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Brook, Meljean - Die Eiserne See

Brook, Meljean - Die Eiserne See

Titel: Brook, Meljean - Die Eiserne See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flammendes Herz
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trat nahe an sie heran, doch sie wich nicht zurück. Sie schaute ihn gern an – sein freches Lächeln, seine offenen Bewegungen, sein attraktives Gesicht. Sie wollte seine Nähe.
    Wenn doch nur sein Verlangen so stark werden würde, dass er sie küsste.
    Stattdessen spürte sie seinen Atem und die Berührung seines Kopfes, als er sich zu ihrem Ohr beugte. »Hast du alles erfahren, was du über Temür Agha wissen wolltest?«
    »Das meiste, ja.«
    »Gut.«
    Er rührte sich nicht. Sie lauschte, ob jemand kam; er ebenfalls. Sein Blick wanderte über ihr Gesicht, blieb an ihren Lippen hängen. »Wenn ich dich küsse, dann weiß ich nicht, ob ich wieder aufhören werde.«
    Das wollte sie auch gar nicht. Ihr bebte das Herz, als sein Mund über ihre Wange strich, vor ihren Lippen verharrte.
    »Nun atme ich deinen Atem, und er ist süßer als jeder Kuss, den ich je erlebt habe.« Sein Daumen strich über ihre Unterlippe. »Wenn ich erst einmal in dir bin …«
    Er verstummte und bekam einen abwesenden Blick, als würde er es sich vorstellen. Yasmeen stellte es sich ebenfalls vor – die harten Stöße, das Glitschen schweißbedeckter Leiber. Sie öffnete den Mund, biss ihm in die Daumenspitze und kostete mit einer raschen Zungenbewegung das Salz seiner Haut. Er sah ihr in die Augen, und die Welt blieb stehen.
    Weiter den Gang hinunter öffnete sich eine Tür.
    Er wich zurück, strich sich mit den Fingern durch das Haar. Sein Atem ging ungleichmäßig. »Ich schaue einmal, ob Ollivier seine Notizen beieinander hat.«
    »Trink nichts!«
    »Werde ich nicht.«
    Sie sah den Gang hinunter. »Wenn Bigor in der Offiziersmesse ist, rede ich einmal mit ihm wegen morgen.«
    »Wir gehen vor dem Morgengrauen hinunter?«
    »Ja.« Sie würden den Pass gegen Mitternacht erreichen. Im Schutz der Dunkelheit konnten sie ihn passieren – oder noch einen Tag abwarten. Yasmeen wollte nicht warten. Je schneller diese Expedition endete, desto schneller kamen sie nach Rabat.
    Archimedes blieb vor der nächsten Kabine stehen und klopfte. Yasmeen ging weiter nach achtern. Mittschiffs begegnete sie dem entjungferten Henri, der stehen blieb und sie nervös ansah. Sein Mund ging auf und zu wie bei einem Fisch. Sie kannte das schon von anderen jungen Schiffern: Sie wollten unbedingt mit ihr reden, aber sie standen zu weit unter ihr, um sie ansprechen zu dürfen, ohne vorher gegrüßt worden zu sein.
    Weil sie sich noch immer an seine zuckenden Füße auf dem Kneipentisch erinnerte, an seine sich spreizenden Zehen – und weil diese Erinnerung sie noch immer über die Maßen amüsierte –, blieb sie stehen. »Ja?«
    Knallrot fragte er: »Stimmt es, Ma’am, dass Sie Ihrer Crew nur fünfzig Prozent gegeben haben?«
    Es stimmte. »Wieso?«
    »Letztes Jahr hat Ihr Mädchen Ginger erzählt, dass sie drei Livre verdient hat. Aber der Heizergehilfe meint, er hat gehört, unter der Crew der Lady Corsair sind nur fünfzig Prozent verteilt worden. Selbst Guillouet gibt uns siebzig, darum habe ich zu ihm gesagt, das kann nicht stimmen. Und weil sie doch tot ist, will ich nicht zulassen, dass er sie eine Lügnerin schimpft.«
    Der Bursche verteidigte Gingers Ehre. Süß von ihm. »Ginger ist noch am Leben, Henri. Sie wohnt bei einer Freundin von mir in London. Wenn du möchtest, kann ich ihr eine Nachricht von dir zukommen lassen.«
    »Nein.« Er wurde noch roter. »Vielen Dank, Ma’am! Ich wollte es nur wissen, damit ich dem Heizergehilfen erzählen kann, was Sie gesagt haben.«
    War das so wichtig? Interessant. Wenn sich die Schiffsjungen über Verdienste und Anteile unterhielten, dann tat das nach Yasmeens Erfahrung auch die übrige Crew. Sie konnte ebenso gut richtigstellen, was als Gerücht die Runde machte.
    »Ich habe ihnen fünfzig Prozent gegeben«, sagte sie, und er machte ein langes Gesicht. »Aber sie hat trotzdem letztes Jahr drei Livre verdient. Bei den meisten meiner Crew waren’s fünf.«
    »Im Ernst?« Er riss die Augen auf. »Und Ginger hat gesagt, wenn jemand eine Hand oder ein Auge verloren hat, dann haben Sie auch die Prothese bezahlt.«
    »Ja.«
    »Habe ich ihm auch gesagt. Worauf er meinte: Aber das Leben kann sie einem nicht ersetzen.«
    Yasmeen hoffte, dass ihr dieser Gehilfe nicht allzu bald über den Weg lief. »Das stimmt ebenfalls. Nun geh, bevor der Captain sieht, dass du mit mir redest, und noch auf die Idee kommt, du möchtest eine Meuterei anzetteln.«
    Er wurde schlagartig blass und lief davon. Yasmeen grinste. Junge Burschen

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