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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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verzehrten die Flammen sie.
    Während er aus dem Fenster schaute, spürte er, wie sich Erleichterung in ihm breitmachte. Alle schmerzvollen Gedanken würde er hinter sich lassen. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich leicht und entspannt. Der ständige Druck, Maike morgens oder abends zu verpassen, nicht die richtigen Worte zu finden oder zu früh aufzugeben, war wie weggeblasen.
    Im Vorbeifahren sah er, wie sich ein Junge auf dem Bürgersteig an seinen Mischlingshund schmiegte und lächelte.

3
    Ungläubig starrte Frank Steenhoff in die Kaffeedose neben seinem Schreibtisch. Leer. Dabei hatte er sie erst vor einer Woche aufgefüllt. Vermutlich hatten sich in seiner Abwesenheit wieder seine Kollegen aus dem Nachbarzimmer bedient. Jetzt konnte er sehen, woher er um diese Uhrzeit eine Tasse Kaffee bekam.
    Genervt riss Steenhoff die Schreibtischschubladen auf. Vielleicht hatte er noch irgendwo ein Glas Instantkaffee stehen. Doch er fand nur eine halbe Tafel Schokolade und eine Packung Brühwürfel. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch gegenüber. Vielleicht hatte er dort Glück.
    Steenhoff zog gerade die unterste Schublade auf, als die Bürotür aufging. Eine schlanke junge Frau schaute ihn verwundert an. «Kann ich dir irgendwie behilflich sein?»
    Die Stimme klang freundlich, aber Steenhoff sah, wie die feingeschwungene linke Augenbraue der Frau sich um ein paar Millimeter nach oben zog.
    Peinlich berührt seufzte Steenhoff. «Entschuldige, Navideh, dass ich in deinem Schreibtisch rumwühle. Mein Kaffee ist alle. Und ich dachte, du hättest vielleicht noch irgendwo ein Depot für alle Fälle.»
    Navideh sah ihn spöttisch an. «Und so was schimpft sich Kriminalist. Seit einem Jahr sitzen wir zusammen, und du weißt immer noch nicht, dass ich nur Tee trinke. Deine Beobachtungsgabe sparst du dir wohl für unsere Kundschaft auf?»
    Steenhoff wollte etwas erwidern, schluckte die Antwort aber hinunter. Tatsächlich hatte er bislang über keinen seiner Kollegen in der Mordkommission so viel nachgedacht wie über Navideh Petersen. Navideh war gebürtige Perserin und als Kind mit ihrer Familie vor dem Mullah-Regime nach Deutschland geflüchtet. Mit 19 hatte sie einen Bremer Jurastudenten geheiratet, um der Enge ihrer Familie zu entfliehen. Doch nach wenigen Jahren ließ sie sich wieder scheiden. Den deutschen Nachnamen ihres Exmannes behielt sie, aber das Interesse an Männern hatte sie ganz offensichtlich verloren. Seit vier Jahren lebte sie mit einer Frau zusammen. Die Tatsache, dass die hübsche Kollegin von Männern nichts wissen wollte, schien manchen Ermittler aus dem 1 . Kommissariat zu reizen. Doch Petersen ging auf keinen der vielen Flirtversuche ein und blieb immer eine Spur distanziert. Steenhoff hatte sich an dem Balzgehabe nie beteiligt. Vielleicht war das der Grund, warum Navideh das Büro gern mit ihm teilte. Sie waren in der Vergangenheit schon oft aneinandergeraten, aber er schätzte ihre hellwache, engagierte Art, an einen Fall heranzugehen, und ihre Verlässlichkeit.
    Vor einem Jahr hatten sie wochenlang einen sadistischen Serienmörder gejagt. Die dramatische Festnahme des Täters hätte Steenhoff wohl kaum unverletzt überstanden, wenn Navideh Petersen nicht darauf bestanden hätte, ihn in der Nacht auf die Jugendfarm zu begleiten. Er schob die Gedanken an den Fall beiseite. Immer wieder kam die Erinnerung an die grausigen Details hoch. Wahrscheinlich lag es daran, dass seine Tochter Marie damals … Nein. Verdammt. Er wollte nicht mehr daran denken. Nicht jetzt. Am besten gar nicht mehr.
    Steenhoff spürte, wie Petersen ihn musterte.
    «Du wirkst ja völlig verloren, ohne deinen Kaffee.»
    Navideh schloss die Tür hinter sich, zog ihre braune Lederjacke aus und warf sie über ihren Stuhl. «Ich werde uns jetzt einen persischen Tee aufbrühen, der uns durch die Nacht bringt.»
    Kurz darauf kam Petersen mit dem Wasserkocher ins Büro zurück. Sie gab eine Handvoll Teeblätter und ein paar Kräuter in ihre silberne Kanne, die sie extra von zu Hause mitgebracht hatte, und goss das Wasser in hohem Bogen aus dem Kocher in das Gefäß. Interessiert beobachtete Steenhoff ihre Handgriffe, die in ihrer Konzentriertheit an ein altes Ritual erinnerten. Petersen hatte ihm den Rücken zugedreht, während sie mit dem Tee beschäftigt war. Das eng anliegende T-Shirt und die Jeans betonten ihre sportliche Figur. Er zwang sich, wieder in seine Akten zu schauen, und seufzte unbewusst. Petersen, die es gehört

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