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Brennendes Land

Brennendes Land

Titel: Brennendes Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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das da?«
    »Funktioniert das Gerät?«
    »Keine Ahnung. Summt aber ganz ordentlich, wenn man den Stecker reinsteckt.«
    Pelicanos tauchte auf. Er hatte eine gebrauchte Jacke gekauft – eine scheußliche Sportjacke aus unverwüstlichem schwarzem und purpurfarbenem Gore-Tex.
    »Danke, Yosh«, sagte Greta und zog die bauschige Jacke an. Als sie das hässliche Ding bis ans Kinn geschlossen hatte, wurde sie zu einem integralen Bestandteil der örtlichen Szenerie. Sie wirkte jetzt normal, wie eine gewöhnliche ärmliche Unterschicht-Shopperin.
    »Ich wünschte, Sandra wäre hier«, sagte Pelicanos ruhig. »Sandra würde es hier gefallen. Das heißt, wenn unsere Probleme nicht wären.«
    Oscar war zu angespannt, um zu shoppen. Er machte sich um Kevin Sorgen. Er bemühte sich, einen Notfallplan auszutüfteln für den Fall, dass Kevin keinen nützlichen Kontakt herstellen konnte oder gar verschwand.
    Greta hingegen schlenderte mit wahrer Begeisterung an den Ständen entlang. Die Schmerzen und Sorgen hatte sie hinter sich gelassen. In jedem Wissenschaftler steckt ein Hardware-Junkie.
    Doch nein, so einfach war es nicht. Greta war in ihrem Element. Oscar wurde jäh bewusst, was es bedeuten würde, mit Greta verheiratet zu sein. Ausrüstungsteile auszusuchen war Teil ihrer Arbeit, und die Arbeit ging ihr über alles. Das alltägliche Zusammenleben mit einer engagierten Wissenschaftlerin würde voller Momente wie diesem sein. Er würde pflichtschuldigst hinterdreinzotteln, um den Anschluss nicht zu verlieren, und sie würde ihre ganze Aufmerksamkeit Dingen widmen, die er niemals verstehen würde. Ihre Beziehung zur materiellen Welt war gänzlich anders geartet als die seine. Sie liebte Geräte, aber sie hatte keinen Geschmack. Es würde eine Qual sein, mit einer Wissenschaftlerin ein Zuhause einzurichten. Er würde sich mit billigem und hässlichem Geschirr abfinden müssen.
    Sein Handy läutete. Kevin war dran.
    Oscar befolgte die Anweisungen und gelangte nach einer Weile zu dem Zelt, das Kevin ihm beschrieben hatte. Das Zelt war schwer zu verfehlen. Es handelte sich um eine längliche Kuppel aus bunter Fallschirmspringerseide, worin ein Zweimann-Leichtflugzeug, sechs Fahrräder und zahlreiche Feldbetten untergebracht waren. Hunderte bunter Schnüre aus Chemglowfolie hingen von den Zeltnähten bis auf Schulterhöhe herab. Ein Dutzend Prolos saßen auf weißen Plastikteppichen. Fünf von ihnen waren damit beschäftigt, eine Zeitung zu erstellen.
    Kevin plauderte gerade mit einem Mann, den er als ›General Burningboy‹ vorstellte. Burningboy war in den Fünfzigern, hatte einen langen, graumelierten Bart und einen schmutzigen Cowboyhut auf dem Kopf. Der Nomadenguru trug mit kunstvollen Stickereien verzierte Jeans, einen weiten handgestrickten Pullover und alte Militärschnürstiefel. Drei elektronische Haftverschonungsfesseln zierten seine behaarten Handgelenke.
    »Hallo«, sagte der Prologeneral. »Willkommen in Canton Market. Setzen Sie sich auf den Boden.«
    Oscar und Greta nahmen auf dem Teppich Platz. Kevin saß bereits und hatte die Schuhe ausgezogen. Er massierte sich geistesabwesend die müden Füße. Pelicanos nahm nicht an der Unterredung teil, sondern wartete in diskreter Entfernung. Er war ihr Mann für den Notfall.
    »Ihr Freund hat mir soeben viel Geld gegeben, bloß um mir eine Stunde meiner Zeit abzukaufen«, bemerkte Burningboy. »Hat mir eine erstaunliche Geschichte aufgetischt. Aber wenn ich Sie mir so ansehe…« Er musterte Oscar und Greta nachdenklich. »Ja, das könnte hinhauen. Ich schätze, ich kauf ihm seine Story ab. Was also kann ich für Sie tun?«
    »Wir brauchen Ihre Hilfe«, sagte Oscar.
    »Ich hab’s geahnt.« Der General nickte. »Normale Leute bitten uns erst dann um einen Gefallen, wenn alle anderen Stricke reißen. Sowas passiert uns ständig – aus heiterem Himmel tauchen irgendwelche reichen Idioten auf. Haben immer komische Vorstellungen davon, was wir für sie tun können. Haben einen genialen Plan, der nur vom sprichwörtlichen Abschaum in die Tat umgesetzt werden kann. Zum Beispiel sollen wir ihnen helfen, Heroin herzustellen… Oder Aluminiumprofile zu verkaufen.«
    »Wir haben nichts dergleichen im Sinn, General. Sie sollten sich meinen Vorschlag erst einmal anhören.«
    Der General schlug die Beine übereinander. »Das mag Sie vielleicht wundern, Mr. Valparaiso, aber selbst wertlose Untermenschen wie wir sind mit ihrem eigenen Leben beschäftigt! Heute ist der erste Marktmontag.

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