Braut der Schatten
Wohnung in Augenschein zu nehmen. Ein einsamer Sessel stand vor einem riesigen Kamin, daneben lagen mehrere Bücherstapel. Ein Feuer knisterte gemächlich vor sich hin und beleuchtete die luxuriöse Ausstattung. Die Wände hingen voller Kunstwerke, und sie glaubte sogar, einige zu erkennen … die Beute frecher Raubzüge?
Von dieser Sitzecke ging ein Korridor ab, der in einen Flügel mit unzähligen Bücherregalen mündete. Durch einen anderen Korridor erhaschte sie einen Blick auf ein Schlafzimmer – mit einem Lager aus Pelzen gleich auf dem Boden.
Der Schlupfwinkel eines Vampirs mitten in einer Bibliothek.
»Sieh dich nur nach Herzenslust um«, sagte er mit rauer Stimme. »Mach dich mit deiner neuen Umgebung vertraut. Wir haben alle Zeit der Welt.«
Trotz seiner Aufgewühltheit verspürte Trehan Stolz auf sein Zuhause, auf die Luxusgüter, die seine Sorcera so offensichtlich zu schätzen wusste.
Er hielt sich gleich aufrechter, weil er spürte, dass sie beeindruckt war. Vorher hatte er nichts in ihre Beziehung einbringen können – abgesehen von einem allseits begehrten Kristall und einem Schwert, das seit langer Zeit in Familienbesitz war –, doch in Zukunft würden sie den Reichtum genießen, den er ihr bieten konnte.
Da er sie nun entführt hatte, erschien ihm sein Plan brillant.
Seltsam, dass ein wahnsinniger Vampir wie Lothaire mir beibringen musste, mich wie ein Vampir zu verhalten.
Was wird man uns Dakianos wohl sonst noch lehren?
»Und? Werden wir beide uns jetzt über das unterhalten, was während des Turnierfinales passiert ist?«, fragte Bettina herausfordernd. Sie warf ihr langes schwarzes Haar zurück, als wollte sie sich auf einen Kampf vorbereiten. »Du musst wissen, warum ich getan habe, was ich tat.«
»Das hast du mehr als klar gemacht!«
»Ich hätte niemals gedacht, dass du die Wirkung des Gifts so rasch abschütteln würdest.«
Sein Unterkiefer sackte herab. Sie gab es ohne jede Scham zu?
»Aber wenn ich noch einmal in derselben Situation wäre, würde ich genau dasselbe tun!«
»
Was?
«, brüllte er. Er boxte in die nächstgelegene Wand. Das ganze Gebäude bebte.
Seltsamerweise zuckte sie nicht zusammen, sondern musterte ihn nur mit funkelnden Augen. »Offensichtlich geht es dir immer noch nicht gut. Unser Gespräch wird also vermutlich nicht besser verlaufen als beim letzten Mal. Du musst mich nach Hause bringen, Trehan.«
»Ich bin noch nicht fertig mit dir, Braut.«
Ich werde niemals mit dir fertig sein.
»Wie du mir einmal geraten hast: Finde dich damit ab.«
»Ich lasse nicht zu, dass du mich gegen meinen Willen hier festhältst.«
Er hob die Brauen. »Und was wirst du dagegen tun?«
»Du vergisst, dass ich meine Fähigkeit zurückhabe.« Licht schimmerte in ihren erhobenen Handflächen.
»Wie könnte ich das je vergessen?« Langsam kam er auf sie zu, bis er hoch vor ihr aufragte. »Tu es, Sorcera!« Er drückte seine Brust gegen ihre Hände. »Zumindest wird mein Herz dadurch aus seinem gegenwärtigen qualvollen Zustand erlöst.«
Ein stillstehendes Herz oder ein verlorenes Herz.
Was spielte das für eine Rolle?
Mit hoch erhobenem Kinn schob sie ihn von sich. Er spürte die Hitze, die ihre Hände ausstrahlten, und wappnete sich gegen den kommenden Schmerz.
Aber dann ließ sie die Hände mit einem Laut der Frustration sinken.
»Du zögerst, deine Kraft einzusetzen, um dir selbst zu helfen? Doch um jenen Dämon zu beschützen, hast du sie so bereitwillig angewandt.«
»Aber selbstverständlich musste ich ihn beschützen! Das werde ich immer tun, wenn ich nur kann.«
»Er kann dich nicht so begehren wie ich – niemand kann das!« Trehans Fänge wurden scharf. »Selbst wenn du mir noch Schlimmeres antust, als du bereits getan hast, werde ich dennoch immer wieder kommen und dich holen.«
Ehe Bettina auf seine verblüffenden Worte reagieren konnte, hatte Dakiano sie um die Taille gepackt und transloziert. Einen Augenblick später fühlte sie Pelze unter sich. Er hatte sie in sein Bett gebracht?
»Vampir, hör auf! Denk doch einmal darüber nach, was du tust!«
Ohne innezuhalten, beugte er sich über sie und hielt ihre Arme über ihrem Kopf fest. Als sein Gesicht das ihre streifte, als ob er sie einatmen wollte, blickte sie an ihm vorbei zur Gewölbedecke hinauf.
Sein Duft sprach zu ihr – seine Haut, sein Verlangen –, und sie stellte fest, dass sie auf ihn reagierte. Bei den Göttern, wie sehr sie ihn vermisst hatte! »Ich begreife nicht, was hier
Weitere Kostenlose Bücher