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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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neben seinem Herrn auf dem Bett liegen, und um das Tier zu beruhigen, protestierte Travis nicht. Der Wind murmelte und klagte im Dachsims des Bungalows. Manchmal knisterte es irgendwo im Haus, vertraute mitternächtliche Geräusche von sich dehnendem oder entspannendem Material. Motorgebrumm, das Flüstern von Reifen, ein Wagen rollte auf der Straße vorbei. Erschöpft von den seelischen wie auch körperlichen Anstrengungen des Tages, war Travis bald eingeschlafen. Gegen Morgen, in halbwachem Zustand, gewahrte er, daß Einstein wieder am Schlafzimmerfenster war und Wache hielt. Er murmelte den Namen des Retrievers und klopfte müde auf die Matratze. Aber Einstein blieb auf Wache, und Travis döste wieder ein.

VIE R
    Am Tag nach ihrer Begegnung mit Art Streck unternahm Nora Devon einen langen Spaziergang; sie hatte sich vorgenommen, Teile der Stadt zu erkunden, die sie nie zuvor gesehen hatte. Mit Violet hatte sie einmal die Woche kurze Spaziergänge gemacht. Seit dem Tod der alten Frau ging Nora immer noch aus, wenn auch nicht mehr so oft, entfernte sich dabei aber nie weiter von ihrem Haus als sechs oder acht Blocks. Heute wollte sie viel weiter gehen. Dies sollte der erste kleine Schritt sein auf dem langen Weg zu Freiheit und Selbstachtung. Ehe sie aufbrach, überlegte sie, ob sie später in irgendeinem Restaurant einen kleinen Lunch einnehmen sollte. Aber sie war noch nie in einem Restaurant gewesen. Die Aussicht darauf, sich mit einem Kellner auseinanderzusetzen und in Gesellschaft Fremder speisen zu müssen, erfüllte sie mit Furcht. Also gab sie statt dessen einen Apfel, eine Orange und zwei Haferflockenplätzchen in eine kleine Papiertüte. Sie würde allein zu Mittag essen, irgendwo in einem Park. Selbst das war für sie noch revolutionär. Schön eins nach dem anderen. Der Himmel war wolkenlos, die Luft warm. Im lebendigen frischen Grün sahen die Bäume wie neu aus, regten sich in einer Brise, die gerade kräftig genug war, den heißen Strahlen der Sonne etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. Während Nora an gepflegten Häusern entlangschlenderte, die meisten von ihnen im spanischen Architekturstil erbaut, schaute sie mit neuer Wißbegierde nach Türen und Fenstern, dabei überlegend, wer wohl die Leute waren, die dahinter wohnten. Waren sie glücklich? Traurig? Verliebt? Welche Art von Musik, welche Bücher liebten sie? Welches Essen? Planten sie Ferien in exotischen Ländern, Abende im Theater, Besuche in Nachtclubs? Früher hatte sie nie über diese Menschen nachgedacht, weil sie wußte, deren Leben und das ihre würden sich nie kreuzen.
    Über sie nachzudenken wäre Zeitvergeudung gewesen. Aber jetzt... Wenn sie anderen Fußgängern begegnete, hielt sie den Kopf gesenkt und wandte das Gesicht ab, wie sie das früher immer getan hatte. Aber nach einer Weile fand sie die Courage, einige von ihnen anzusehen. Sie war überrascht, als viele ihr zulächelten und  »Hallo« sagten. Und nach einer Weile hörte sie sich zu ihrer noch größeren Überraschung sogar den Gruß erwidern. Als sie das Gerichtsgebäude erreichte, blieb sie stehen, um die gelben Yucca-Blüten und die fetten roten Bougainvilleen zu bewundern, die an der rauh verputzten Mauer emporkletterten und sich oberhalb eines der hohen Fenster durch das kunstvoll geschmiedete Eisengitter wanden. An der 1815 erbauten Mission von Santa Barbara blieb sie am Fuße der Eingangstreppe stehen und betrachtete die hübsche Fassade der alten Kirche. Dann schlenderte sie durch den Hof mit seinem heiligen Garten und bestieg schließlich den westlichen Glockenturm. Langsam begann sie zu begreifen, weshalb Santa Barbara in einigen der vielen Bücher, die sie gelesen hatte, als einer der schönsten Orte der Welt bezeichnet wurde. Fast ihr ganzes Leben hatte sie hier verbracht. Weil sie sich aber mit Violet im Haus verkroch, und wenn sie einmal ausgingen, wenig mehr gesehen hatte als die Spitzen ihrer Schuhe, nahm sie die Stadt jetzt zum erstenmal wahr. Und das erregte und beglückte sie. Um ein Uhr setzte sie sich im Alameda-Park auf eine Bank in der Nähe dreier uralter, riesiger Dattelpalmen mit Blick auf den Teich. Ihre Füße begannen zu schmerzen, aber sie hatte nicht vor, bald nach Hause zurückzukehren. Sie öffnete ihre Tüte und begann ihr Mittagessen mit dem gelben Apfel. Noch nie hatte etwas auch nur annähernd so köstlich geschmeckt. Weil sie Hunger hatte, aß sie gleich darauf die Orange, warf die Schale in die Tüte und war gerade im Begriff, ins

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