Brandzeichen
hatte, man könnte denken, er sei verrückt. Draußen vor dem Restaurant blieb er eine Weile auf dem Gehsteig stehen und atmete tief durch, genoß die würzige Seeluft. Eine kühle Nachtbrise blies vom Hafen herein und fegte Papierfetzen und purpurfarbene Jakarandablüten über das Pflaster. Vince fühlte sich prächtig. Er hielt sich für eine Elementargewalt wie Wind und Meer. Von Baiboa Island fuhr er in südlicher Richtung nach Laguna Beach. Um zwanzig nach elf parkte er seinen Lieferwage n vor dem Hudston-Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Das Haus lag in den Hügeln, ein einstöckiger Bau, der sich an die steile Hügelflanke schmiegte und sicherlich einen herrlichen Ausblick auf das Meer bot. Hinter ein paar der Fenster war Licht zu sehen. Er kletterte zwischen den Sitzen durch und in den hinteren Teil des Lieferwagens, wo er nicht gesehen werden konnte, um abzuwarten, bis alle Hudstons zu Bett gegangen waren. Bald nach Verlassen des Hauses der Yarbecks hatte er seinen blauen Anzug mit einer grauen Hose, einem weißen Hemd, einem braunem Pullover und einer dunkelblauen Nylonjacke vertauscht. Jetzt hatte er in der Dunkelheit nichts zu tun, als seine Waffen aus einer Pappschachtel zu holen, in der sie unter zwei Laib Brot, einer Viererpackung Toilettenpapier und anderen Dingen, die den Eindruck vermitteln sollten, er hätte gerade Einkäufe gemacht, versteckt gewesen waren. Die Walther P-38 war voll geladen. Nach dem Job im Haus der Yarbecks hatte er einen frischen Schalldämpfer auf den Lauf geschraubt, einen von den neuen, kurzen, die dank der Fortschritte der Technik nur halb so lang waren wie die älteren Modelle. Er legte die Waffe beiseite. Er hatte ein Klappmesser mit einer sechszölligen Klinge. Das steckte er in die rechte vordere Hosentasche. Als er die Drahtgarrotte zu einem kleinen Knäuel zusammengerollt hatte, stopfte er sie in die linke Innentasche seiner Jacke. Dann hatte er noch einen mit Bleikugeln beschwerten Totschläger; dieser wanderte in die rechte Außentasche seines Jacketts. Vince rechnete nicht damit, eine andere Waffe als die Pistole einsetzen zu müssen. Aber er liebte es, auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. Bei manchen Jobs hatte er eine Uzi-Maschinenpistole verwendet. Aber der gegenwärtige Auftrag erforderte keine schwere Waffen. Er hatte auch noch ein kleines Lederetui bei sich. etwa halb so groß wie ein Reisenecessaire, in dem sich ein paar einfache Einbrecherwerkzeuge befanden. Er machte sich nicht die Mühe, diese Instrumente näher zu inspizieren. Vielleicht würde er sie gar nicht brauchen, weil eine Menge Leute in bezug auf die Sicherheit ihrer Häuser erstaunlich lasch waren und Türen und Fenster nachts unversperrt ließen, gerade so als glaubten sie, in einem Quäkerdorf des neunzehnten Jahrhunderts zu leben. Um elf Uhr vierzig beugte er sich zwischen den Sitzen hindurch nach vorne und schaute durch die Seitenfenster zum Haus hinüber. Alle Lichter waren ausgeschaltet. Gut. Sie waren zu Bett gegangen. Um ihnen Zeit zum Einschlafen zu lassen, setzte er sich wieder in den hinteren Teil des Lieferwagens, aß einen Schokoladenriegel auf und dachte darüber nach, wie er einen Teil der erheblichen Honorare ausgeben würde, die er seit heute morgen verdient hatte.
Er wünschte sich schon seit einiger Zeit einen Power-Ski,eine jener raffinierten Maschinen, die es möglich machten, ohne Boot Wasserski zu laufen. Er liebte das Meer. Etwas an der See übte ungeheure Anziehungskraft auf ihn aus; er fühlte sich in den Fluten zu Hause, erlebte alles doppelt intensiv, wenn er sich im Gleichklang mit dahinrollenden großen dunklen Wassermassen fortbewegte. Er fand großes Vergnügen am Tauchen. Segeln und Surfen. Als Teenager hatte er mehr Zeit am Strand verbracht als in der Schule. Auch jetzt holte er gelegentlich sein Surfbrett hervor, wenn die Brandung stark war. Aber er war achtundzwanzig, und Surfen war ihm heute ein eher zahmes Vergnügen. Er ließ sich nicht mehr so leicht begeistern wie früher einmal. Heutzutage liebte er Schnelligkeit. Er malte sich aus, wie er auf dem neuen Power-Ski über die schieferfarbene See fegte, vom Wind getrieben, durchgerüttelt von der nicht abreißenden Reihe hereinkommender Brecher auf dem Pazifik reitend wie ein Rodeo-Cowboy, der einen Bronco einritt...
Fünfzehn Minuten nach Mitternacht stieg er aus dem Lieferwagen. Er steckte die Pistole in den Hosenbund und ging quer über die verlassene, stille Straße zum
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