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Brandzeichen

Brandzeichen

Titel: Brandzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Geister aus Sägemehl durch die wandlosen Seiten des Hauses. Die Sonne sank schnell westwärts, die Mauerpfosten warfen Schatten wie die Gitterstangen eines Gefängnisses. Das letzte Tageslicht, das jetzt von Gold in ein Schlammigrot umschlug, ließ die Luft sanft erglühen, ein Glühen, wie es vor einer offenen Ofentür entsteht. Der aus Beton gegossene Boden war mit Nägeln übersät, die in dem feurigen Licht glitzerten und unter ihren Schritten klirrten.
    »Für hundertachtzigtausend Kröten«, sagte Teel und leuchtete mit dem Lichtkegel seiner Taschenlampe in schwarze Ekken,  »würd' ich mir etwas größere Räume erwarten als die hier.« Ken atmete tief die nach Sägemehl riechende Luft ein und sagte:
    »Zum Teufel, ich würde Zimmer groß wie eine Flughafenhalle erwarten.« Sie verließen das Haus durch den Hinterausgang und betraten einen engen Hinterhof, wo sie ihre Taschenlampen ausknipsten. Die kahle, trockene Erde war noch nicht vom Gärtner bearbeitet worden und mit Bauabfall bedeckt: Holzstücke, Brocken zerbrochenen Betons, zerknüllte Dachpappestreifen, Draht, nochmals Nägel, PVC-Rohrstücke, Zedernschindeln, die die Dachdecker weggeworfen hatten, Plastikbechcr und Big-Mac-Behälter, leere Cola-Dosen und sonstiger, weniger leicht identifizierbarer Müll.
    Bis jetzt waren noch keine Zäune errichtet worden, also war der Blick frei auf alle zwölf Hinterhöfe an dieser Straße. Purpurne Schatten sickerten über den sandigen Boden, aber sie konnten sehen, daß alle Höfe verlassen waren.

    »Nichts zu sehen. Keine Kampfspuren«, sagte Teel.

    »Und keine Jungfrau in Gefahr«, erklärte Ken.

    »Nun, laß uns wenigstens hier durchgehen und zwis chen die Häuser sehen«, erklärte Teel.
    »Schließlich müssen wir der Öffentlichkeit für ihr Geld etwas bieten.«
    Zwei Häuser weiter, in dem zehn Meter breiten Durchgang zwischen den Rohbauten, fanden sie den Toten.

    »Verdammt!« sagte Teel.
    Der Mann lag auf dem Rücken, großteils im Schatten, im schmutzigroten Licht war nur die untere Hälfte seines Körpers zu sehen, und zuerst konnten Ken und Teel gar nichts erkennen, welcher Horrorfund das hier war. Aber als Ken neben der Leiche niederkniete, sah er mit Entsetzen, daß man dem Mann den Bauch aufgerissen hatte.

    »Herr Jesus, seine Augen!« sagte Teel.
    Ken ließ den Blick von dem brutal zerfetzten Torso aufwärts wandern und sah leere Höhlen, wo die Augen des Opfers hätten sein sollen.
    Teel zog sich in den unratübersäten Hof zurück und holte den Revolver heraus.
    Auch Ken trat den Rückzug von der verstümmelten Leiche an und zog ebenfalls die Waffe aus dem Halfter. Obwohl er den ganzen Tag geschwitzt hatte, fühlte er sich plötzlich noch feuchter, spürte eine andere Art von Schweiß auf der Haut, den kalten, sauren Schweiß der Furcht.
    PCP, dachte Ken. Nur jemand, der eine volle Dosis PCP intus hatte, würde etwas so Widerliches tun.
    Bordeaux Ridge war eine Oase der Stille.
    Nichts bewegte sich, mit Ausnahme der Schatten, die jede Sekunde länger zu werden schienen.

    »Irgendein Junkie, der bis über die Ohren voll Engelstaub steckt, hat das getan«, sagte Ken und kleidete damit seine Ängste bezüglich PCP in Worte.

    »Das gleiche hab' ich mir auch gedacht«, sagte Teel.
    »Willst du weitersuchen?«

    »Nicht zu zweit, weiß Gott. Wir wollen über Radio Hilfe anfordern.«
    Sie gingen langsam den Weg zurück, den sie gekommen waren, hielten vorsichtig nach allen Seiten Ausschau, während sie sich bewegten, waren nicht weit gekommen, als sie den Lärm hörten. Ein Krachen. Das Scheppern von Metall. Brechendes Glas. Für Ken gab es keinerlei Zweifel, woher die Geräusche kamen. Der Lärm hatte seinen Ursprung im am nächsten stehenden der drei Häuser, die fast fertiggestellt waren und als Musterhäuser dienen sollten. Da kein Verdächtiger zu sehen war und sie auch über keinerlei Hinweise verfügten, wo sie nach einem hätten suchen können, wäre es durchaus gerechtfertigt gewesen, zum Streifenwagen zurückzukehren und Unterstützung anzufordern. Aber jetzt, da sie den Lärm in dem Musterhaus gehört hatten, verlangten ihre Ausbildung und ihr Instinkt, etwas beherzter zu handeln. Sie strebten auf die Hinterseite des Hauses zu. Hier hatte man Sperrholzplatten über die Pfosten genagelt, so daß die Wände nicht offen den Elementen ausgesetzt waren, hatte ein Drahtgeflecht auf den mit Dachpappe bedeckten Brettern angebracht und die Hälfte bereits mit Außenputz versehen.

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