Brennende Kontinente
genügte ihr, um das Schiff ziehen zu lassen, auch wenn die Sorgen sich nicht gänzlich legten. Sie nahm wie selbstverständlich an, dass Lorin und Tokaro an dem Sieg über den Qwor beteiligt waren. »Nun weiß ich, dass er zu mir
zurückkommt.« Sie hakte sich bei Fatja ein. »Komm, wir gehen zu mir und machen uns einen Tee. Mir ist furchtbar kalt. Arnarvaten soll uns eine Geschichte erzählen, die uns auf andere Gedanken bringt, und danach kannst du ihm von deiner Vision ...«
»Nein«, lehnte Fatja ab, der das Vertrauen in ihre Worte Unwohlsein und ein schlechtes Gewissen bereitete. »Nein, niemand soll davon erfahren. Du musst schweigen.«
Jarevrän wischte eine lange, schwarze Haarsträhne aus ihrem Gesicht, die Wind und Wasser auf die Haut geklebt hatten. »Aber sie macht den Menschen Mut.«
»Und es verführt sie dazu, sich zurückzulehnen und bis zur Rückkehr von Lorin und Tokaro zu warten, ohne etwas gegen die Qwor zu unternehmen«, hielt Fatja dagegen und grub sich aus ihrer Lüge aus eigener Kraft heraus. Sie wusste nicht, ob die Bleiche Göttin ihrem Bruder Schutz gewährte. So gingen sie Seite an Seite durch die Straßen der Stadt; in der feuchten Luft hing der Salzgeschmack und legte sich auf die Lippen.
»Du hast Recht«, sagte Jarevrän, als sie vor der Tür ihres Hauses standen. »Ich verrate keinem etwas.«
Sie lächelte Fatja an und öffnete ihr den Eingang. »Danke, dass du es mir gesagt hast. So kann ich wenigstens ruhig schlafen.«
Fatja trat ein und hing den nassen Umhang an den Ofen zum Trocknen. Während Jarevrän in die Küche ging und den Tee zubereitete, setzte sie sich und blickte auf die abperlenden Tropfen, die sich auf dem Boden neben dem Ofen sammelten und eine kleine Lache bildeten. Fatja stellte ein Glas darunter und lauschte auf das stete Tropfen, das gleich darauf erklang.
»Ich ziehe mir rasch trockene Sachen an«, rief Jarevrän durchs Haus. Ihre Schritte erklangen auf der Treppe, die nach oben führte. »Ich bin gleich wieder zurück.«
»Ist gut. Ich kümmere mich um den Tee«, antwortete Fatja halblaut, erhob sich und ging in die Küche. Sie wusste, dass ihr die Vision im Gegenzug schlaflose Nächte bescheren würde. Bis das Geheimnis um das Verschwinden von Lorin und Tokaro gelüftet war.
I.
» Wir sind den Spuren der Qwor gefolgt.
Sie streifen anscheinend sinnlos umher, es gibt
kein Muster in ihren Bewegungen. Ich habe
angeordnet, dass Arbeiten im Wald nur unter
dem Schutz von zehn Bewaffneten erlaubt sind.
Nachts sehen die Wachen von der Mauer aus
blaues Leuchten im Wald.
Ich erachte es als sicher: Die Qwor belauern uns.«
Aufzeichnungen des ehrenwerten Sintjep, Bürgermeister Bardhasdrondas, gesammelt in den Archiven zu Neu‐Bardhasdronda
Kontinent Ulldart, Königreich Tersion, Hauptstadt Baiuga, Winter im Jahr 1/2 Ulldrael des Gerechten (460/461 n.S.)
Die Luft wehte durch Prynn Caldüsins lange schwarze Locken, in denen sich kein graues Haar fand. Er stand an der Balustrade des weißen Marmorbalkons und blickte von der höchsten Stelle des Palasts nach Südwesten.
Der Nachmittagswind strömte von der See her; er trug Kühle mit sich und brachte den alten Mann trotz des dicken Überwurfs aus weißer Terawolle zum Frösteln. Die hellblauen Stickereien und schwarzen Embleme auf dem Stoff wiesen ihn als Ältesten des Hauses Iuwantor aus.
»Ich habe es befürchtet«, raunte er, die Augen aufs Meer gerichtet. Die Umrisse von vier großen Schiffen zeichneten sich weit
draußen auf dem Wasser ab. Das Äußere der Schiffe war für einen älteren Tersioner wie ihn unverkennbar: Drei Ruderbänke lagen übereinander, zwei kleine Segel schwebten geisterhaft am Bug; auf die große Entfernung waren die Taue, mit denen sie an dem kurzen Frontmast befestigt waren, noch nicht zu erkennen.
Ihr Fortkommen war bewundernswert, eine Meisterleistung von Ruderern und Trommlern gleichermaßen. Die Riemen hoben und senkten sich im Wechsel, sodass die hölzernen Blätter ohne Unterlass ins Wasser stachen. Die Galeeren schössen mit gleich bleibender und vor allem hoher Geschwindigkeit über die Wasseroberfläche. Noch vor Einbruch der Dämmerung würden sie die Hafeneinfahrt erreicht haben.
»Was tun wir nun, Furanta?« Prynn rieb sich über den kurzen schwarzen Bart und schaute über die Stadt zum künstlich angelegten Hafen von eineinhalb Meilen Breite und einer halben Meile Tiefe. Davor lagen mächtige Mauern, die bogenförmig errichtet worden waren und die
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