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Brigade Dirlewanger

Brigade Dirlewanger

Titel: Brigade Dirlewanger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Reichssicherheitshauptamt bei Obergruppenführer Gottlob Berger. Dieser ist der Erfinder Dirlewangers und eigentlich der einzige, der voll zu ihm steht. »Der Mann hat nur 'nen sittlichen Knacks«, argumentiert Berger wörtlich, »er ist der letzte Landsknecht … womit ich Georg von Frundsberg nicht beleidigen will.«
    Immer, wenn man Dirlewanger für seine Greueltaten stellen will, präsentiert man in der Prinz-Albrecht-Straße einen Erfolgsbericht: Tausend Personen liquidiert, drei Dörfer niedergebrannt, zweitausend russische Fremdarbeiter nach Deutschland verschleppt, Planquadrat XY2 von Partisanen restlos gesäubert.
    Und Oskar Dirlewanger erhält Aufschub und Orden …
    Wer ist dieser Mann, dessen Verbrechen Kommandanten von Vernichtungs-KZs und Leiter von Einsatzgruppen in den Schatten stellen? Gegen den die Partei, die Wehrmacht und selbst die SS Sturm laufen? Den das RSHA als notwendiges Übel erachtet, das russische Land durch Terror niederzuhalten?
    Als Oberleutnant der Reserve aus dem ersten Weltkrieg zurückgekehrt, schloß er sich einem Freikorps an und ging mit einem selbst gebastelten Panzerzug gegen die Roten vor. Aus dieser Zeit stammt die Freundschaft mit Gottlob Berger. Dann studierte Dirlewanger Volkswirtschaft und promovierte zum Dr. rer. pol. Er fand keine richtige Arbeit und wurde ›Alter Kämpfer‹. Zur Belohnung avancierte er 1933 zum Direktor des Arbeitsamts Heilbronn. Er verkrachte sich mit dem dortigen Kreisleiter und beschuldigte ihn der Unterschlagung von Geldern der Winterhilfe.
    Mittlerweile aber saß Dirlewanger selbst auf der Anklagebank wegen eines Notzuchtverbrechens, verübt an einer Fünfzehnjährigen. Der Vorsitzende, auch ein Nationalsozialist, schickte ihn dafür zweieinhalb Jahre ins Zuchthaus. Die braune Karriere Dirlewangers schien beendet.
    Aber Gottlob Berger ließ den Mann mit dem ›sittlichen Knacks‹ nicht aus den Augen, schickte ihn zur Legion Condor nach Spanien, betrieb ein fadenscheiniges Wiederaufnahmeverfahren, das den Freund unter Druck wegen Mangels an Beweisen freisprach. Es genügte, um Dirlewanger, wenn auch in bescheidener Stellung, wieder in den Orden der SS aufzunehmen.
    Im Rahmen des Partisanenkriegs bringt Gönner Berger seinen Kumpanen wieder ins Geschäft. Im KZ Oranienburg wird ein Kommando von hundertachtzig Wilddieben zusammengestellt, die das RSHA in seiner Wildwest-Mentalität für kundige Waldgänger hält. Dirlewanger ›bewährt‹ sich blendend, rottet die ersten Dörfer aus und verheizt seine Wilddiebe fast bis zum letzten Mann. Sein Vorschlag, die B-Soldaten künftig aus Berufsverbrechern zu rekrutieren, wird angenommen. Damit ernennt man erstmals in der Geschichte eine Verbrecherbande zur regulären Soldateneinheit. Unter Führung eines Kriminellen. Aus einem geborenen Verbrecher wird ein lizenzierter Mörder, den man aus Gründen der Disziplin mit eigener Gerichtsbarkeit ›ohne Papierkrieg‹ ausstattet.
    »Wo sind die Mädchen?« fragt Dirlewanger jetzt.
    »Gleich«, entgegnet Weise. Er kaut die Worte vor: »Eine unangenehme Sache, Sturmbannführer …«
    »Und?«
    »Aumeier hat sich an einer Rotkreuzschwester vergriffen … in Kiew, wo er organisieren sollte …«
    »Der schon wieder … Dem Hammel zieh' ich die Beine lang!«
    »Befehl vom Reichsführer SS«, antwortet der Adjutant, »er ist zu erschießen …«
    »Quatsch!« erwidert Dirlewanger. Die Hand, die nach dem Schnapsglas greift, zittert leicht.
    »Vollzugsmeldung binnen achtundvierzig Stunden … Morgen läuft die Frist ab … Wir müssen ihn umlegen.«
    »Und dann verhungern, was?« brummelt Dirlewanger. »Der Mann bleibt so lange am Leben, bis Sie Ersatz für ihn gefunden haben, klar?«
    »Jawohl, Sturmbannführer.«
    »Dann machen Sie sich gefälligst auf die Socken, morgen … Suchen Sie mir einen neuen Fleischer …« Dann lächelt er.
    Weise sieht ihn bedeutungsvoll an. Drei blutjunge Russenmädchen, heute morgen aus einem angeblichen Partisanenhaus verschleppt, servieren mit gehetzten, verängstigten Gesichtern Buttercremetorte und Likör.
    Der Gastgeber steht auf und sagt mit großartiger Geste zu seinen Gästen: »Bitte, meine Herren, greifen Sie zu.«
    Minuten später hören Burggendarmen vor dem Schloß die schrillen Schreie der drei Russenmädchen.
    Mitten in der Nacht fährt der B-Soldat Paul Vonwegh erschrocken hoch. Zu spät. Trotz aller Anstrengung ist er eingeschlafen. Er weiß, daß der Schatten, der lautlos in die Baracke zurückhuschte,

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