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Zauber-Schloss

Titel: Zauber-Schloss Kostenlos Bücher Online Lesen
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Der Oger
    Millie das Gespenst war sehr schön. Natürlich war sie gar kein Gespenst mehr, sondern Millie die Kinderschwester. Sie war nicht besonders helle und auch nicht mehr gerade jung. Nach ihrer eigenen Rechnung war sie neunundzwanzig Jahre alt, andere jedoch hatten ihr Alter mit achthundertneunundzwanzig Jahren beziffert; so war sie also das älteste Wesen auf Schloß Roogna. Vor acht Jahrhunderten war sie als siebzehnjähriges Mädchen verhext worden. Damals war Schloß Roogna noch jung gewesen. Als Dor geboren wurde, hatte man sie wieder zum Leben erweckt. In der Zeit dazwischen war sie ein Gespenst gewesen, etwas, wovon nie jemand mehr absah. Wozu auch? Allen Berichten zufolge war sie ja auch ein äußerst attraktives Gespenst gewesen.
    Ja, sie hatte das allerliebste Haar: Wie Klatschmohnseide floß es an ihr herunter bis zu ihren Kniekehlen. Und das, was dazwischen lag, war… war… wie konnte es nur geschehen, daß Dor das vorher noch nie bemerkt hatte? Millie war all diese Jahre sein Kindermädchen gewesen, sie hatte sich um ihn gekümmert, wenn seine Eltern zu tun hatten, und das war ziemlich oft.
    O ja, dafür hatte er durchaus Verständnis. Er hatte den anderen erzählt, daß der König seinen Eltern Bink und Chamäleon vertraute, und jeder, dem der König vertraute, war ziemlich beschäftigt, denn die Aufträge des Königs durften schließlich nicht irgendeinem Niemand anvertraut werden, dafür waren sie zu wichtig. Das stimmte ja auch alles. Aber Dor wußte auch, daß seine Eltern all diese wichtigen Missionen nicht unbedingt anzunehmen brauchten, die sie durch ganz Xanth und sogar noch über dessen Grenzen hinaus reisen ließen. Es gefiel ihnen einfach, zu reisen und fern von zu Hause zu sein. Im Augenblick waren sie wieder einmal weit weg, in Mundania, und nach Mundania reiste niemand zum Vergnügen. Der Grund für ihre Reise war er selbst, war sein Talent.
    Dor konnte sich noch gut daran erinnern, wie er vor mehreren Jahren mit dem Doppelbett gesprochen hatte, in dem Bink und Chamäleon schliefen. Er hatte es gefragt, was in der Nacht so alles geschehen sei, nur so, aus reiner Neugier, und es hatte geantwortet… na ja, es hatte geantwortet, daß es ziemlich interessant gewesen wäre, besonders weil Chamäleon in ihrer schönen Phase war, in der sie viel schöner und dümmer als Millie das Gespenst war, was doch einiges hieß. Doch seine Mutter hatte einen Teil des Gesprächs belauscht und seinem Vater davon berichtet. Daraufhin wurde es Dor untersagt, das Schlafzimmer zu betreten. Bink hatte es ihm sorgfältig erklärt: Es hatte nichts damit zu tun, daß seine Eltern ihn etwa nicht liebten, nein, sie waren nur etwas nervös wegen des Eindringens in ihre Privatsphäre«, wie sie es nannten. Deshalb neigten sie jetzt dazu, die interessantesten Dinge woanders zu tun, nicht zu Hause. Und Dor hatte gelernt, nicht herumzuschnüffeln. Jedenfalls nicht dann, wenn irgend jemand, der etwas zu sagen hatte, ihn dabei hätte erwischen können.
    Millie hatte sich dann um ihn gekümmert. Sie besaß keine Privatgeheimnisse. Na ja, es gefiel ihr zwar nicht, wenn er sich mit der Toilette unterhielt, obwohl das doch nur ein Topf war, der jeden Tag im hinteren Garten ausgekippt wurde, wo Dungkäfer das Zeug dann magisch in Rosen verwandelten, die wunderschön dufteten. Mit Rosen konnte Dor nicht reden, weil die lebendig waren. Er konnte sich zwar mit einer abgestorbenen Rose unterhalten, aber die konnte ihm dann auch nur erzählen, was sie nach dem Abgeschnittenwerden erlebt hatte, und das war nicht eben viel. Und Millie mochte es auch nicht, wenn er Jonathan veralberte. Aber davon abgesehen war sie ganz vernünftig, und er mochte sie auch. Doch ihre Figur hatte er eigentlich doch nie zuvor richtig beachtet.
    Millie glich sehr stark einer Nymphe, überall war sie weiblich gerundet und weich und so, und ihre Haut war so rein und glatt wie ein Milchkrautstrauch kurz vorm Melken. Meistens trug sie ein leichtes Kleid aus Gaze, das ihr ein ätherisches Aussehen verlieh, was wiederum an ihr Gespensterdasein erinnerte, ohne dabei jedoch die aufregend sanften Rundungen zu verbergen. Ihre Stimme war so sanft wie der Ruf eines Gespenstes, und doch war sie klüger als eine Nymphe und stofflicher als ein Gespenst. Sie hatte –
    »Herrje, was male ich mir da nur aus?« fragte Dor laut.
    »Woher soll ich das wissen?« erwiderte der Küchentisch gereizt. Er war aus knorrigem alten Eichenholz gezimmert und meistens ziemlich

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