Braut wider Willen
sagte Phoebe. »Hätte ich mich nicht selbst gerettet, hättet Ihr mich Brians Klinge überlassen.«
Cato, der seinen Ohren nicht trauen wollte, starrte sie an. »Du glaubst, ich hätte
was
getan?«
Phoebe versuchte seinen Griff abzuschütteln. »Es spielt keine Rolle«, sagte sie. »Ich hätte es wissen müssen. Ihr habt ja immer schon klar erkennen lassen, dass Eure Pflicht für Euch an erster Stelle steht. Ich bin Euch nur im Weg. Natürlich konntet Ihr meiner Dummheit wegen nicht Eure Mission aufs Spiel setzen.«
Langsam begriff Cato, wovon sie sprach, doch es war unfassbar. Unmöglich, dass sie ihn einer solchen Grausamkeit für fähig hielt. »Sag es noch einmal, weil ich sicher sein möchte, dass ich richtig verstand.« Sein Griff wurde fester. »Du beschuldigst mich, ich wäre bereit gewesen, dich Brian auszuliefern? Glaubst du das wirklich, Phoebe?«
Phoebe spürte, wie der helle Glanz ihrer Empörung stumpfer wurde. »Aber Ihr habt es getan«, sagte sie. »Ihr habt gesagt, dass Euch nichts an mir läge. Ihr habt Euch abgewendet. Ich weiß nicht, wie Ihr es konntet, doch tatet Ihr es.«
»Lieber Gott! Wie kannst du so etwas auch nur
denken?
Was, zum Teufel, habe ich getan, dass du auf solche Gedanken kommst?«, brach es aus Cato hervor.
»Ihr habt es gesagt.«
»Und was geschah, als ich es sagte?«, fragte er. In seinem Mundwinkel zuckte ein Muskel.
Dieser Muskel hatte etwas Gefährliches an sich. Phoebe überlegte die richtige Antwort. Sie glaubte noch immer, die Klinge an ihrer Kehle zu spüren, sah noch immer Catos Augen, schwarz und leer, die durch sie hindurchschauten. Sie gab keine Antwort, doch ihre Hand griff unwillkürlich nach ihrer Kehle.
»Brian ließ sich durch das Unerwartete aus der Fassung bringen.« Cato beantwortete die Frage selbst. »Hättest du seine momentane Verblüffung nicht so rasch genutzt, hätte ich es getan.«
Hatte sie sich geirrt? Hatte sie in dem Wirbel von Kränkung und Unsicherheit die falschen Schlüsse gezogen?
»Komm!«, befahl er mit gebieterischem Fingerschnalzen. Der harte Zug um seinen Mund und das dunkle Auflodern in seinen Augen verrieten Phoebe, wie sehr er darum kämpfte, seinen eigenen Zorn zu bezwingen. »Du schuldest mir eine Erklärung für diese Anschuldigung. Und ich möchte sie rasch hören.«
Wie hatte er es plötzlich geschafft, sie ins Unrecht zu setzen?
Es war unfair. All die Monate enttäuschter Hoffnungen kamen wieder hoch, und sie sah ihn nun mit einer wilden Gefühlsaufwallung an, sodass die Wahrheit ihr in einem leidenschaftlichen Wortschwall über die Lippen kam.
»Du liebst mich nicht. Ich liebe dich so sehr, und du empfindest nichts für mich. Ja, zuweilen bin ich ein amüsantes Spielzeug und gut fürs Bett. Einmal sagtest du, dass du mich magst, und das kann schon sein – meist jedenfalls, und dann, wenn ich dir nicht in die Quere komme. Du hast es mir oft zu verstehen gegeben. Für dich zählt nur deine eigene Welt, warum also hättest du mir ein solches Opfer bringen sollen?«
Sie wandte den Blick ab, da sie es nicht ertrug, ihn anzusehen, während sie ihrem Herzen Luft macht. »Begreifst du denn nicht? Ich brauche deine Liebe. Ich liebe dich schon so lange, du bist mein Leben. Ich möchte
dein
Leben sein. Doch ich weiß, dass du mich nicht lieben kannst, und da ich dir nicht wirklich etwas bedeute, ist es kaum verwunderlich, dass ich deine Aussagen wörtlich nehme.«
»O Gott, Phoebe!« Cato umfing ihr Gesicht mit festem Griff und zwang sie, ihn anzusehen. »Wie kannst du das sagen! Gewiss, du hast mich gelegentlich fast in den Wahnsinn getrieben, so sehr, dass ich nahe daran war, auch den Anschein letzter Beherrschung zu verlieren. Ich weiß nicht, was ich mit dir machen soll. Ich werde deiner nicht Herr. Aber … o Gott, Mädchen!«
Er hielt inne, sah in ihre angespannte Miene, sah den großen, weichen Mund, das runde Kinn, die kleine Nase. Er sah tief in ihre von Leidenschaft erfüllten Augen. Und es war, als sähe er sie zum ersten Mal. Er sah ihre Unsicherheit, ihre Verletzlichkeit, das Vertrauen, mit dem sie ihm ihr Herz geschenkt hatte. Und er sah die tiefe Quelle von Liebe und Leidenschaft, sah in die Tiefen ihrer Seele … und schließlich verstand Cato seine eigene Seele. Mochte das Gefühl schwer zu ertragen und ärgerlich sein, es hatte ihn im Griff. Er hatte es geleugnet, weil es ihn ängstigte. Die Herrschaft über sich selbst zu verlieren war seine größte Angst. Er gestand Zorn nie ein, ebenso wenig Liebe.
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