Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
trottet jetzt neben mir her.
»Geht’s dir gut?«, versuche ich es noch einmal.
»Jaha, mir geht es gut«, brummt sie, und ich kann ihr nicht mal verübeln, dass sie sauer ist. Ich meine, schließlich verläuft unser Ausflug nun wirklich nicht so, wie wir es geplant hatten. Sie flüstert mir etwas zu, damit Alina sie nicht hören kann, aber leider kann ich sie auch nicht verstehen. Deswegen halte ich mein Ohr dicht an die Ausatemlöcher ihrer Maske.
»Wir stecken ganz tief mit drin«, wispert sie.
Alina schnellt herum. »Ich hab euch nicht gebeten mitzukommen. Sowieso werde ich mit euch im Schlepptau ziemlich in Erklärungsnot kommen. Ich will euch wirklich nicht in etwas mit reinziehen, für das ihr noch nicht bereit seid. Also los, geht nachHause. Ich möchte nicht noch einen Tod zu verantworten haben.«
»Noch einen Tod?«, fragen wir wie aus einem Mund.
»Echt, ihr solltet umkehren«, wiederholt sie.
Inzwischen frage ich mich, ob wir das nicht wirklich tun sollten. Wer weiß, wo das alles sonst noch hinführt? Ich habe mich in ein Mädchen verguckt und ihr deshalb geholfen, aus der Kuppel zu fliehen. Danach habe ich sie vor einer durchgeknallten Ausgestoßenen gerettet und jetzt renne ich ihr nach Gott-weiß-wo hinterher, um Gott-weiß-wen zu treffen. Und anstatt mir für meinen Wagemut zu danken, starrt sie mich die ganze Zeit nur böse an und sagt, ich solle abhauen. Trotz all meiner Bemühungen, sie zu beeindrucken, scheint sie mich zu verachten. Und Bea hasst mich inzwischen garantiert auch schon. Warum also sollte ich weiterhin kostbaren Sauerstoff und wertvolle Freizeit darauf verschwenden, Alina in die Stadt zu folgen? Ich bin drauf und dran, ihr genau das zu sagen, aber dann mache ich es doch nicht – weil, na ja, sie mir einfach gefällt. So ist es nun mal.
»Wie sollen wir umkehren, solange sie an dir dranhängt?« Ich zeige auf Maude, die mir sofort eine Grimasse schneidet. »Du hast selbst gesagt, dass sie dich angreifen wird.«
»Oh, macht euch wegen mir kein Stress. Bin ganz brav«, kichert Maude.
Ich will Alina gerade versichern, dass wir sie auf keinen Fall ohne Schutz weiterziehen lassen, als Bea sich einschaltet.
»Darum geht es nicht, Quinn, ich sehe mich hier nichtals Begleitschutz. Ich will aus anderen Gründen nicht mehr zurück in die Kuppel: Ich hab keine Lust, den Rest meines Lebens als Unterdrückte, als Bürgerin zweiter Klasse zu verbringen, fremdbestimmt und unfrei. Vielleicht können wir, wenn wir Alina begleiten, helfen, die Dinge zu verändern – oder wir lernen zumindest die Wahrheit kennen.« Sie blitzt mich an.
»Ich denke immer noch, wir sollten erst mal ’ne Pause machen«, beharre ich. »Auf die paar Minuten kommt’s doch nun wirklich nicht an.«
»Aber nich hier!«, sagt Maude barsch und hastet weiter, wobei sie mit dem Daumen auf ein Gebäude zu unserer Rechten mit zerbrochenen Buntglasscheiben und einem hohen schiefen Glockenturm deutet. Ganz oben im Turm sehe ich die Umrisse einer Person. Es ist ein Mann, dessen Gesicht von Haaren verdeckt ist. Er winkt.
»Das is Maks«, erklärt Maude. »Is nich gefährlich, hat nur die Krätze oder so was. Auf jeden Fall was Ansteckendes.«
Der Mann winkt und winkt, aber Maude blickt nicht hoch. Und wir bleiben nicht stehen.
Nach einer weiteren Meile oder so wird Bea langsamer.
»Hier machen wir Rast«, verkünde ich in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet. Ich bleibe stehen und greife Beas Arm, damit sie ebenfalls anhält.
»Fünf Minuten, dann geht’s weiter«, bestimmt Alina.
»Fünf oder zehn Minuten sind ja völlig okay«, sage ich, woraufhin Alina mir einen finsteren Blick zuwirft und ich wegschaue.
Überall liegen jetzt Schuttberge herum und die Gebäude zu beiden Seiten der Straße sind doppelt so hoch wie dort, wo wir vor unserer Begegnung mit Maude entlanggekommen sind. Würde irgendeines dieser Gebäude plötzlich einstürzen, wären wir auf der Stelle tot, begraben unter riesigen Betonblöcken und Stahlträgern. Alina zieht einen altmodischen Kompass aus ihrer Tasche und beginnt ihn auszurichten.
»Wo sind wir?«, fragt Bea.
»Blackhorse Road.«
»Und wo genau wollen wir hin?«
»Zum Rebellenhain. Das ist ein ehemaliges Stadion.«
»Ein altes Fußballstadion? Echt? Wo?«, frage ich und krame sofort mein Pad aus dem Rucksack, um Fotos von unserer Schulmannschaft zu zeigen, aber dann fällt mir ein, dass ich ja die Batterien rausgenommen habe. »Das Team, in dem ich spiele, hat letztes Jahr
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