Brook, Meljean - Die Eiserne See
reagierte. Sie würde gar nicht reagieren – und es stand ihr auch nicht zu, ihn zu disziplinieren. Sie antwortete im Weitergehen, als hätte er sie in aller Form gegrüßt. »Sehr gut, Mr Vashon.«
Sie musste ein Ächzen unterdrücken, als Guillouet das Achterdeck verließ und sie kurz vor der Leiter abfing.
Leise sagte er: »Sie werden nicht mit meiner Crew reden, Mrs Fox.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. Sie herumzukommandieren war der sicherste Weg, dafür zu sorgen, dass sie das Gegenteil tat.
Er hatte den Unterkiefer vorgeschoben. »Mir ist das Gerücht zu Ohren gekommen, dass Sie meine Männer mit Gerede über niedrige Entlohnung aufstacheln.«
Was sollte das denn? Scheißdreck. Obwohl es ihr gegen den Strich ging, sagte sie: »Wenn es überhaupt Gerede gab, Captain, dann zu Ihrem Vorteil. Man hat mich während eines Gesprächs gefragt, was für eine Beteiligung ich ausgeschüttet habe. Ich erklärte, fünfzig Prozent. Weniger als Sie.«
Kurz entspannte sich seine Miene. Auch er hatte seinen Stolz, und zu erfahren, dass er eine höhere Beteiligung zahlte als Lady Corsair, erfreute ihn sichtlich. »Fand dieses Gespräch in der Messe statt?«
»Ja.« Es gab keinen Grund, Henri da mit hineinzuziehen. »Woanders habe ich mich nicht mit Ihrer Crew unterhalten.«
Ein Teil der Anspannung kehrte wieder zurück, doch Yasmeen hatte den Eindruck, dass sie diesmal nicht ihr galt. Er sah sie eindringlich an und sagte: »Ich würde es vorziehen, wenn Sie Ihre Mahlzeiten ab heute Abend in Ihrer Kabine einnehmen und sich so weit als möglich auch dort aufhalten.«
Auch das war ein Befehl, aber diesmal begehrten Yasmeens Instinkte nicht gleich dagegen auf. Captain Guillouet hatte es zwar nicht ausgesprochen, aber was ihn besorgte, lag auf der Hand – und eine Meuterei konnte für alle gefährlich werden, die nicht zu den Meuterern gehörten. »Und mein Mann?«
»Kann essen, wo er möchte.«
Sie nickte. Ganz gleich, welche Gerüchte ihm zu Ohren gekommen waren, Guillouet ging offensichtlich davon aus, dass sie sich, wenn vielleicht auch nicht durch Yasmeens Zutun, so doch an ihrer Anwesenheit entzündet hatten. »Ab morgen werden wir für zwei Tage nicht an Bord sein, Captain.«
»Ja.« Es schien ihn einigermaßen zu erleichtern. Und das vielleicht aus gutem Grunde: Es konnte gut sein, dass das Gerede ohne ihre zusätzliche Anwesenheit rasch nachließ. Crews murrten oft, und daraus wurde nur selten mehr – ob die Sache eskalierte, hing von Captain Guillouet ab.
Und zumindest in dieser Angelegenheit hatte er exakt das getan, was auch sie getan hätte. Also ging sie zurück nach unten und war gern bereit, den Mund zu halten. Trotzdem behielt sie diese Angelegenheit lieber im Auge … und ihre Pistole in Reichweite.
In der Kabine lag Archimedes seitlich auf seiner Koje, den Ellbogen aufgestützt, und ging Olliviers Notizen durch. Ach, er war aber auch ein ansehnliches Mannsbild! Er schaute auf, sah ihr in die Augen. Sein Lächeln verging. »Was ist los?«
Yasmeen hielt einen Finger in die Höhe. Sie wollte nicht quer durch die Kabine mit ihm reden, so beengt diese auch war. Die unzähligen durch das Schiff verlaufenden Rohre trugen Stimmen mitunter recht weit, und da sie mit der Ceres nicht allzu vertraut war, wusste sie nicht, wo die gefährlichen Stellen lagen.
Sie schälte sich aus Mantel und Mütze, trat vor die Koje und stützte sich mit verschränkten Armen auf seine Matratze. Er beugte sich vor, und sie sagte leise: »Captain Guillouet befürchtet eine Meuterei.«
Seine Augenbrauen ruckten nach oben. Er nahm den Kopf zurück und musterte ihr Gesicht, als müsste er sich erst überzeugen, dass das ihr Ernst war. »Wir sind doch erst seit zwei Tagen unterwegs.«
» Wir ja«, sagte Yasmeen. »Aber die Ceres ist schon vor Wochen aus der Neuen Welt aufgebrochen. Wenn es bereits Unzufriedenheit gegeben hat, dann ist sie vielleicht dadurch, dass Guillouet so heftig auf meine Ankunft reagiert hat, noch zusätzlich angefacht worden – und durch den Affront, mich nach unten zu schicken.«
»Aber die Crewmitglieder haben deine Anwesenheit doch gar nicht als Affront aufgefasst. Jedenfalls nicht alle.«
»Das spielt doch gar keine so große Rolle, oder? Sie murrten ja ursprünglich nicht meinetwegen. Aber wie dem auch sei – bis wir morgen früh von Bord gehen, darf ich unsere Kabine nicht verlassen.«
Er starrte sie an. »Und damit bist du einverstanden gewesen?«
»Meuterei darf man nie auf die leichte
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