Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
Menschen. Wir haben uns in einer Alternativgesellschaft eingerichtet, wir können es uns nicht leisten, als mordende Marodeure dazustehen. Die Mädchen behalten eher einen kühlen Kopf, wenn’s um urbane Sabotage geht. Außerdem kommen sie mit geringeren Strafen davon, wenn sie mal geschnappt werden.«
    »Ich möchte nicht undankbar erscheinen, General, aber ich bin mir nicht sicher, ob Ihnen der Ernst der Lage klar ist.«
    »Nein«, sagte Greta. »Junge Mädchen sind prima.«
    »Ich denke, ich mache Sie mal mit einigen unserer Kommandantinnen bekannt. Dann können Sie Taktik und Bewaffnung absprechen.«
     
    Oscar fuhr in einem getürkten Kirchenbus nach Buna zurück, der vollgestopft war mit drei Platoons der Nomadensoldatinnen. Er hätte auch mit Kevin mitfahren können, hatte es aber vorgezogen, sich ein Bild von den Kämpferinnen zu machen.
    Beim Anblick vierzehn- bis siebzehnjähriger Mädchen fiel es schwer zu glauben, dass man eine paramilitärische Eingreiftruppe vor sich hatte, welche in der Lage sein sollte, die Polizeikräfte zu schlagen. Doch in einer von Überwachungstechniken infizierten Gesellschaft mussten Milizen notgedrungen seltsame Formen annehmen. Diese Mädchen waren nahezu unsichtbar, weil niemand mit ihnen rechnete.
    Die Mädchen waren körperlich fit und sehr still. Sie wirkten wie Turnerinnen und reisten in kleinen Gruppen. Die Platoons wurden in Einsatzgruppen von je fünf Personen aufgeteilt, die von älteren Frauen koordiniert wurden. Diese Platoon-Sergeants wirkten so harmlos, dass man meinte, sie könnten keiner Fliege etwas zuleide tun.
    Sie alle wirkten harmlos aufgrund ihrer Kleidung. Die Nomadenweiber hatten die schauerliche Straßenkleidung aus Leder und Plastik zu Hause gelassen. Nun trugen sie kleine Hüte, orthopädische Schuhe und schlecht sitzende geblümte Kleider. Ihre Tätowierungen hatten die jungen Soldatinnen sorgfältig mit hautfarbenem Wachs abgedeckt. Sie hatten sich das Haar frisiert. Sie trugen helle, moderne Jacken und gemusterte Leggings, die sie wahrscheinlich in einer bewachten Wohngegend aus einer Mall entwendet hatten. Die Moderatorenstreitmacht ähnelte einer Hockeymannschaft auf der Jagd nach Schoko-Milchshakes.
    Als die Busse und deren Insassen erfolgreich die Ostschleuse passiert hatten, war die Einnahme des Labors nurmehr eine Frage der Zeit. Oscar beobachtete fassungslos, wie das erste Platoon einen Polizeiwagen angriff und zerstörte.
    Zwei Polizisten in einem Wagen bewachten die Schleusen des Hochsicherheitstrakts, in dem Gretas Streikkomitee in düsterer Stimmung der Räumung harrte. Ohne Vorwarnung fasste sich das jüngsten der fünf Mädchen an den Kopf und stieß ein markerschütterndes Geschrei aus. Die Polizisten stiegen verdutzt aus und eilten dem Mädchen zu Hilfe. Sie gerieten in ein unsichtbares Gewirr von Stolperdrähten, die ihre Stiefel aneinanderzurrten. Es stank nach verbranntem Plastik. Als die Polizisten zu Boden gingen, beschossen zwei andere Mädchen sie mit Spraypistolen und klebten sie am Boden fest.
    Ein zweites Platoon sammelte sich, stürzte den kleinen Polizeiwagen um und nahm die Monitore und das Armaturenbrett auf Webvideo auf.
    Auf sein Drängen hin führte Kevin persönlich den Angriff auf die Polizeistation an. Kevins Beitrag bestand darin, eine weibliche Schalterbeamtin in ein Gespräch zu verwickeln, während dreißig plappernde und kichernde junge Frauen das Gebäude betraten. Lächelnde Polizisten, die sehen wollten, was da los war, wurden aus kürzester Entfernung mit einem Netz gefangen. Mundtot gemacht, blind und nach Atem ringend waren sie leichte Beute für ausgebildete Kämpferinnen, die sie bei den Handgelenken packten, ihnen gegen die Knöchel traten und sie erstaunlich kraftvoll zu Boden warfen. Anschließend wurden sie mit Handschellen gefesselt.
    Binnen vierzig Minuten hatten die Moderatoren die staatliche Forschungseinrichtung erobert. Die Streitmacht der fünfzig Mädchen war nicht zu schlagen. Um halb sieben war die Aktion abgeschlossen.
    Gleichwohl war es zu einem taktischen Fehler gekommen. Der Sicherheitsdirektor des Labors war weder an seinem Arbeitsplatz noch zu Hause. Das Platoon, das ihn hatte festnehmen sollen, traf dort lediglich seine überraschte Frau und zwei Kinder an.
    Es stellte sich heraus, dass der Sicherheitschef mit seiner Geliebten in einer Bar Bier trank. Junge Mädchen konnten keine Bar betreten, ohne aufzufallen. Sie versuchten, ihn ins Freie zu locken, fielen in der schlechten

Weitere Kostenlose Bücher