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Bruder des Schwertes

Bruder des Schwertes

Titel: Bruder des Schwertes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald A. Wollheim
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stand in Brams Nähe und hielt die große Sackpfeife der Götter unter einem Arm geklemmt. Die Pfeife war älter als jede Erinnerung, abgenützt und mitgenommen, und doch lauerten in ihr Terror und Tod und die rächenden Furien. Ihre Macht war so groß, daß jeweils nur ein einziger das Geheimnis ihres Gebrauchs kennen durfte. Eine leichte Brise ließ das lange graue Haar des Zauberers wehen, und seine Augen waren sinnend auf die Dunkelheit im Osten gerichtet.
    Der Kundschafter, der die Nachricht überbracht hatte, wandte sich grüßend Kery zu. Er keuchte noch von den Anstrengungen des harten Rittes. Ein Pfeil hatte ihn verwundet, und er bebte, als der kalte Wind aus den Ländern der Finsternis auf seinen schweißnassen Körper traf. »Eine Horde«, berichtete er, »eine Armee, die aus dem Osten auf uns zukommt. Keine Ryvaner, sondern ein Volk, wie ich es noch nie gesehen habe. Ihre Vorhut entdeckte mich, und ich konnte gerade noch fliehen. Sie werden sich sehr wahrscheinlich rasch gegen uns wenden.«
    »Eine Horde, die ebenso groß ist wie die unsere«, fügte Bram hinzu. »Es muß sich um einen Teil der angreifenden Dunkelleute handeln, die Ryvan verwüsten. Es wird ein harter Kampf werden, wenn ich auch nicht daran zweifle, daß wir mit Hilfe unserer guten Schwertarme und der Pfeife sie zurückwerfen.«
    »Ich weiß nicht recht.« Rhiach sprach langsam. Seine unergründlichen Augen ruhten ernst auf Kery. »In der letzten Zeit wurde ich von schlimmen Träumen geplagt. Wenn ich in der Schlacht fiele, ehe sie gewonnen … Ich habe unrecht getan, Sohn. Ich hätte dich den Gebrauch der Pfeife lehren sollen.«
    »Das kannst du nach dem Gesetz erst dann tun, wenn du so alt bist, daß du deinen Führertitel an deinen Erstgeborenen weitergibst«, sagte Bram. »Es ist ein gutes Gesetz. Ein ganzer Clan, der diese Macht zu entfesseln weiß, stünde bald mit ganz Killorn in Fehde.«
    »Aber wir sind jetzt nicht in Killorn«, widersprach Rhiach. »Wir sind weit fort von der Heimat unter fremden und feindlichen Völkern, und der See, an dem ewiger Sonnenuntergang herrscht, ist für uns nur ein Schemen.« Sein Antlitz wurde weich. »Sollte ich fallen, Kery, dann wird mein Geist, so glaube ich, dorthin zurückwandern. Ich werde auf dich am Rande des Sees warten, ich werde auf den windzerzausten Heiden sein und bei den hohen Bergseen, und man wird mich nächtens pfeifen hören und wissen, daß ich heimgekommen bin … Aber begib dich an deinen Platz, Sohn, und mögen die Götter mit dir sein!«
    Kery schluckte und drückte die Hand seines Vaters. Der Zauberer war für ihn stets ein Fremder gewesen. Seine Mutter war seit vielen Jahren tot, und Rhiach war finster und schweigsam geworden. Und doch stand ihm der alte Zauberer näher als jeder andere außer Morna, die auf seine Wiederkehr wartete. Er wandte sich um und eilte auf seinen Posten bei den Tyrs.
    Die Kühe der riesigen, gehörnten Tyrs von Killorn gaben Fleisch, Milch und Leder und trotteten zahm genug hinter den Wagen her. Aber die gewaltigen schwarzen Bullen waren bösartig und hatten schon mehr als einen Mann durchbohrt. Kery war auf den Gedanken gekommen, sie in einer Schlacht einzusetzen. Für Brust und Schultern hatte er ihnen Eisenplatten gemacht, er hatte ihre Hörner poliert und sie gelehrt, anzugreifen, wenn er es ihnen befahl. Kein anderer Mann aus dem Heer wagte sich in ihre Nähe, Kery aber konnte sie mit einem Pfiff lenken. Denn die Männer von Broina waren Zauberer.
    Die Tiere schnaubten in der Dämmerung, als er sich ihnen näherte, stampften ruhelos und schüttelten ihre mächtigen Köpfe. Machttrunken lachte er plötzlich auf, trat an seinen geliebten Gorwain heran und kratzte den großen Bullen hinter den Ohren. »Ruhig, ruhig«, flüsterte er und stand in der Dämmerung inmitten der dichtgedrängten, schwarzen Körper, »Geduld, mein Schöner. Warte nur noch ein wenig, und ich werde dich freilassen. O warte, mein Gorwain!«
    Speere blinkten im düsteren Licht, und Stimmen murmelten leise. Die Bullen und Rösser schnaubten, stampften und zitterten im frostigen Wind aus den Ländern der Nacht. Sie warteten.
    Bald vernahmen sie schwach und von weit her den Klang von Kriegspfeifen. Aber es war nicht die wilde, fröhliche Musik von Killorn; es war ein dünner, schriller Ton, der wie eine Säge über die Nerven strich, und mit ihm kam Trommelschlag und der Lärm von Gongs. Kery sprang auf die breiten Schultern Gorwains und versuchte, die Dunkelheit zu

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