Breathe - Gefangen unter Glas: Roman (German Edition)
große Mengen gratis, um uns anzufixen. Vor dem Switch lag der Sauerstoffgehalt der Luft bei einundzwanzig Prozent. In der Kuppel geben sie uns fast dreißig Prozent. Warum? Damit wir außerhalb der Kuppel, wo der Sauerstoffgehalt nur sechs Prozent beträgt, nicht klarkommen. Dabei könnten wir sehr wohl damit klarkommen. Wir könnten es, wenn sie uns beibringen würden, wie man es macht. Wenn sie es mit uns trainieren würden.«
»Wie sieht es denn in anderen Ländern aus?«, fragt Bea. »Es kann doch nicht jedes Land korrupt sein.«
»Und warum gibt es dann die Küstenlinien-Division?«, schnauft Maude. »Ich hatte ’n Kumpel, der ’n paar Jahre bei dieser Einheit war. Ja, ja. War’n hübscher Kerl, kannman wohl sagen.« Sie macht eine Pause, legt ihre Hände auf die Knie, hustet und fährt dann fort: »Sie wolln nich, dass jemand herkommt, und sie wolln nich, dass jemand von hier abhaut. Einmal ham sie ’n paar Touristen in ’ner selbst gebauten Schaluppe gefasst. Die wollten nach Frankreich rüber.« Erneut hält sie inne, diesmal, um mit dem langen schwarzen Nagel ihres Zeigefingers in der Nase zu bohren.
»Es heißt, dass es den Russen gelingt, in der dünnen Luft zu überleben«, erklärt Alina. »Sie haben die Menschen dort trainiert, mit niedrigerem Sauerstoffgehalt zurechtzukommen, damit sie ein freies Leben führen können. Und inzwischen sind die Kuppeln in Russland fast leer.«
»Stimmt nich. Die ham auch Kuppeln. Überall gibt’s die. Kuppeln, Kuppeln, überall Kuppeln. BREATHE hat die Sauerstoffformel doch an den Rest der Welt verkauft«, schnauzt Maude.
Für einen Moment scheint Alina etwas verunsichert, aber sie hat sich schnell wieder gefangen. »Der entscheidende Punkt ist doch, dass es möglich ist. Wisst ihr, warum wir andauernd geimpft werden müssen? Mit Krankheiten hat das nichts zu tun. Sie verringern beim Impfen die Zahl unserer roten Blutkörperchen, damit wir mehr Sauerstoff benötigen. So hat jeder Mensch, selbst der mittelloseste Second, ständig das Bedürfnis, mehr Luft zu kaufen. Aber wir haben eine Krankenschwester in unseren Reihen, die statt des Impfstoffs Kochsalzlösung injiziert. Wenn ich zum Impfen muss, dann gehe ich nur zu ihr, zu keiner sonst. Die Widerstandsbewegungarbeitet übrigens an einem Mittel, das die Anzahl der roten Blutkörperchen anhebt.«
»Ach, deshalb warst du so wütend, als Riley und Ferris sich vorgedrängelt haben«, stelle ich fest.
»Ja, die Schicht dieser Krankenschwester war um ein Uhr zu Ende.«
»Das ist ja alles kaum zu glauben. Ich meine, nicht dass ich dir nicht glauben würde, ich glaube dir … ich kann es nur einfach nicht fassen«, stottere ich.
»Sie werden nur so lange die absolute Kontrolle haben, bis die Bäume sich die Erde zurückerobern – mit ein bisschen Hilfe durch die Rebellen. Man kann nur hoffen, dass es uns lange genug gibt. Dass wir überleben, um etwas zu bewirken.«
Bei diesen Worten schaut mir Alina direkt in die Augen. Ich weiß nicht, was ich noch alles tun muss, um sie davon zu überzeugen, dass ich nicht so bin wie vermutlich all die anderen Premiums, die sie bisher kennengelernt hat.
»Und wenn wir schon gerade vom Überleben sprechen: Nehmt die Batterien aus euren Pads, sonst können sie euch orten«, rät sie.
Bea nickt und holt ihr Pad aus dem Rucksack. Sie entfernt die Batterien und reicht sie Alina.
Ich tue dasselbe. »Wirklich alles in Ordnung mit dir?«, erkundige ich mich noch einmal bei Bea. Die nickt wieder. »Hast du Hunger? Ich habe Proviant dabei.« Sie schüttelt den Kopf und ich werfe einen verstohlenen Blick auf meine Uhr. Fast vier. Es wird bald dunkel.
»Wir sollten uns demnächst einen sicheren Platzsuchen, wo wir heute Nacht campen können«, murmele ich. Ich starre jetzt auf Maudes Hintern, die hinter Alina geht. Wahlweise könnte ich auch Beas Hintern betrachten, aber das käme mir irgendwie komisch vor.
»Was?« Alina dreht sich im Gehen nach mir um. Ihr Verband hat sich gelockert und an einigen Stellen ist er blutig. Ihre Wangen sind rot vor Kälte.
»Es wird dunkel. Wir sollten uns einen Schlafplatz suchen. Und vielleicht sollte Bea deinen Arm noch mal verarzten. Sieht aus, als würde der wehtun.«
»Also, ihr könnt machen, was ihr wollt, aber ich lege mich nicht hin, ich laufe die Nacht durch«, sagt sie und stürmt dabei so schnell voran, dass sie Maude fast die Gesichtsmaske abreißt und Maude regelrecht hinter ihr herrennen muss. Bea hat ihr Tempo verlangsamt und
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