Broken (German Edition)
Kindheit voller gleichgültiger Frauen vor, um deren Aufmerksamkeit er gebuhlt hatte. Ich wollte mich nicht zum Lockvogel machen. Bei solchen Typen muss man vorsichtig sein. Aber je mehr er erzählte, desto größer die Chance, seine Identität rauszufinden.
Ich blickte mich wieder auf dem Parkplatz um, suchte nach irgendetwas, das anders war als sonst. Ich erkannte die Autos meiner Nachbarn – den Malibu vom Friseursalon, den Wrangler vom Tattooladen, die üblichen Klapperkisten von der Theatertruppe. Nirgendwo Bewegung. Nichts Außergewöhnliches. «Wissen Sie, was dieser Stimmenverzerrer über Sie verrät?», fragte ich. Es war ein billiges Handy-Zusatzgerät. Hatte ihn höchstens zehn Dollar gekostet. Für mich die Bestätigung dessen, was ich bereits vermutet hatte, dass er nämlich finanziell gerade so über die Runden kam. Wahrscheinlich schaffte er es nicht, einer regulären Arbeit nachzugehen. Er war ein Verlierertyp mit einer beschissenen Einstellung und einer Narbe im Leben, für die er alle bezahlen lassen wollte. Aber das sagte ich nicht. «Das Ding verrät mir, dass Sie gründlich vorausplanen. Sie sind ein vorsichtiger Mensch.» Ich erwähnte nicht die DNA, die er an Tatorten hinterlassen hatte. Oder dass Kellys Fahrer ihn gesehen hatte, ihn nur deshalb bemerkt hatte, weil er von der Kleidung her nicht in die Lobby der vornehmen Adresse in Midtown passte. Ein Anzug und ein Paar anständige Schuhe hätten ihn praktisch unsichtbar gemacht. Aber selbst das war für ihn unerschwinglich. «Deshalb muss ich mich fragen, wie das Ganze Ihrer Meinung nach weitergehen soll.»
«Ich werde sie umbringen. Sie wird sterben. So wird’s weitergehen.»
«Sie hatten doch schon die Gelegenheit dazu. Wieso haben Sie sie nicht genutzt?»
«Manchmal macht es einfach mehr Spaß zuzusehen, wie sie sich selbst umbringt.»
Ein Schauer durchfuhr mich. Wie lange schaute er Miki schon dabei zu, wie sie sich durchs Leben kämpfte? Wie oft waren ihre Panikattacken auf sein Konto gegangen? Geräusche, Dinge, die unerklärlich verschwanden, Nachrichten auf ihrem Handy, das Gefühl, verfolgt zu werden – er quälte sie seit Monaten. «Wenn Sie sich jetzt der Polizei stellen, passiert Ihnen nichts. Sagen Sie mir einfach, wo Sie sind.»
Sein Atem rauschte durch den Verzerrer wie ein elektrostatisch aufgeladener Windstoß. «Du bist genau wie sie! Du arrogante, verlogene Fotze. Ich halte dir einen Platz am Tisch frei.»
Ich kann dieses Wort nicht ausstehen. Es macht mich echt sauer. Aber ich ließ mich nicht provozieren. «Wir können Ihnen Hilfe besorgen. Das verspreche ich Ihnen. Wir wollen Ihnen helfen. Ich will Ihnen helfen.»
Er lachte, und der Verzerrer ließ ihn klingen wie das Monster, das er war. «Du willst mir helfen? Du bist eine Säuferin. Glaubst du, auf einmal haben dich alle lieb, nur weil dein Bullenfreund dich letztes Jahr bei einem dicken Fall hat mitmischen lassen? Glaubst du, dass die Leute dich deswegen jetzt respektieren? Du kommst aus der Gosse nicht raus. Du steckst fest. Du bist ein Nichts .»
Ich ließ das alles einen Moment lang sacken. Er hatte uns an dem Abend beobachtet, als wir in Mikis Haus gingen und die aufgehängte Leiche von Donald Kelly fanden. Wahrscheinlich hatte er von irgendeinem Versteck in der Nachbarschaft aus genüsslich das Eintreffen der Cops und das ganze Chaos danach beobachtet. Er musste gesehen haben, wie ich meine Glock gezogen und meine Mutter mit Miki aus dem Haus gescheucht hatte. Er musste sich gefragt haben, wer ich war. Es war vermutlich nicht schwer gewesen, das rauszufinden. Während der Ermittlungen im Wunschknochen-Fall und in der Zeit danach war so viel über mich geschrieben worden. Die ersten Berichte waren harte, bissige Enthüllungen über meinen Alkoholismus und meine Entlassung vom FBI gewesen. Doch nachdem ich die Mörderin entlarvt hatte und Rauser und ich um ein Haar mit dem Leben dafür bezahlt hätten, war ein Reporter vom Rolling Stone zu mir nach Hause gekommen und hatte Rauser und mich interviewt. Der Artikel, der dann erschien, gab alles über mich preis: die Ermordung meiner Großeltern, meine Arbeit beim FBI, mein Absturz, mein Alkoholentzug, meine Arbeit als Beraterin für Rausers Morddezernat im Wunschknochen-Fall. Es stand alles schwarz auf weiß da. Wenn die Presse danach etwas über mich schrieb, benutzte sie Ausdrücke wie Abstinenz und Kraft und die Macht der Liebe . Meine Detektei wurde mit Aufträgen überhäuft. Das alles reichte mehr
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