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Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Titel: Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Borowiak
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meinen Tannenbaum anknabbern würde. Außerdem hatte unser Blickkontakt etwa s – ich könnte mich geirrt haben, aber ich vermute noch heute, dass ich recht hatt e –, also unser Blickkontakt hatte etwas irgendwie Brüderliches. Als hätten wir etwas gemeinsam. Als würden wir beide die Gefühle des Gegenübers nicht nur erahnen, sondern sogar KENNEN. Es war ein Moment des instinktiven Verstehens. Vielleicht einfach nur der Gleichklang zweier trauriger Kreaturen?
    »Natürlich!«, sagte ich daher großzügig zu Herrn Rudi: »Knabbern Sie, knabbern Sie!«

    Herr Rudi nickte dankbar und wandte sich dem Bäumchen zu. Nun stand er mit dem Rücken zu uns, sodass ich die Gelegenheit nutzte, hinter eben diesem Rücken noch etwas mehr über ihn zu erfahren. Und wisperte der Fee zu: »Arbeitet ihr eigentlich schon lange zusammen? Oder seid ihr ein neues Team?«
    Die Fee schaute gequält drein: Man sei vor einem Jahr einander zugeteilt worden; Herr Rudi frisch von der Rentierschule, während sie selbst bereits auf acht Jahre Berufserfahrung zurückblicken könne. Entsprechend souverän habe sie Herrn Rudi in sein Berufsleben einführen wollen, aber der Bursche se i – so frisch von der Schul e – ziemlich verdorben gewesen: »Alles hat er wörtlich genommen! Nimmt er heute noch! Da gibt’s ja kaum Spielraum für die Kleinigkeiten, die einem das Leben erleichtern. Ein Paragrafenreiter! Bis ich ihn mal so weit hatte, dass er eine Bestellung bei einem Lieferservice abstempel t – es gab beinahe Mord und Totschlag.« Die Fee grinste plötzlich siegessicher: »Aber ICH hatte den längeren Atem! Und die älteren Rechte! Und das bessere Druckmittel!«
    Erpressung schien ein fester Bestandteil der Kommunikationsgebaren dieser Fee. »Womit kannst du ihn denn unter Druck setzen?«
    Die Fee seufzte genießerisch: »Er ist scharf auf eine Beförderung zum Schlittenrentier. Das klappt aber nur, wenn er NIEMALS irgendeinen Vermerk in seiner Akte hat. Einen Aktenvermerk scheut er wie der Teufel das Weihwasser. Du verstehst?«
    Ich verstand: Die gute Fee war alles mögliche, nur nicht gut. Sie war ein ganz ausgebufftes Luder. Und sie machte auch nicht vor unsauberen Machenschaften halt, wenn es darum ging, ihr Leben ein wenig, nu n –, komfortabler zu gestalten. Sie hatte den armen Herrn Rudi in der Hand. Sie konnte ihn jederzeit anschwärze n – sogar grundlos. Eine Bemerkung der Fee an der falschen Stelle, und es wäre um Herrn Rudis Karriere geschehen.
    Ja, da würde ich an seiner Stelle aber auch so müde und depressiv dreinschauen. Wie er da so stand und an meinem Bäumchen knusperte, dauerte er mich sehr.
    Diese Märchenwelt mit ihrer knallharten Hierarchie erschien mir immer glanzloser. Wo war da denn noch was von Verzauberung und/oder Lieblichkeit? Aktenvermerke! Rahmenrichtlinien!
    Ich riß mich los und bat die beiden, mich zu entschuldigen, denn ich wolle mich etwas, naja, frisch machen. Falls Bernadette tatsächlich auftauchte, konnte ich unmöglich meine älteste Jogginghose und diesen verwanzten Pullover tragen! Und duschen musste ich unbedingt auch noch, weil ich mich seit der Trennung von Bernadette doch seh r – je nu n – vernachlässigt hatte. Als ich im Bad stand und gerade Aftershave auftrug, klingelte es an der Tür. Tatsächlich! Mein Herz begann zu poltern: Dies alles geschah in Echtzeit? Und so schnell! Viel zu schnell! Wie sollte ich Bernadette die Anwesenheit einer merkwürdigen Frau sowie eines Rentieres erklären? Ich musste die beiden so schnell wie möglich loswerden! Niemand, der noch seine Zwetschgen beisammen hat, glaubt einem doch, dass es sich bei der Frau auf dem Sofa um eine Fee handelte! Zumal, wenn die Fee so gar nichts Feenhaftes an sich hat! Sondern eher im Gegenteil! Konfus warf ich einen prüfenden Blick in den Badezimmerspiegel; immerhin sah ich nicht mehr verheult aus. Ich setzte wieder ein möglichst souveränes Gesicht auf und versuchte, auch noch einen Schuss »Überraschung« einzubauen. Dann ging ich mit wackeligen Knien zur Tür.
    Vor mir stand ein Bursche, der seiner Uniform und seinem Gepäck nach ein Pizzabote sein musste.

    Meine sorgfältig aufgebaute Mimik sackte ein wenig in sich zusammen.
    Der Pizzatyp sah auf einen Bestellschein und zählte dann auf, was er da ablieferte. Und dass schon alles beglichen sei. Und noch einen schönen Abend und Frohes Fest.
    Immerhin konnte ich mir jetzt sicher sein, dass dieser ganze Feen-Zauber nicht völlig erlogen war! Wenn schon so eine

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