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Bran

Bran

Titel: Bran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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warteten.
    Vielleicht, dachte Straner, war es auch der Fatalismus von Bürgern eines maroden und despotischen Regimes. Aber er sagte es nicht laut.
    Die Halle war riesig, sie nahm fast die ganze Grundfläche des Turmes ein. Uralte Lampen verbreiteten ein ungesundes gelbes Licht. Wolken von Qecha-Fliegen warfen sich wie brausende Staubstürme hin und her. Es gab vier große, nach oben offene Elevatorplattformen, auf denen jeweils einhundert Personen Platz fanden. Außerdem vier kleinere Gondeln, die in die titanischen Stelzkonstruktionen des Turmes eingelassen waren. Straner schätzte, dass in dem Silo zehntausend Menschen lebten. Ein beträchtlicher Teil davon staute sich jetzt in der unerträglichen Hitze der Vorhalle.
    Sie konnten weder vor noch zurück. Wie auf dem Förderband einer integrierten Bot-Fertigung in einer der autonomen Fabriken Rangkors wurden sie schubweise nach vorne gepresst und irgendwann in eine der Gondeln gequetscht, jetzt als Bestandteil einer Einheit von einhundert Entitäten. Viele murmelten Gebete oder fielen in einen Singsang, der heilige Mantras rezitierte, als die Kraftfeldschleuse sich schloss und die Plattform schlingernd anruckte.
    »Es kommt immer wieder etwas vor«, sagte Kiú.
    Sie führte es nicht weiter aus, aber er sah, dass auch sie die Augen geschlossen und die Hände zu einem rituellen Mudra ineinandergelegt hatte.
    Ein Trakt im 189. Stock eines Wohnsilos. Auf dem Gang, der sich zu Dutzenden von Schlafkäfigen verzweigte, rieselte irgendwo ein wenig Wasser. Auf Rangkor hätte man die Hunde durch Prügel davon ferngehalten. Hier stellte es die einzige Säuberungsmöglichkeit für einhundert Menschen dar. Kiú stellte sich an und wartete geduldig, bis sie an der Reihe war. Dann ging sie in die Hocke und wusch sich mit einer einzigen, schleifenförmigen Bewegung den Mund und das Geschlecht. Im Aufstehen warf sie Straner einen auffordernden Blick zu, aber er hatte sich zwei Flaschen Mineralwasser mit heraufgebracht, sodass er dankend verneinen konnte.
    Sie geleitete ihn zu ihrer Box, einem fensterlosen Verschlag von zwei metrischen Einheiten Breite. Hier hatten die Wände Ohren, und alles, was man anfasste, war voller Leben. Die Luft war heiß und stickig. Es gab keine Lüftung. Die Atmosphäre war abgestanden wie ein seit Jahren nicht mehr aufgeschütteltes Bett. Ein wenig gelbliches Licht kam vom Gang herein. Über eine eigene Beleuchtung verfügte die Schlafkiste nicht. Das Bett, das die Grundfläche einnahm, war zerwühlt und strömte einen unerträglichen Moder aus. Davor stapelten sich ein paar Kartons, in denen Kiú ihre Habseligkeiten aufbewahrte. In der Ecke gab es einen Anschluss für die allgegenwärtige Unterhaltungselektronik, die seine Gastgeberin aber zum Glück nicht in Betrieb nahm. Das war alles. Straner wusste, dass Abermillionen auf Zhid so lebten und dass sie insoweit zu den Privilegierten gehörten, als sie ein Dach über dem Kopf und einen festen Wohnsitz ihr eigen nennen konnten. Dennoch bereute er es jetzt, sich nicht noch eine Flasche des berühmten heimischen Schnapses mitgebracht zu haben.
    Kiú war aus den Pantoffeln geschlüpft und hatte den staubfarbenen Fummel abgestreift. An der Art, wie sie das Kleid zusammenlegte und in einem Fach verstaute, konnte Straner ablesen, dass sie wirklich nichts anderes besaß. Den Ohrring legte sie in ein eigenes Kästchen, eine winzige holzgeschnitzten Schatulle. Durch die offen stehende Tür sah man Leute vorbeigehen. Eine Alte streckte den Kopf herein und bellte etwas, das Kiú im gleichen Tonfall erwiderte. Dann streckten sie sich in den muffigen Synthetiklaken aus. Die Kleine arbeitete in einem berühmten Bordell in Thamal, dem alten Vergnügungsviertel Zhids, so viel brachte er noch aus ihr heraus. Sie hatte ihn als privates Zubrot mitgenommen, sowohl was mögliche sexuelle Dienstleistungen als auch, was die Übernachtungsmöglichkeit betraf. Aber dann fing sie schon an zu schnarchen. Straner drehte sich an die Wand und schlief in dem seligen Bewusstsein ein, nichts bei sich zu haben, was einen materiellen Wert besaß.
      
    Als er erwachte, spürte er brennenden Durst und dröhnenden Kopfschmerz. Er fühlte sich, als habe er eingesperrt in einer luftlosen Box geschlafen, zwischen uralten Laken und in einem Wust von abgetragenen Kleidern und Staub. Die Beleuchtung auf dem Gang war ausgeschaltet. Es war dunkler als am Abend. Sein Zeitgefühl war durch den Flug in Mitleidenschaft gezogen. Er musste das Holo am

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