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Brandfährte (German Edition)

Brandfährte (German Edition)

Titel: Brandfährte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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ihre Arbeit unterbrach. Am liebsten wäre er in den Verkaufsraum gegangen und hätte der Kundin persönlich geholfen. Aber es war nicht sein Stil, die Verkäuferinnen vor den Kunden zu maßregeln. Und mit Ingeborg Clausen würde er sowieso ein ernstes Wort zu reden haben.
    Die Zahlenreihen verrieten Schomek, dass die Geschäfte seit Ingeborg Clausens Einstellung deutlich schlechter liefen. Er selber hatte ihr vor mehreren anderen Bewerberinnen den Vorzug gegeben. Ihre zupackende Art hatte ihm gefallen. Aber sie schien wenig Gespür im Umgang mit Kunden zu haben.
    Ein Rumpeln ließ Schomek hochschrecken. Fassungslos sah er, wie ein maskierter Mann mehrere Packungen Kaffee vom obersten Regal hinunterstieß. Drohend hielt er eine Waffe auf Ingeborg Clausen gerichtet. Doch die ließ sich nicht einschüchtern. «Verpiss dich! Bei mir zieht die Masche nicht!», schrie sie. Ein zweiter Mann tauchte auf. Auch er war maskiert. Seine Faust traf Ingeborg Clausen unterhalb des linken Auges. Die Verkäuferin taumelte rückwärts und versuchte vergeblich, sich an einem Regal festzuhalten.
    Mit einem Ruck riss Matthias Schomek die Tür zum Verkaufsraum auf. Der Bewaffnete wirbelte herum. Noch immer war der Bezirksleiter weit genug entfernt, dass beide Täter hätten fliehen können. Doch der Unbekannte richtete seine Pistole auf Schomek und schoss. Der erste Schuss traf den großen Mann an der Schulter. Der heftige Schmerz ließ ihn taumeln. Die zweite Kugel traf seine Hüfte. Der Schütze vergewisserte sich, dass der Mann außer Gefecht gesetzt war, und gab seinem Komplizen ein Zeichen. Dieser riss Ingeborg Clausen hoch, hielt ihr ein Messer vor das Gesicht und forderte sie auf, die Kasse zu öffnen. Die 50 -jährige Frau hatte jede Gegenwehr aufgegeben. Sie öffnete hastig die Kasse, griff die Scheine und warf sie in die Tüte, die der Mann ihr hinhielt. Sekunden später waren die Männer verschwunden.
    Ingeborg Clausen alarmierte sofort die Polizei und stürzte dann zu Schomek. Beherzt versorgte sie die stark blutende Wunde. Obwohl sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs war, versuchte sie beruhigend auf ihren Vorgesetzten einzureden. «Gleich wird alles gut. Der Notarzt muss jede Minute hier sein, Chef», hörte sie sich selber sagen. Schomeks Atem ging immer flacher. Als Ingeborg Clausen endlich in der Ferne das Martinshorn hörte, hätte sie schwören können, bereits eine halbe Stunde gewartet zu haben. Tatsächlich waren keine neun Minuten vergangen.
     
    «Na also», sagte Petersen und zeigte auf die Passage, die sie zum wiederholten Male gelesen hatte. Steenhoff war gerade dabei, einen Bericht über einen Leichenfund im Grünzug der Neustadt zu verfassen. Interessiert unterbrach er seine Arbeit.
    «Hast du dir mal die Summen angeguckt, die unser Duo im Durchschnitt erbeutet hat? Zwischen 1500 und 1800 Euro», sagte sie, und ihre Stimme klang triumphierend.
    «Und?», fragte Steenhoff gespannt.
    «Dafür erschieße ich doch keinen Menschen und riskiere eine lange Haftstrafe.»
    «Unsere beiden offenbar doch», sagte Steenhoff.
    «Aber wir sind uns einig, dass es sich bei der Vorgehensweise nicht um Junkies handeln kann», erwiderte Petersen und fuhr fort, ohne Steenhoffs Antwort abzuwarten. «Außerdem waren alle Zeugen sicher, dass es sich bei den Tätern um Männer zwischen 25 und 40 handelt.»
    Steenhoff nickte. «Okay. Mach weiter.»
    «Das heißt, unsere übliche multikulturelle jugendliche Klientel scheidet schon mal aus.» Steenhoff antwortete nicht, was Petersen als Ermunterung verstand weiterzureden.
    «Ich sage dir, dahinter steckt eine gutorganisierte Bande. Und es würde mich nicht wundern, wenn wir eines Tages auf dieselben osteuropäischen Typen träfen wie bei den bundesweiten Überfällen auf Juweliere.»
    Nachdenklich nahm Steenhoff einen Schluck aus seiner Tasse und verzog das Gesicht. Als Petersen erneut in ihren Akten blätterte, goss er den Tee in den großen Benjamini, der ihre Schreibtische trennte.
    Erleichtert stellte er fest, dass seine Kollegin die heimliche Entsorgungsaktion nicht bemerkt hatte.
    «In der Tat spricht einiges für deine These», fuhr Steenhoff fort. «Diese gnadenlose Brutalität kenne ich eigentlich nur von Verbrechern, die entweder aus Bürgerkriegsgebieten kommen oder als junge Männer in der russischen Armee Dienst geschoben haben.»
    Unbewusst griff er zur Tasse und stellte sie im selben Moment wieder ab. Petersen stand sofort auf, griff ihre silberne Kanne und füllte

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