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Bretonische Brandung

Bretonische Brandung

Titel: Bretonische Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Luc Bannalec
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war nicht sicher, was er antworten sollte.
    »Ja. So oder so, das wird gehörige Wellen schlagen. Savoir ist eben angekommen. Ich gehe jetzt die Insel ab.«
    »Sie sind schon dort?«
    »Ja.«
    »Mit dem Boot?«
    »Ja.«
    Das zweite Ja hatte viel resignierter geklungen, als Dupin es beabsichtigt hatte.
    »Kann ich im Moment etwas tun?«
    »Nein. Erst einmal müssen wir die Identität der Toten ermitteln.«
    Dupin hatte tatsächlich kein konkretes Anliegen gehabt. Er hatte bloß gewollt, dass Nolwenn im Bilde war. Nolwenn war sein Anker, seit dem ersten Tag in seiner neuen »Heimat«. Sie war universell patent und pragmatisch, nichts in der Welt – und auch darüber hinaus, stellte Dupin sich vor – schien sie aus der Fassung bringen zu können. Sie würde in drei Wochen das erste Mal seit zwei Jahren Urlaub machen, weit weg, am mediterranen Rand der Pyrenäen, in Portbou. Seit er davon erfahren hatte, machte es Dupin erheblich nervös, sie plante volle vierzehn Tage am Stück.
    »Der Präfekt wird Sie heute noch einmal persönlich sprechen wollen. Nach den ersten Erörterungen bei seinem Treffen auf Guernsey. Wir hatten einen Telefontermin für den Nachmittag vereinbart. Ich befürchte, das wird jetzt ganz und gar unmöglich sein. Ich werde ihm über sein Büro eine Nachricht zukommen lassen.«
    »Ich – das ist – wunderbar! Ja. Die Verbindung hier draußen ist sehr schlecht. Er wird sich das denken können – ich befinde mich gewissermaßen mitten im Meer.«
    »Der Präfekt wird von dem neuen Mast auf Penfret wissen. Die Einweihung war ein Ereignis. Auch wenn er wirklich leistungsstärker sein könnte. Aber – ich nehme doch an, dass Sie sich in Ihrer Ermittlung befinden werden. Drei Leichen, ich meine, für bretonische Verhältnisse … Egal wie sie zu Tode gekommen sind. Eine rasche Aufklärung wird auch im Interesse des Präfekten sein.«
    Dupins Stimmung hob sich, das erste Mal an diesem Tag.
    »Sehr gut, ja. So ist es.«
    Erst jetzt dachte er doch einen Augenblick darüber nach, warum das mit dem Mast so ein »Ereignis« gewesen war, dass alle davon wussten.
    »Ich werde also mitteilen, dass erst einmal nicht mit Ihrem Anruf zu rechnen ist.«
    »Ausgezeichnet.«
    Dupin zögerte.
    »War – wie war es beim Arzt? Ich meine …«
    »Alles in Ordnung.«
    »Da bin ich froh.«
    Er kam sich ein wenig albern vor.
    »Danke. Woran Sie unbedingt noch denken sollten, ist, Ihre Mutter anzurufen. Sie hat heute bereits drei Mal auf den Anrufbeantworter gesprochen.«
    Das fehlte ihm noch. Er vergaß es die ganze Zeit. Seine Mutter. Zum allerersten Mal seit seiner »Verbannung in die Provinz« – so nannte sie es bis heute konsequent – hatte sie sich vorgenommen, ihn zu besuchen. An diesem Donnerstag. Und seit Wochen rief sie an, mittlerweile täglich, um noch eine »wichtige Frage« zu klären, bei der es sich immer nur um eine einzige Angst drehte: ob es derart weit entfernt von der Metropole noch ein hinreichendes Maß an zivilisatorischen Standards gab. Dupin hatte sie – Anna Dupin, die traditionell elitäre Pariserin aus großbürgerlichem Haus, tyrannisch wenn es sein musste, ansonsten bezaubernd, und die Paris nur verließ, wenn es unumgänglich war – natürlich im besten Hotel Concarneaus untergebracht. Und er hatte selbstverständlich das teuerste Zimmer gebucht, die »Suite Navy«, aber sie schien es dennoch nicht für ausgemacht zu halten, dass es über fließendes Wasser verfügte.
    »Mach ich.«
    »Gut.«
    »Danke, Nolwenn.«
    Dupin legte auf. Er musste sich wirklich noch um einiges für diesen Besuch kümmern, hauptsächlich um seine Wohnung. Auch wenn sie gar nicht besonders unordentlich war, aber er hatte keine Lust, sich die geringste Blöße zu geben. Am besten, sie würden gar nicht erst in seine Wohnung gehen. Er würde den gesamten Besuch an anderen Orten stattfinden lassen.
    Dupin war um einen kleinen Vorsprung herumgelaufen, hier endete jäh der weiße Sandstrand. Struppiges, buschiges, fettes Grün – Halme, Gräser, Farne – wuchs bis zur felsigen Meereslinie hinunter. Das Gestein der Insel zog sich an dieser Stelle dreißig, vierzig Meter ins Wasser, erst dort war wieder Sand. Dupin betrat den schmalen, steinigen Trampelpfad, der einmal um die Insel führte, ein alter Schmuggler- und Piratenweg, wie sie hier an den Küsten allerorts zu finden waren. Über Hunderte Jahre waren die Glénan das Reich ruhmvoller Piraten gewesen, »böser« englischer zum Beispiel und »guter« bretonischer,

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