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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Blumenketten und Goldflitter geschmückt, standen an den Straßenecken und schmausten im Müll.
      
    Irgendwann strandete Straner am Asantol, dem heiligsten Platz Zhids. Er war das Zentrum des Thamalviertels, das als ältestes Revier der Stadt galt. Hier sollte sich einst die Quelle befunden haben, an der sich die ersten Menschen labten, die den Boden dieser Welt betraten, hier schnitt der nullte Breitengrad den Äquator, hier war der Nabel dieses lebensfeindlichen Kontinent und des ganzen Planeten.
    Ein winziges Karree, keine zwanzig Schritte weit, wo einander diagonal zwei kleine Tempel gegenüberstanden, schwarze, von schiefen Pagoden überdachte Hütten, in denen vermummte Priesterinnen hantierten. Das ganze Ensemble war zwischen die meilenhohen Wohntürme des Viertels eingelassen, tief wie eine leibhaftige Apokalypse. Die Passanten warfen Opfergaben in die Eingänge: Reis, Blüten, Geldscheine, Votivzettel mit vorgedruckten Fürbitten. Sie schlugen Glocken an oder berührten die heiligen Stelen. Der Platz lag im unguten Flackern vorsintflutlicher Installationen. Kabel und improvisierte Zuleitungen verspannten den unsichtbaren Himmel mit ihren knisternden Netzen. Tauben und Krähen stritten sich um die Opfergaben und flatterten nervös auf, wenn einer der schweren Gongs ertönte. Katzen, Affen und Ziegen schlichen sich von rückwärts an die beiden Tempelchen, um ihren Teil der Reichtümer abzufangen, der den Göttern geweiht war. Es waren der Garun- und der Apurna-Tempel, die beiden ältesten Bauwerke auf dieser Welt und zwei der heiligsten Stätten im ganzen Kirgol-Cluster.
      
    Er hatte kein Ziel. Sein Auftrag war vage. Zunächst kam es darauf an, die Aura dieser Welt aufzunehmen und eine Witterung für ihre Art des Seins zu bekommen. Es war zu früh, um schon investigativ zu werden, zumal er kaum wusste, wonach er hätte forschen sollen. Einstweilen spionierte er mit der Nase und überließ sich seinen fünf oder sechs Sinnen, um ein Gefühl für das Fluidum dieser Gesellschaft zu erlangen. Er wich den handgreiflichsten Forderungen, irgendwo einzutreten, aus und ignorierte die Scherz- oder Drohworte, die ihm daraufhin nachgerufen wurden. Die meisten fanden ohnedies in einer Sprache statt, die er nicht verstand. Wie ein Schwimmer, der sich unaufgeregt in die Brandungszone vorwagt, um zu testen, ob die Dünung ihn trägt, ließ er sich von dem Gewoge aus Stimmen, Bildern und Gerüchen auf und ab wiegen, das warm und gischtend um ihn dröhnte.
    Zhid war ein Schmelztiegel, ein Hexenkessel. Andererseits waren Fremdweltler selten. Die Region war abgelegen, und zu ihrem größten Handelspartner und Konkurrenten, Rangkor, waren die offiziellen Beziehungen vor einem Menschenalter abgebrochen worden. Warenströme, Kapitalflüsse und die homöopathisch dünnen diplomatischen Kontakte liefen über Banden und Mittelsmänner, wobei sie die halbe Galaxis durchquerten und Jahre unterwegs waren. Wäre herausgekommen, dass er direkt von Rangkor stammte, hätte es einen Menschenauflauf gegeben und die Nachricht hätte sich wie ein Lauffeuer über die ganze Metropole ausgebreitet. So hatte er sich die Identität und das Aussehen eines kirgolischen Händlers gegeben, der seine karge Freizeit und sein üppiges Salär in den Vergnügungsvierteln der südlichen Suburbs anlegen und nebenher ein paar neue Geschäftskontakte knüpfen wollte. Seine dringendsten Bedürfnisse waren in diesem Augenblick eine warme Mahlzeit und ein sauberes Bett.
      
    Er fand eine Garküche, die über einen Verschlag mit ein paar Sitzplätzen verfügte, denn in den eisigen Fallwinden, die zwischen den kilometerhohen Wohntürmen nach unten stürzten, wurde es empfindlich kühl. In den höheren Regionen glühten Stein, Stahl, Beton und Glas noch lange nach, aber hier unten, auf der Sohle der unabsehbar tiefen Schlucht, die nie ein Sonnenstrahl berührt hatte, wurde die Kälte der Wüste unmittelbar nach Einbruch der Dämmerung spürbar. Hinter einer Plane aus speckigem Kunststoff schlürfte er eine Nudelsuppe und kaute das heimische Brot dazu, von dem nicht anzugeben gewesen wäre, aus welchen Ingredienzen es synthetisiert worden war.
    Der Wirt, ein altersloser Kirgoler, hatte kaum ein Wort mit ihm gewechselt. Aber Straner spürte, wie dieser ihn im Auge behielt und ausdauernd scannte, während er harmlos in seinem Winkel kauerte und aß. Ein tellergroßer holografischer Schirm war in Augenhöhe an den Planen befestigt, seinem Platz genau gegenüber,

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