Bradshaw Gillian - Artus 02
Hast du denn vor, am Ort zu bleiben?«
Gawain lachte einfach. Ich war bereit, dem Wachposten zu sagen, daß das gar nicht stimmte und daß ich in Camlann einen anderen Herrn finden wollte. Aber der Mann fuhr fort: »Gut für dich, Diener. Viel Glück! Ich hoffe, du liebst es zu reisen.«
Gawain lachte noch einmal, wünschte dem Posten eine gute Wache und ließ Ceincaled den steilen Hügel im kurzen Galopp hinauflaufen.
Camlann ist eine gewaltige Festung. Siebenhundert Männer sind in Artus’ Familie, und fast vierhundert davon schlafen in der Festhalle, während die anderen Häuser innerhalb der Festung haben. Einige der Männer sind verheiratet und haben ihre Familien in Camlann. Außer diesen Kriegern haben auch noch die Diener und ihre Familien in der Festung ihr Zuhause und neben ihnen die Ärzte, Schmiede, Zimmerleute und Maurer, die Pferdeknechte, Ausbilder und Pferdezüchter und all die Handwerker, die innerhalb der Festung angesiedelt sind. Es werden auch einige Felder angebaut, und Vieh weidet auf den Feldern ringsumher. Schafherden, ein paar Schweine und Hühner werden in Camlann selbst gehalten, und auch Gemüse wird dort gezogen. Der Rest der Nahrungsmittel – all das Korn und ein großer Teil des Fleisches – muß eingekauft werden. In einer Festung dieser Größe verbraucht man sehr viel Korn, denn Schlachtrösser brauchen mehr Korn als normale Reitpferde. Es verlangt sehr viel Aufmerksamkeit, damit die Vorräte hereinkommen. Reichtum muß dasein und ein sicherer Markt, so daß die Leute ihre Waren antransportieren können. Von den anderen Königen in Britannien muß ständig die Tributzahlung einfließen, und die anderen Könige ihrerseits nehmen Tribut von den Clans, die ihnen Untertan sind. Das bedeutet, daß der Frieden durch die Autorität und Macht des Kaisers gesichert werden muß. Aber diese Macht und Autorität und dieser Frieden existierte, und Camlann war nicht nur riesig, sondern es gedieh. Ich schaute mir die Menschen an, denen wir auf dem Weg den Hügel hinauf begegneten. Ein Mädchen ging vorsichtig durch den Schnee und trug einen Korb voll Eier. Ein paar Jungen rannten vorüber und schleuderten einander mit wildem Kriegsgeschrei Schneebälle zu. Ein Mann hackte Holz. Zwei Frauen standen in einer Tür und tauschten Klatsch aus. Die meisten der Menschen winkten oder riefen uns fröhliche Worte zu, und ich dachte an die Trübseligkeit und Bitterkeit von Caer Ceri und Caer Gloeu. Ich wußte, daß ich doch recht hatte, wenn ich nach Camlann wollte.
Die Ställe in Camlann schließen sich an die Festhalle an, und dorthin ritten wir zuerst. Wieder wurde Gawain mit Freuden begrüßt. Als wir absaßen, wurde ihm sehr viel auf die Schulter geklopft, und Scherze wurden ausgetauscht. Ich kannte keinen, und alle waren zu beschäftigt, um sich um mich zu kümmern. Also lungerte ich herum und lächelte, um anzudeuten, daß mir das alles gefiel.
Gawain reichte Ceincaleds Zügel einem der Pferdeknechte und sagte: »Du kannst dich nur dieses eine Mal um ihn kümmern, Celli. Ich will meinen Herrn begrüßen und meine Brüder. Ceincaled hatte heute morgen schon ein bißchen Korn, aber in den letzten Monaten habe ich ihn hart rangenommen, und mehr Futter würde ihm nichts schaden. Ach, du weißt das ja selbst. Aber er braucht einen neuen Stirnriemen, einen guten, wenn einer da ist.«
Der Pferdeknecht nahm die Zügel des Tieres, als ob sie mit Diamanten besetzt wären, und grinste. Gawain nahm sich die Satteltaschen und hängte sie über die Schulter. Ich beeilte mich, das gleiche mit meiner Ausrüstung zu machen. Einen Augenblick stand ich da, während ich Llwyd am Zügel hielt, und versuchte mir zu überlegen, was ich mit meinem Pferd machen sollte. Dann erinnerte sich Gawain wieder daran, daß ich da war, und stellte mich noch einmal als »Rhys ap Sion, meinen Diener« vor. Wieder wurden mir neugierige Blicke zugeworfen, aber jemand nahm mein Pferd. Gawain ging mit schnellem, eifrigem Schritt aus dem Stall. Er hinkte nur ein wenig. Ich mußte fast rennen, um mit ihm Schritt zu halten, obwohl er seine Speere und seinen Schild wie auch sein Gepäck trug und das Kettenhemd noch auf dem Leib hatte, das keine leichte Last ist.
Die Halle in Camlann hat ein hohes Dach, und im Sommer nisten unter den Balken die Schwalben. Fackeln, die in Haltern an den Wänden stecken, brennen selbst bei Tag, und im Winter halten die Feuer in den Herdgruben, die in der Mitte der Halle liegen, den Ort warm. Es ist immer dämmerig
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