Braeutigame
waren.
„Aa-taaa-toooom!!!“
Min n as Stimme überschlug sich.
Al ma stellte sich vor , in welche Notlage ihre Sc hwester diesmal geraten sein könnte . War ihr ein Pferd durchgegangen? Hatte sie einen Wespenstich? Eine Natter gesehen?
Alma zog das Tuch vom Kopf und schüttelte ihre Zöpfe aus . Sie winkte, aber Minna sah sie nicht, sondern blieb stehen und holte vornübergebeugt, die Arme in die Seitenbeuge gestemmt, Luft .
„Hier, Minna!“, rief Alma . „Hi-iier!!!!“
Rosie sprang den Weg hinunter. Minna blickte auf, als s ie Rosie begrüßt hatte, sah schließlich Alma und winkte ih r mit beiden Armen zu.
Alma legte Klara den Rest der Harbuse vor die Hufe, wischte sich die Hände an der Schürze ab und ging ihrer Schwester entgegen, die jetzt m it Rosie das Gatter erreichte und s ich an einem Pfahl auf den Hintern fallen li eß. Sie atmete keuchend .
„Was läufst du so, Minna?“, rief Alma ihr zu. „Hast du nichts zu tun?“
Min na riss di e Augen auf und starrte ihre Schwester a n. Sie sah wütend aus, wild, rang nach Luft.
„ Ratato m! “
Jetzt verstand Alma, was sie sagte:
„Der Aaaar-thur! “, schrie Minna. „Der Arthur kommt!“
„E rzähl, Mi nna, das kann doch nicht sein, das w eißt du selbst. Im Her bst kommt er erst, hat die Mutter gesagt.“
„Hat sie gesagt, ja“, sagte Minna schnell. „Nu n kommt er aber schon heute! “
„Sag bloß. Ist was passiert? Wo ist Mutter ?“
„ Dr. Prudöhl ist schon seit heut e Vormittag da – und Frau Schilling, weil doch der Vater auf Kutschfahrt in Kischinjew ist. Die Mutter schreit nur und schreit und schreit. Die ganze Zeit.“
Er kam, o bwohl er erst Anfang Oktober fällig war , schon jetzt, im August.
Arthur war sechs Wochen zu früh.
„Die Mutter muss schlimme Schmerzen haben“, sagte Minna . „Sie liegt im Bett und schreit. Und Dr. Prudöhl ist mit Oma und der Schillingschen in der Küche im Haus und hat Feuer gemacht und die Öfen angemacht – beide Öfen, stell Dir vor – und kocht Wasser, damit alles sauber bleibt, weißt, und die Mutter sich nicht was holt, hat er gesagt . Seine Tasche hat er auch mitgebracht mit seinen Instrumenten, die große lederne mit den braunen Flaschen. Und eine Zange! – d ie hat Georg gesehen, der war kurz ins Zimmer der Eltern, wo die Mutter liegt. Eine Zange aus Metall hat er mitgebracht. E ine wie für die Kälber.“
„Nu n sei ruhig, Minna. Wo eine Zange all es gut für ist, weißt du nicht. Mach dir keine Gedanken. Die Frauen schreien, wenn ihnen ein Kind kommt, das ist nor mal. Das geht allen so – hat die Mutter doch gesagt, weißt du noch? Du m usst einfach nicht hinhören.“
Min n a zog die Nase hoch. „Pöhhh!“, rief sie. „Ich bin doch kein Fisch. Ich kann doch die Ohren nicht zumachen!“
„Drei Jungen und drei Mädchen, das wär e mi r schon recht“, hatte Marga Freier im März gesagt, als die Frauen der Kälber Dri ft in ihrer Stube Lein sponnen.
Jakob saß auf dem Boden und zählte mit seinen Fingern nach. „Die Alma, Minna, Georg, ich und Lilli , das sind drei Mädchen und zwei Buben. Dann ist das neue Geschwister ... – auch ein Bube.“
Die Mutter schüttelte den Kopf. „Nein, w as das wird, weiß nur Gott. Der Mensch denkt, der Herrgott lenkt.“
Die Nachbarinn en lächelten. Jakob war ein hübsches, aufgew ecktes Kind und gefiel ihnen .
„Man muss Geduld haben“, sagte Marga Freier. „Abwarten muss man . Ich hätte nur gerne noch einen Jungen. D ann wären es drei – drei von jedem , wenn es denn in diesem Leben bleibt. Aber vor allem gesund soll e s sein . Das ist das Wichtigste, dass es alles hat und im Kopf beieinander ist.“
Die Frauen nickten, ohne von der Arbeit aufzusehen.
„Und we nn es ein Junge wird, wie nennen wir ihn dann?“, fragte Jakob.
„Lass das sein, Jakob... Geh im Popschakorb spielen und lass mich in Ruhe mit deinen F ragen. Ich weiß es doch nicht. Du fragst mich Löcher in den Bauch.“
„ Vater hätte gern e einen , der Arthur heißt “, sagte Jakob.
Seine Mutter s ah ihn unzufrieden an. Es ärgerte sie , dass ihr Sohn vorlaut redete .
„Aha, hätte er das? Da siehst du einmal ... Auch dein Vater darf sich von Gott manchmal et was wünschen. Aber wir wissen nicht, was es wird – ich nicht, Herr Freier nicht und auch sonst keiner nicht. Wir müssen bis Erntedank warten , da nn kommt die Zeit von allei ne, und wir werden sehen , ob das Z ipfelchen dran häng t oder nicht.“
Abwarten war Jakobs Sache
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