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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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mußte, um sich die Unsterblichkeit zu sichern. Manchmal hatte er das Gefühl, er habe bereits den Zustand der Unüberwindbarkeit, des ewigen Lebens erreicht. Dann wiederum hatte er das Gefühl, immer noch verwundbar zu sein, noch mehr Lebensenergie aufnehmen zu müssen, um den erwünschten Zustand der Gottähnlichkeit zu erlangen. Und bis er außerhalb jeden  Zweifels wußte, daß er auf dem Olymp angekommen war, war es am besten, etwas vorsichtig zu sein. Banodyne. Das Francis-Projekt. Wenn das, was Hudston gesagt hatte, stimmte, würde das Risiko, das Vince jetzt einging, belohnt werden, sobald er den richtigen Käufer für die Information fand. Er würde ein reicher Mann sein.
    Wes Dalberg lebte seit zehn Jahren allein in einer Steinhütte ganz oben im Holy Jim Canyon am Ostrand des Orange County. Seine einzigen Lichtspender waren Petroleumlampen, das einzige Fließwasser kam aus einer Handpumpe am Küchenausguß. Die Toilette befand sich etwa dreißig Meter hinter der Hütte, in einem freistehenden Aborthäuschen mit einem wohl als Scherz gedachten - in die Tür geschnitzten Halbmond. Wes war zweiundvierzig, sah aber älter aus. Sein Gesicht war vom Wind blankgescheuert, von der Sonne gegerbt. Er trug einen sauber gestutzten Bart mit einer Menge weißer Strähnen. Obwohl älter aussehend, hatte er die Konstitution eines Fünfundzwanzigjährigen. Den beneidenswerten Gesundheitszustand schrieb er seinem Leben inmitten der Natur zu. Am Abend des 18. Mai, eines Dienstags, saß er im silbrigen Licht einer zischenden Petroleumlampe bis ein L'hr morgens am Küchentisch, nippte immer wieder an selbstgemachtem Pflaumenwein und las einen Roman der McGee-Serie von John D. MacDonald. Wes war, wie er das selbst ausdrückte, >ein asozialer Brummbär, der im falschen Jahrhundert zur Welt gekommen ist< und der mit der modernen Gesellschaft wenig anzufangen wußte. Aber über McGee las er gerne, denn McGee schwamm dort draußen in jener chaotischen, häßlichen Welt und ließ nie zu, daß die mörderischen Strömungen ihn forttrugen. Als er mit dem Buch um ein Uhr fertig war, ging Wes hin aus, um Holz für seinen Kamin zu holen. Die vom Wind bewegten Zweige der Sykomoren warfen dünne Mondschatten, und die glatten Flächen der raschelnden Blätter leuchteten schwach im fahlen Widerschein des Mondlichts. Kojoten heulten in der Ferne, wahrscheinlich damit beschäftigt, einen Feldhasen oder anderes Kleingetier zu jagen. In der Nähe sangen die Insekten im Gebüsch, und ein kühler Wind seufzte durch das obere Geäst. Sein Vorrat an Holzscheiten war in einem Anbau gelagert, der die ganze Nordseite seiner Hütte einnahm. Er zog den Bolzen aus dem Schließband der Doppeltür. Er war so vertraut mit der Anordnung der Scheite im Lagerschuppen, daß er im Finstern seine massive Tragmulde aus Blech mit einem halben Dutzend Scheite füllte. Er trug die Tragmulde mit beiden Händen hinaus, stellte sie nieder und drehte sich um, um die Türen zuzumachen. Jetzt fiel ihm auf, daß die Kojoten und Insekten alle verstummt waren. Nur der Wind besaß noch seine Stimme. Mit gerunzelter Stirn drehte er sich um und blickte zum finsteren Wald, der die kleine Lichtung umgab, auf der seine Hütte stand. Etwas knurrte. Wes musterte mit zusammengekniffenen Augen das nachtdunkle Gehölz, das plötzlich vom Mond weniger beleuchtet schien als noch vor einem Augenblick. Es war ein tiefes, zorniges Knurren. Nie hatte er in den zehn Jahren, die er hier lebte, in seinen einsamen Nächten Ähnliches vernommen. Wes war neugierig, sogar etwas besorgt, hatte aber keine Angst. Er stand reglos da und lauschte. Eine Minute verstrich, und er hörte nichts mehr. Er schloß die Türen des Anbaus, schob dann den Bolzen durch die Öse und nahm die Tragmulde mit den Holzscheiten auf. Wieder das Knurren. Dann Stille. Und dann das Geräusch von trockenem Strauchwerk und Blättern, knirschend, knisternd, unter Tritten brechend. Die Art des Geräuschs ließ auf eine Entfernung von vielleicht fünfundzwanzig Metern schließen, ein Stück westlich von dem Abort. Noch im Wald.
    Wieder knurrte das Ding, lauter diesmal. Und auch näher. Keine zwanzig Meter entfernt. Den Verursacher des Geräuschs sah er noch immer nicht. Der abtrünnige Mond versteckte sich weiterhin hinter einem schmalen, zarten Wolkenband. Während er auf das dumpfe, kehlige und doch klagende Knurren lauschte, wurde Wes plötzlich unbehaglich zumute. Zum erstenmal in den zehn Jahren, die er jetzt am Holy Jim

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