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Brook, Meljean - Die Eiserne See

Brook, Meljean - Die Eiserne See

Titel: Brook, Meljean - Die Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammendes Herz
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sie Nasrin angesehen und die gan tsetseg für die Ketten bemitleidet, die sie fesselten. Dabei trug sie selbst ihre Ketten; ihr Luftschiff hatte ihr Freiheit gegeben, sie zugleich jedoch mit Pflichten und Loyalität an die Männer und Frauen gefesselt, die auf ihm dienten. Sie hatte diese Ketten bereitwillig getragen – und als die Glieder gerissen waren, hatte es ihr körperliche Schmerzen bereitet.
    Diese Bürde nie wieder zu spüren, war jedoch unvorstellbar. Nie wieder den Wind im Gesicht zu spüren, ihren Wind. Nie wieder ihre Triebwerke unter den Füßen zu spüren. Nie wieder Stolz auf ihre Schiffer zu empfinden, zu wissen, dass eine Arbeit gut erledigt worden war. Sie würde diese Ketten bereitwillig ein zweites Mal tragen – für das richtige Schiff, die richtige Crew.
    Sie dachte an Archimedes, und ein unvertrauter Schmerz erblühte in ihrer Brust. Würde sie dasselbe auch bereitwillig für den richtigen Mann riskieren? Für einen, der sie nun kannte, besser als je irgendjemand sie gekannt hatte. Aber das hieße nicht, Schmerz zu riskieren, sondern ihr Herz zu riskieren, ihren Unterleib zu entblößen. Yasmeen wusste nicht, ob sie das konnte – selbst wenn sie es, wie Archimedes, wollte.
    Und sie wollte es nicht.
    Bigor schloss die Truhe ab. »Aber Sie sind nicht wegen Durand hier.«
    »Nein. Wegen morgen, wegen des Passes. Mr Fox und ich haben die Strategie besprochen – und wir sind uns einig, dass unsere oberste Priorität darin liegt, auf keinen Fall die Aufmerksamkeit dieses Vorpostens zu erregen.«
    Er nickte einmal – seine Standardantwort, wie es schien. »Und Sie brauchen mich, damit ich es Guillouet vermittle.«
    »Ja. Hassan weiß bereits Bescheid und ist einverstanden, aber der Captain möchte vielleicht noch eine weitere Meinung einholen.«
    Der Unterton entging dem Seesoldaten zweifelsohne nicht: eine weitere Meinung, solange es nicht Archimedes’ oder ihre war. Er nickte.
    »Der Vorposten liegt direkt der alten Festung gegenüber auf der anderen Talseite. Wir planen, am frühen Morgen dort anzukommen, bevor es hell wird – schnurstracks dort hindurchzusegeln und die Gleiter zu benutzen, sodass die Ceres nicht haltmachen und dort in der Luft stehen muss. Aber sobald wir in der Festung sind, werden wir nicht mehr in der Lage sein, zu sehen, ob die Horde etwas bemerkt hat und ob sie kommt.«
    »Also möchten Sie, dass wir auf der Ceres bleiben und Wache halten.«
    »Ja.« Wenn die Horde kam, spielte es keine Rolle, ob sie in der Festung zu zweit waren oder zu fünft. Aber drei fähige Männer auf der Ceres machten vielleicht einen entscheidenden Unterschied aus. »Weiter das Tal hinab kann sie außerhalb der Sichtachse des Vorpostens warten, und Sie können gleichzeitig den Talboden im Auge behalten. Wenn die Horde ihn durchquert, kann die Ceres ihre Triebwerke zünden und noch vor der Horde bei uns sein. Wenn Sie drei dort Wache halten, brauchen Mr Fox und ich nicht ständig aus dem Fenster zu schauen – und umso schneller können wir die Festung durchsuchen. Am zweiten Tag holen Sie uns nach Einbruch der Dunkelheit wieder ab. Da dann Neumond ist, wird der Ballon kaum zu sehen sein – und falls wir den Lastenaufzug brauchen, ist er schon da.«
    Er nickte. »Und wir ebenfalls.«
    Sie ging hinauf an Deck, wo der Wind ihren Geist klärte und ihr gestattete, an nichts anderes zu denken als an die Berge, die unter ihren Füßen vorbeiglitten, und an die Route, die sie nach Süden trug. Die Ceres war ein gutes Schiff und lag fast ohne ein Schwanken im Wind. Kein Vergleich mit ihrer Lady, aber solide. Wenn Guillouet sich eines Tages zur Ruhe setzte oder starb, würde sie einem anderen Captain dienen und danach vielleicht noch einem. Hoffentlich würde sie dann gut behandelt und geliebt werden und noch vielen weiteren Captains dienen.
    Gegen Ende der Nachmittagswache ging Yasmeen widerstrebend zur Leiter. Sie konnte nicht den ganzen Tag an Deck bleiben. Sie begegnete einem der Vashons – ob Peter oder Paul, ließ sich wegen der Schutzbrille nicht sagen, da Yasmeen nicht nach dem blauen Auge schauen konnte – und grüßte ihn mit einem Nicken.
    »Wie steht’s mit dem Himmel, Captain?«
    Sie kam fast aus dem Tritt, so groß war ihr Schock. Selbst auf einem Söldnerschiff stellte seine vertrauliche Anrede einen ernstlichen Verstoß gegen das Protokoll dar. Andererseits hatte sie gestern bei keinem der Zwillinge eine feindselige Haltung bemerkt; vielleicht wollte er einfach nur sehen, wie sie

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