Bronwyn Jameson
beide.“
Kein Zweifel, er wollte sie ablenken und aufmuntern. Sie fragte sich, ob er auch an den Flug denken musste, den sie damals ganz allein in einer Privatmaschine unternommen hatten.
Auf dem Weg von San Francisco nach Las Vegas hatten sie kein Bett gehabt, aber das war ihnen ganz egal gewesen. Sie hatten sich leidenschaftlich geliebt, und bevor Kimberley noch wusste, wie ihr geschah, hatte Ric ihr einen Heiratsantrag gemacht.
Dieses Wochenende war der Höhepunkt einer Liebesgeschichte gewesen, die zehn Wochen lang gedauert hatte. Ric Perrini war ein fantastischer und leidenschaftlicher Liebhaber. Sie hatten in einer der Hochzeitskapellen von Las Vegas geheiratet und danach drei Tage in einer Luxussuite im Bellagio verbracht, in denen sie alle Ausschweifungen genossen, nach denen ihnen der Sinn stand. Kimberley hätte nie für möglich gehalten, dass die Tatsache, verheiratet zu sein, sich so positiv auf das Sexleben auswirken könnte, aber die Tage und Nächte mit Ric belehrten sie eines Besseren.
Doch bei ihrer Rückkehr nach Australien war die Bombe geplatzt.
Es durchfuhr sie wie ein Dolchstoß, wenn sie an dieses böse Erwachen dachte, und sie verwarf den Gedanken schnell wieder. Das alles war zehn Jahre her, und sie sollte sich lieber auf die Gegenwart konzentrieren.
Während sie beklommen die ledernen Armlehnen umklammerte, musste sie daran denken, dass ihr Vater und Marise vor vierzehn Stunden mit eben einer solchen Maschine unterwegs gewesen waren. Einer Maschine, die dann, aus welchen Gründen auch immer, vom Himmel gefallen und ins Meer gestürzt war.
Der Hoffnungsschimmer, der ihr die ganze Zeit über Trost gegeben hatte, wurde schwächer und schwächer. Die drei Stunden Flug überstand sie nur, weil ihr gar nichts anderes übrig blieb. Als sie sich Australiens Küste näherten, nahm sie Rics Vorschlag an und legte sich hin. Die Vorstellung, die Gegend zu überfliegen, wo ihr Vater abgestürzt war, war schon schwer genug zu ertragen, sie wollte sie nicht auch noch sehen.
Das war nicht Feigheit, sondern Selbstschutz.
Bisher hatte sie sich ziemlich gut gehalten. Sie war nicht in Tränen ausgebrochen, und sie schaffte es sogar, ruhig und gleichmäßig zu atmen, sodass Ric glauben musste, sie schliefe. Aber es fiel ihr nicht leicht, sich zu verstellen, vor allem wenn er sie betrachtete. Dann hatte er sie mit einer leichten Wolldecke zugedeckt. Wenn er etwas gesagt oder sie berührt hätte, dann hätte sie ihn vielleicht gebeten zu bleiben. Damit er sie halten und trösten und ablenken konnte, auf jede nur erdenkliche Weise.
Denn sie fühlte sich so entsetzlich allein und hilflos.
Aber er hatte die Tür nur vorsichtig von außen zugezogen, und sie hatte sich zusammengerollt. Genauso hatte sie es auch als Kind getan, wenn sie sich nachts in der Eingangshalle auf einem Stuhl zusammenrollte. Wie oft hatte sie dort auf ihren Vater gewartet, der immer sehr spät nach Hause kam.
Als sie sich jetzt diesem Zuhause wieder näherte, wurde ihr besonders qualvoll bewusst, dass ihr Vater möglicherweise nie wieder „nach Hause“ kommen würde. Sie wunderte sich selbst, wie sehr sie darunter litt. Sie selbst hatte manches auszustehen gehabt, und wie er die Hammonds, immerhin die Familie seiner Frau, behandelte, würde sie ihm nie verzeihen. Und hatte er sich nicht in ihre Ehe eingemischt, um seine eigenen Vorstellungen durchzudrücken?
Vielleicht sollte sie sich lieber an diesen Howard Blackstone erinnern, anstatt von dem Vater ihrer Kindheit zu träumen, der sowieso nur in ihrer Fantasie existiert hatte.
„Alles okay?“, fragte Ric und warf ihr einen kurzen Seitenblick zu, konzentrierte sich aber dann wieder ganz auf die Straße. Sie waren auf dem Flugplatz in seinen blauen Maserati umgestiegen. Aber sie war so in Gedanken versunken, dass sie seine Frage überhörte.
Als sie das nächste Mal vor einer roten Ampel halten mussten, legte er ihr die Hand auf die bebenden Finger, die sie im Schoß verschränkt hatte. Sie schluckte und sah ihn an. „Ich wünschte, du wärst nicht so nett, du machst mich ganz nervös.“
„Entschuldige, das ist nur eine momentane Schwäche. Daran solltest du dich nicht gewöhnen.“
„Danke für die Warnung“, bemerkte sie trocken. Aber dann wurde ihr klar, dass er sie mit seiner ironischen Bemerkung wieder einmal aus ihrer Trübsal herausgeholt hatte. „Danke“, wiederholte sie leise.
„Für was denn?“ Die Ampel wurde grün. Er nahm die Hand wieder weg und
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