Brennendes Land
gewesen, dort einzukehren. Oscar spürte, dass sich die Stimmung seiner kleinen Mannschaft grundlegend geändert hatte. Die Crew hatte wirklich Spaß gehabt. Man hatte ihnen wiederholt gesagt, dass sie sich im Staate Louisiana befänden, doch nun spürten sie diesen Umstand auch in ihrem mächtig aufgepeppten Kreislauf.
Das hier war nicht mehr Boston. Das war nicht mehr das dicke Ende der Massachusetts-Kampagne. Sie befanden sich in einem Zwischenstadium und standen vielleicht, wenn man nur fest genug daran glaubte, am Anfang von etwas Besserem. Oscar war mit seinem Leben im Reinen. Sein Leben verlief nicht in normalen Bahnen, bot ihm aber äußerst interessante Herausforderungen. Nun wandte er sich der nächsten Herausforderung zu. Was sollte ihm schon passieren? Zumindest waren sie jetzt alle gesättigt.
Abgesehen von Jimmy, dem schwer beschäftigten Fahrer, der extra dafür bezahlt wurde, dass er sich nicht besinnungslos betrank, war nur noch Oscar im Bus wach. Oscar war zumeist der Letzte, der einschlief, und der Erste, der morgens aufwachte. Oscar schlief überhaupt nur wenig. Seit dem Alter von sechs Jahren schlief er nachts für gewöhnlich nur etwa drei Stunden.
Als kleines Kind hatte er in den langen Stunden des Wachseins einfach still dagelegen und sich überlegt, wie er mit den verrückten Kapriolen seiner Hollywood-Adoptiveltern umgehen sollte. Den Malstrom aus finanziellen Krisen, Drogen und Berühmtheit zu überleben, hatte großen Weitblick erfordert.
Auch später hatte Oscar sich die Nachteulenstunden zu Nutze gemacht: zunächst beim Studium der Betriebswirtschaft, dann bei dem Biotech-Start-up, wo er seinen langjährigen Buchhalter und Finanzberater Yosh Pelicanos und auch seine zuverlässige Terminplanerin und Sekretärin Lana Ramachandran kennen lernte. Nach dem Verkauf seiner ersten Firma hatte er die beiden behalten, auch in den Jahren des Booms an der Route 128 im Silicon Valley. Die Wirtschaft kam Oscars Begabungen und Neigungen entgegen, gleichwohl war er alsbald in die Parteipolitik übergewechselt. Eine erfolgreiche und innovative Kampagne zur Wahl des Bostoner Stadtrats ließ Alcott Bambakias auf ihn aufmerksam werden. Darauf war der Wahlkampf zum US-Senat gefolgt. Die Politik war sein neues Betätigungsfeld. Die Herausforderung. Das, worum es ihm ging.
Und deshalb war Oscar mitten in der Nacht wach und arbeitete. Im Allgemeinen beendete er den Tag mit Tagebuchaufzeichnungen, einer Zusammenfassung der getroffenen Entscheidungen und wichtiger Vorkommnisse. Heute formulierte er sorgfältig Anmerkungen zu dem Audiotape, das Fontenot von den Highway-Banditen der Air Force aufgenommen hatte. Er schickte die Datei Alcott Bambakias, verschlüsselt und mit dem Zusatz ›persönlich und vertraulich‹ versehen. Er hatte keine Ahnung, ob diese Momentaufnahme des modernen Chaos in Louisiana die sprunghafte Aufmerksamkeit seines Arbeitgebers fesseln würde. Trotzdem war es unbedingt notwendig, den Fluss der Nachrichten und Ratschläge übers Netz aufrecht zu erhalten. Nicht in der Nähe des Senators zu sein, mochte sich noch in mancherlei Hinsicht als nützlich erweisen, doch von ihm vergessen zu werden, wäre gleichbedeutend mit beruflichem Selbstmord gewesen.
Oscar sammelte sich und sandte eine freundliche Email an seine Freundin Clare, die in seinem Haus in Boston lebte. Er studierte und aktualisierte seine persönlichen Dateien. Er überprüfte und addierte die Ausgaben des heutigen Tages. Er machte einen Eintrag ins Tagebuch.
Er hatte schon viele Rückschläge erlitten, doch einer Herausforderung, bei der die Gefahr einer vollständigen Niederlage bestanden hätte, war er noch nicht begegnet.
Er klappte zufrieden den Laptop zu und legte sich schlafen. Er zuckte, wälzte sich umher. Schließlich setzte er sich auf und klappte den Laptop wieder auf.
Zum zweiundfünfzigsten Mal studierte er das Video von den Worcester-Unruhen.
2
Der Wissenschaftler trug karierte Bermudashorts, ein verwaschenes gelbes T-Shirt, Riemensandalen und keinen Hut. Oscar war gern bereit, sich mit den unbekleideten, knochigen Beinen und sogar mit dem altmodischen Bart ihres Führers abzufinden. Doch es war schwer, jemanden ernst zu nehmen, der keinen Hut trug.
Das fragliche Tier war dunkelgrün, sehr sehnig und hatte ein Fell. Dies war ein Binturong, ein ehemals in Südostasien beheimatetes Säugetier, das in der Wildnis seit langem ausgestorben war. Dieses Exemplar war an Ort und Stelle im Buna National
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