Braut wider Willen
Blüte seiner Jahre. Gewiss, er hatte mit seinen Frauen Pech gehabt – oder sie mit ihm, korrigierte er sich spöttisch. Wenn es auch nicht ungewöhnlich war, dass ein Mann noch vor seinem vierunddreißigsten Sommer drei Ehefrauen verloren hatte, mochte ein empfindsames junges Mädchen, das die vierte werden sollte, ein ominöses Vorzeichen darin erblicken.
Aber Phoebe hatte behauptet, gegen ihn persönlich keine Einwände zu haben, nur gegen den Ehestand an sich. Das war natürlich lächerlich.
War sie womöglich charakterlich ungefestigt? Vielleicht tat er gut daran, die Sache zu überdenken. Eine hysterische, unvernünftigen Impulsen unterworfene Frau konnte er nicht gebrauchen. Und wie würde sie als Mutter sein?
Darauf kam es nämlich an. Er brauchte einen leiblichen Erben. Töchter waren ja schön und gut, konnten aber weder Titel noch Besitz erben.
Setzte er keinen männlichen Erben in die Welt, würden die Besitzungen der Granvilles an seinen Stiefsohn fallen, den Sprössling seiner ersten Gemahlin, den er in einer Anwandlung von Großmut im Kindesalter adoptiert hatte. Im Überschwang der Jugend war Cato nie der Gedanke gekommen, dass er keinen eigenen Sohn zeugen würde, der den Familiennamen fortführen konnte. Die Adoption hatte nur dazu dienen sollen, die Zukunft des Jungen abzusichern.
Eine unüberlegte Geste, wie sich zeigen sollte.
Catos Lippen wurden schmal, als er an den Sohn seiner ersten Frau dachte. Obschon Brian Morse gewinnend und charmant sein konnte, traute er ihm nicht über den Weg, da Brians kleine Augen unstet waren und seine Zunge zu glatt, um ehrlich zu sein. Schon als Kind hatte er etwas an sich gehabt, das Cato nervös machte. Und was der Gipfel war, Brian Morse stand im Bürgerkrieg, der das Land zerstörte, auf der falschen Seite, nämlich auf jener des Königs.
Cato hingegen war schon längst zu der Einsicht gelangt, dass der König sich dem Willen seiner Untertanen zu beugen hätte und nicht länger die Mittel des Landes für seine eigenen Zwecke verschwenden durfte. Es ging nicht an, dass der Monarch allein seinem Machtstreben gehorchte. König Charles musste gezwungen werden, die vom Parlament vorgelegten Reformen umzusetzen. Doch der König hatte es vorgezogen, seinem Volk den Krieg zu erklären, sodass auch diejenigen, die wie Cato nur widerstrebend gegen ihren Souverän ins Feld zogen, sich der Herausforderung stellten.
Die Sache des Königs war in Catos Augen so gut wie verloren, da die nach der Armeereform Oliver Cromwells disziplinierten und gut besoldeten Truppen der Parlamentspartei anders als die Königlichen einen Sieg nach dem anderen an ihre Fahnen heften konnten.
Was Cato wieder auf Brian Morse brachte.
In gefährlichen Zeiten wie diesen bedurfte es nur einer Kleinigkeit – eines Hinterhalts, einer verirrten Musketenkugel, eines Degenhiebes, eines Sturzes vom Pferd –, um Brian Morse zum Oberhaupt des Granville-Clans zu machen. Deshalb würde Cato Phoebe heiraten. Sie war zur Hand, und er hatte es eilig. Und die Verbindung hätte aus praktischen Gründen nicht besser sein können.
Da das Mädchen mit achtzehn noch jung genug war, um sich von einem Ehemann formen zu lassen, würde er ihr alle launischen Neigungen austreiben können.
Mit geschürzten Lippen dachte er kühl und leidenschaftslos an Phoebe. Sie war von robuster Natur, ihre Statur fest und breithüftig. Eine Figur zum Kindergebären. Viel kräftiger und nicht so zerbrechlich wie ihre Schwester. Phoebe war eine Frau, die ihm Söhne schenken würde.
Ja, sie würde eine gute Ehefrau abgeben. Dafür würde er sorgen. Cato ging zur Tür, in der Hand eine Kerze, die ihm den Weg schwach erhellte.
Phoebe wurde bei Tagesanbruch geweckt, als Olivia ihr die Hand auf die Schulter legte. »Phoebe, warum liegen alle deine Sachen verstreut auf dem Boden?«
»W… wie bitte?« Phoebe stützte sich mühsam auf einen Ellbogen und sah Olivia schlaftrunken zwinkernd an. Ihr war so elend zumute, als hätte sie kein Auge zugetan. »Wie spät ist es? Sicher erst Mitternacht«, protestierte sie. Zumindest hatte sie dieses Gefühl.
»Nein, ist es nicht. Es ist fast sechs«, stellte Olivia fest. Ihre schwarzen Augen blickten abschätzend aus dem hellen Oval ihres Gesichtes. Sie holte tief Luft und konzentrierte sich darauf, das Stottern zu beherrschen, das sie seit ihrer Kindheit plagte.
»Deine Kleider. Sie liegen auf dem Boden. Als wir zu B-bett gingen, war es nicht der F-fall.«
»Ich konnte nicht schlafen
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