und her. Draußen erklang Gemurmel. Ich erkannte die tiefe Brummstimme von Jones, der in meiner Abwesenheit plötzlich viel gesprächiger war, aber ich konnte nicht verstehen, was er sagte. Bestimmt war es witzig, denn Lara lachte ziemlich übertrieben. Unter mir hörte ich das Klappern von Töpfen und Pfannen. Wahrscheinlich räumte Bobbie die Spülmaschine ein.
    Ich hockte mich im Schneidersitz aufs Bett und schob mir zwei Kissen in den Rücken. Mit den Zähnen biss ich ein Stück Nähgarn ab, fädelte es durch das Nadelöhr und flickte den Hemdärmel mit groben Stichen. Danach war die Rückseite dran. Ich war nicht gerade ein Nähkünstler, aber es reichte. Dann nahm ich mein nagelneues Notizbuch, verfasste einen Bericht über den vergangenen Tag und machte eine Liste mit Anhaltspunkten. Sie ähnelte aber eher einer Liste mit Fragezeichen. Sie grinsten mich vom Papier an, als wollten sie sagen: hoffnungslose Angelegenheit. Und je länger ich darauf starrte, desto mehr bekam ich das Gefühl, dass sie mich auslachten. Gleich würde ich auch noch den Verstand verlieren!
    Ich pfefferte das Notizbuch durchs Zimmer. Es knallte gegen die Kommode und landete auf dem Boden.
    Zong!
    Draußen wurde es kurz still.
    »Boy?«, hörte ich Lara rufen.
    Ich war nicht ganz allein auf der Welt. Meine Augen wurden feucht.
    »Nichts passiert«, rief ich zurück. »Gute Nacht!«
    Ich durfte einfach nicht zu weit vorausdenken, sondern in kleinen Schritten. Morgen würde ich zu Pizza Hut in Flatstaff gehen und mich beim Personal erkundigen, ob mich dort jemand kannte. Danach würde ich schon weitersehen.
    Ich zog mich aus, schlüpfte in den Schlafanzug und kroch ins Bett. Es dauerte noch sehr lange, bis ich einschlief.
    6
    Wir fuhren über die kerzengerade Asphaltstraße zwischen den Grasfeldern. Déjà-vu. Nur war jetzt die Ladefläche des Pick-ups voller Kisten mit Obstkuchen. Auch Lara roch nach Obstkuchen; sie hatte Bobbie schon am frühen Morgen beim Backen geholfen. Der süßliche Geruch hing noch immer in ihrer Kleidung, einem T-Shirt und roten Shorts.
    »Bist du immer so still?«, fragte sie.
    Tja, Erinnerungen hervorkramen war nicht drin. Ich hatte so wenig zu erzählen wie ein Neugeborenes.
    Ich zuckte die Schultern. »Als wärst du so viel gesprächiger.«
    »Okay, also.« Sie rieb sich über den Hals. »Meine Eltern arbeiten beide für Ärzte ohne Grenzen in Afrika. Mich haben sie in einer Privatschule untergebracht und in den Ferien wohne ich bei Bobbie. Ich mag Joggen und höre gern Musik, am liebsten gleichzeitig. Aber ich sitze auch gern mit einem Buch im Garten.« Sie leierte die Sätze herunter und es klang wie auswendig gelernt. »Jetzt du.«
    Ich wünschte, es würde etwas geschehen, das sie ablenkte. Ein Kojote, der die Straße überquerte, eine

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