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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Nacht, wenn er manchmal am Fenster stand und in die Dunkelheit hinausstarrte, als glaubte er, die unbekannte Kreatur im Wald würde ihn finden. Eines Abends saßen sie stundenlang in Noras Küche, tranken kannenweise Kaffee, aßen hausgemachten Ananaskuchen und diskutierten über mögliche Erklärungen für die unheimliche Intelligenz des Hundes. Sofern Einstein nicht damit beschäftigt war. Kuchenstücke zu schnorren, lauschte er voll Interesse, als verstünde er, was sie über ihn sagten, und manchmal winselte er und ging ungeduldig auf und ab, als frustriere es ihn, daß seine Hundestimmbänder ihm das Sprechen nicht ermöglichten. Im wesentlichen ergaben sich keine Erklärungen, die der Diskussion wert gewesen wären.
    »Ich glaube, er könnte uns sagen, woher er kommt und weshalb er so ganz anders ist als andere Hunde«, sagte Nora. Einstein wedelte geschäftig mit dem Schweif.
    »Oh, da bin ich ganz sicher«, sagte Travis.
    »Die Art, wie er sich seiner selbst bewußt ist, ist ganz menschlich. Er weiß, daß er anders ist, und ich vermute, er weiß auch, weshalb. Und ich glaube, er würde uns gern mehr darüber sagen, wenn er nur wüßte, wie.« Der Retriever bellte einmal, rannte ans andere Ende der Küche, rannte zurück, schaute zu ihnen empor, vollführte einen hektischen Tanz und ließ sich schließlich zu Boden fallen, den Kopf auf die Pfoten legend, wobei er abwechselnd schnaubende und winselnde Geräusche von sich gab: ein Bild rein menschlicher Frustration. Am meisten faszinierte Nora die Geschichte jener Nacht, als der Hund sich so aufgeregt mit Travis' Büchersammlung befaßt hatte.
    »Er erkennt, daß Bücher ein Mittel der Kommunikation sind«, sagte sie.
    »Vielleicht spürt er sogar, daß es einen Weg gibt, Bücher dazu einzusetzen, den Abgrund zwischen ihm und uns zu überbrücken.«
    »Wie?« fragte Travis und nahm sich eine Gabel Ananaskuchen. Nora zuckte die Achseln.
    »Weiß ich nicht. Aber vielleicht lag das Problem darin, daß die Bücher nicht von der richtigen Art waren. Romane, haben Sie gesagt?«
    »Ja, ganz richtig.«
    »Nun«, meinte sie,  »vielleicht brauchen wir Bücher mit Abbildungen, auf die er reagieren kann. Wenn wir vielleicht alle möglichen Bücher und Zeitschriften mit Bildern besorgen und sie auf dem Boden ausbreiten und mit Einstein arbeiten, finden wir vielleicht einen Weg, uns mit ihm zu verständigen.« Der Retriever sprang auf und trottete geradewegs auf Nora zu. Sein wacher Blick ließ Nora erkennen, daß ihr Vorschlag gut war. Morgen würde sie ein paar Dutzend Bücher und Zeitschriften besorgen und den Plan in die Tat umsetzen.
    »Es wird viel Geduld erfordern«, warnte Travis sie.
    »Ich habe einen Ozean voll Geduld.«
    »Das glauben Sie vielleicht. Aber wenn man sich mit Einstein abgibt, bekommt das Wort manchmal eine völlig neue Bedeutung.« Der Hund drehte sich zu Travis herum und blies die Luft durch die Nasenlöcher. Die Aussicht auf direktere Kommunikation erschien während der ersten paar Sitzungen mit dem Hund am Mittwoch und Donnerstag recht trübe, aber der große Durchbruch sollte nicht lange auf sich warten lassen. Am Freitagabend, dem  4. Juni, fanden sie den Weg. Und danach war ihr Leben nie mehr wie vorher.

    »... Schreie aus nicht fertiggestellter Reihenhausanlage in Bordeaux Ridge gemeldet...« Freitagabend, 4. Juni, eine knappe Stunde vor Einbruch der Nacht. Die Sonne warf ihr gold- und kupferfarbenes Licht auf Orange County. Es war der zweite Tag mit Temperaturen über dreißig Grad, und die Gebäude und das Straßenpflaster gaben die aufgestaute Hitze des langen Sommertages ab. Die Bäume schienen müde dahinzuwelken. Kein Lüftchen rührte sich. Auf den Autobahnen und Landstraßen war der Verkehrslärm ge dämpft, als würde die dicke Luft das Dröhnen der Motoren und das Schrillen der Hupen filtrieren.

    »... wiederhole, Bordeaux Ridge, das Baugebiet im Osten ...« In den sanften Hügeln im Nordosten, in einem erst teilweise erschlossenen Gebiet, gleich neben Yorba Linda, das der Vorortsbrei erst vor kurzem erreicht hatte, war wenig Verkehr. Das gelegentliche Schrillen einer Hupe oder das Quietschen von Bremsen klang in der feuchten Stille nicht nur gedämpft, sondern eigenartig klagend und melancholisch. Die beiden Hilfssheriffs Teel Porter und Ken Dimes saßen in einem Streifenwagen. Teel fuhr, Ken saß daneben. Das Lüftungssystem war ausgefallen, keine Klimaanlage, und nicht einmal der Ventilator funktionierte. Die Fenster waren

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