Brennende Sehnsucht
ausgiebig. »Du siehst aus, als hättest du dir deinen Weg eigenhändig freigegraben.«
»Ich hätte mich aus einem Grab gegraben, um zu Phoebe zurückzukommen.« Er wandte sich an sie. »Ich weiß, was du gedacht haben musst.« Oh Gott, es tat so weh, sie anzuschauen und die Dunkelheit in ihrem Blick zu sehen. Sie war so blass, hatte dunkle Ringe unter den Augen und eingefallene Wangen. Sie sah schrecklich aus.
Doch für ihn war sie nie schöner gewesen.
»Ich liebe dich, Phoebe. Ich liebe dich mehr, als ich jemals für möglich gehalten habe, einen Menschen zu lieben. Ich weiß, dass du glaubst, es sei nur Begehren gewesen...« Sie wollte widersprechen, doch er hob die Hand. »Ich hätte dir in jener ersten Nacht schon sagen sollen, dass ich dich liebe. Ich hätte dir sofort einen Antrag machen sollen, als ich dich in meine Arme zog, um mit dir von dem Champagner davonzutanzen, den du verschüttet hattest.«
»Wusst ich’s doch«, giftete Tessa aus dem Publikum.
Deirdre und Sophie drehten sich gleichzeitig um und starrten sie an. »Haltet den Mund, Tessa!«
Phoebes Blick ruhte die ganze Zeit auf Rafe. »Darf ich jetzt etwas sagen?«
»Noch nicht.« Er trat vor sie. »Ich schulde dir so viel mehr, als ich dir jemals geben kann.« Niederzuknien ließ ihn fast in Ohnmacht fallen, aber er blinzelte den grauen Nebel einfach weg. Dann griff er in sein Hemd und zog eine zerfledderte Rose heraus, ein armes, wildes Ding von einer am Straßenrand wachsenden Wildrosenhecke.
Sich verbeugend reichte er sie ihr. »Kommt mit mir fort, meine Dame«, krächzte er. »Ich nenne ein Tal exquisiter Schönheit mein eigen, das nur mir bekannt ist...«
»Ist das Lord Raphael?« Der Erzbischof von Canterbury trat vor. »Mylord, ist Euch bewusst, dass die Zeremonie bereits vollzogen wurde?«
»Nein...« Rafe schüttelte den Kopf. »Ja, ich meine... was habt Ihr gesagt?«
Es war vorbei. Er sah Phoebe mit gequältem Blick an. Sie starrte auf die zerfledderte Rose in seinen Händen. Tränen glänzten auf ihren Wangen.
Sie kniete sich neben ihn, um die Rose zu nehmen. »Deine armen Hände«, flüsterte sie. »Was hast du dir nur angetan?«
»Das ist äußerst ungewöhnlich, Mylord.« Der Erzbischof griff mit einer Hand in seine voluminöse Robe und zog ein gefaltetes Blatt Papier heraus. »Mir war versichert worden, dass Ihr heute nicht hier wärt.«
»Aber...« Rafe konnte sich nicht mit diesem Unglück abfinden. »Aber ich habe sie als Erster gefragt.«
Seine Stimme klang schwach, selbst in seinen Ohren, aber Phoebe nickte und strich sich mit der Blüte über die Wange. »Ja. Das hast du.«
»Das hättet Ihr bedenken sollen, bevor Ihr diese Vollmacht unterzeichnet habt, Mylord«, fuhr der Erzbischof verärgert
fort. »Ich bin kein Freund dieser überstürzten Hochzeiten. Ich habe das auch Eurem Bruder und Eurer Ehefrau gesagt, aber Seine Lordschaft und Ihre Ladyschaft haben darauf bestanden.«
Rafe richtete sich taumelnd auf. »Was... wartet...« Er hob eine Hand. »Vollmacht?«
Ehefrau?
»Ja, Rafe.« Calder trat vor und nahm dem Erzbischof das Blatt aus der Hand. Er faltete es auf und hielt es Rafe hin, wobei er ihn mit einem finsteren Blick bedachte, den Rafe aus Jahren halb verschworener Bruderschaft nur allzu gut kannte. Vermassel das jetzt bloß nicht!
»Natürlich erinnerst du dich an die Vollmacht, die du unterzeichnet hast, damit ich dich vor dem Altar vertreten kann, falls du aus einem wichtigen Grund verhindert wärest«, sagte Calder. »Das ist doch deine Unterschrift, oder etwa nicht?«
Die vereinbarte Antwort auf diese Frage lautete: »Ja, gewiss doch, Vater« oder »Herr« oder »Professor«.
Rafe schaute auf die Vollmacht. Es war seine Unterschrift, und es war eine verdammt viel bessere Fälschung als diese Kerle, die ihn gefangen gehalten hatten, zustande gebracht hatten.
Ehefrau.
Seine Phoebe.
Seine Frau.
Es war ein verrückter, unmöglicher Trick. Es war ein fantastisches, unfassbares Geschenk. Freude stieg in ihm auf, so herrlich wie der Springbrunnen eines Schlosses. Er nickte langsam. »Ja, gewiss, Euer Gnaden. Das ist unverkennbar meine Unterschrift.«
Calder wandte sich an den Erzbischof. »Seid Ihr nun zufrieden? Mein Bruder war nur ein wenig verwirrt wegen der
Qual, die er offenbar durchstehen musste. Lasst uns die Sache zu Ende bringen.«
»Einen Augenblick!« Jetzt hob Phoebe die Hand. »Ich will die Sache nicht zu Ende bringen.«
Sie wandte sich an Rafe und stützte beide Fäuste auf
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