Brennende Sehnsucht
Gehrock, eine glänzende weiße Weste und einen zierlichen Hut, den er zog, als er sich tief verneigte.
»Lementeur, stets zu Diensten, Mylord.«
Rafe blinzelte. »Der Schneider?«
Der Mann zuckte elegant die Achseln. »Ich ziehe es vor, als Schöpfer schöner Kleider bekannt zu sein, aber für den Augenblick tut es das auch.« Er winkte ab. »Ich bin gekommen, um Euch bei Eurem Vorhaben zu unterstützen, Mylord.« Er seufzte zufrieden. »Werden Euch bei diesen Worten nicht die Knie ganz weich?«
Da Rafes Knie bereits vor vielen Meilen weich geworden waren, starrte er den Mann nur an.
Lementeur setzte den Hut zurück auf seinen Kopf und grinste. »Ich wette, Ihr fragt Euch, woher ich weiß, wo Ihr zu finden wart. Es war ein hübsches kleines bisschen Detektivarbeit...«
Rafe schüttelte benommen den Kopf. »Nicht wirklich. Aus dem Dorf dort hinten ist ein Brief abgeschickt worden.« Er deutete mit dem Daumen über die Schulter. »Das hier ist die einzige Straße nach London.«
Lementeur runzelte die Stirn. »Oh. Äh, ja.« Doch er fing sich rasch und lächelte bald wieder. »Es tut mir leid, dass ich so lange gebraucht habe, aber ich hatte wirklich teuflische Probleme, ein Weißes zu bekommen.«
Da dieser Tag – nein, diese Woche! – schon so merkwürdig verlaufen war, entfachte diese Aussage nur leichte Neugier in Rafe. »Ein Weißes...?«
Der kleine Mann lachte. »Ein weißes Pferd, natürlich!« Mit einer Verbeugung und einem Winken seiner Hand deutete er auf die Rückseite des Einspänners.
Rafe taumelte ein Stückchen nach links, und da erblickte er – wie eine Fata Morgana – ein edles, weißes, langbeiniges Vollblut, gesattelt und aufgezäumt, das an der Rückseite des lächerlichen Einspänners festgemacht war.
Das Feuer seiner Sehnsucht, Phoebe wiederzusehen, flammte erneut in Rafe auf, brannte den Rest seiner Verzweiflung nieder. Er wandte sich an den Schneider. »Welcher Tag ist heute?«
Der Mann neigte den Kopf und schaute ihn aus seltsam weisen Augen an. »Heute ist der Tag, Mylord.«
Einen Moment später blickte Lementeur einer Staubwolke hinterher, die von stampfenden Hufen aufgewirbelt wurde. Er lächelte und drückte mit einem Finger seinen Hut in eine etwas verwegenere Position. »Sir Sprinkle«, sagte er zu dem dickbäuchigen Pony, »wir haben heute etwas sehr Gutes vollbracht.« Er kletterte glücklich seufzend auf den Kutschbock zurück und schnalzte mit der Zunge. »Etwas sehr, sehr Gutes. Und jetzt müssen wir uns beeilen, sonst verpassen wir noch die Hochzeit!«
Einundfünfzigstes Kapitel
R afe glitt von seinem edlen Schimmel und taumelte über das Kopfsteinpflaster vor der Kathedrale. Er wäre mit seinem wunderbaren, schönen Pferd direkt bis zum Altar geritten, wenn er geglaubt hätte, dass das ginge, denn seine eigenen Beine wollten ihm im Augenblick nicht so recht gehorchen.
Doch so humpelte, taumelte und stolperte er durch die große Tür in das Schiff der enormen Kirche.
Direkt in eine Masse von Zuschauern, die dort standen, weil es keine Sitzplätze mehr gab. Die Kirche war bis auf den letzten Platz besetzt, und Rafe brauchte einige kostbare Minuten, um sich um Entschuldigung bittend und manches Mal die Ellenbogen einsetzend durch die Menge zu schieben.
Er konnte den Geistlichen sprechen hören. Die Zeremonie hatte bereits begonnen! Mit dem letzten Rest Verzweiflung, der ihm geblieben war, warf er sich durch die Zuschauermenge und taumelte den Gang in Richtung Altar entlang. Seine Beine versagten ihm den Dienst, und er fiel auf die Knie.
»Phoebe!« Seine Stimme war zu schwach. Er hustete. »Phoebe!«
Er versuchte sich blinzelnd von der Erschöpfung zu befreien, die ihm schier die Sicht nahm. Weit vor sich sah er zwei Personen vor dem Altar stehen – eine groß und dunkel, die andere klein und weiß. Die Weiße drehte sich bei seinem gekrächzten Aufschrei um.
»Rafe?«
Er hörte Gemurmel um sich herum. Hände griffen nach ihm und halfen ihm auf die Beine. Noch mehr Hände halfen ihm den Gang entlang. Gute Samariter oder Zuschauer, die gebannt auf den Rest des Spektakels warteten – aber das war egal. Irgendwann stand er schließlich, leicht schwankend, vor ihnen.
Sein Bruder und die Frau, die er liebte, standen gemeinsam vor einem Geistlichen. Das tat weh. Gott, wie tat das weh!
Calder starrte ihn an. »Um Gottes willen, Rafe! Wo hast du gesteckt?«
»Man hat mich die letzten Tage in einem Rübenkeller gefangen gehalten.«
Calder betrachtete ihn
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