Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
Schwierigkeiten machen könnten. Ich bin tatsächlich an dem Tag aus Sorge um meine Tochter mit dem Zug nach Frankfurt gekommen. Und ich habe mich ins Haus geschlichen, weil ich mit meinem überraschenden Besuch niemanden beunruhigen wollte. Als ich bemerkte, dass im Wohnzimmer geredet wurde, ja, da habe ich Sie belauscht. Ich weiß es nicht, aber vielleicht hat mich die alte Hexe, unsere Haushälterin, gesehen.«
    Er sprach immer noch ruhig, sachlich – zu ruhig, zu sachlich für meinen Geschmack und die Situation, und ich begann mich zu fragen, was er in der Hinterhand hatte.
    »Doch als ich verstand, dass meine Frau dabei war, einen Privatdetektiv zu engagieren, um Marieke zurückzuholen, habe ich mich einfach nur in mein Atelier gesetzt und gewartet. Wenn Sie es genau wissen wollen: Sie haben einen sehr kompetenten und vertrauensvollen Eindruck auf mich gemacht – ich war mir sicher, mit Ihnen wird Marieke bald wieder zu Hause sein, und so war es ja auch. Ich war überglücklich, als ich Sie mit ihr zurückkommen hörte.«
    »Danke.«
    »Am Abend habe ich mich dann wieder in den Zug gesetzt und bin nach Den Haag gefahren.«
    »Und haben sich weder Ihrer Frau noch Ihrer Tochter gezeigt? Wollten Sie sie nicht mal wenigstens kurz in den Arm nehmen?«
    »Selbstverständlich. Aber ich wusste, dass es sowohl Valerie wie Marieke sehr wichtig war, dass ich nichts von dem erneuten Kontakt zu Abakay erfuhr. Ich weiß nicht, wie viel Ihnen meine Frau erzählt hat, aber Abakay war mal einen Abend zum Essen bei uns – eine äußerst unerfreuliche Begegnung.«
    Ich betrachtete wieder die Zigarette zwischen meinen Fingern. »Was wollen Sie mir nun eigentlich sagen, Herr Hasselbaink?«
    »Ich will Ihnen sagen, dass meine Frau mir vor ein paar Tagen doch noch von Abakay und Ihnen erzählt hat – ohne Ihren Namen zu nennen, nicht mal, dass Sie Privatdetektiv sind. Aber, dass sie jemanden gefunden habe, der dafür sorgt, dass Abakay uns und vor allem Marieke ein für alle Mal in Ruhe lässt.«
    Er nahm den Tabakbeutel und begann, sich die nächste Zigarette zu drehen. Seine Hände zitterten kein bisschen. Malerhände.
    »Na ja, meine Frau kann – wie Sie selber festgestellt haben – eine Menge bei Menschen auslösen. Es ist jedenfalls nicht völlig unvorstellbar, dass sie einen Mann – noch dazu gegen entsprechende Bezahlung, selbstverständlich – dazu kriegt, etwas, auch etwas Hochkriminelles, für sie zu erledigen. Und nun, denke ich, haben wir beide einen Verdacht – völlig unbewiesen und sicher falsch, aber doch konkret genug, um uns gegenseitig, wenn wir damit zur Polizei gehen, eine Menge Ärger zu bereiten.«
    Er leckte das Papier an, rollte die Zigarette zusammen und steckte sie sich zwischen die Lippen. Dann sah er auf und betrachtete mich aufmerksam. »Verstehen Sie, was ich meine?«
    Ich nickte.
    »Gut.« Er zündete die Zigarette an. Nachdem er zwei Züge genommen hatte, sagte er: »Sie wollten doch zur Polizei gehen, nicht wahr? Sonst wären Sie nicht hier.«
    Plötzlich wusste ich, warum er so ruhig war. Er bereute nichts, im Gegenteil: Er hielt den Mord an dem Mann, der im Begriff gewesen war, seine Tochter zu vergewaltigen, für völlig gerechtfertigt. Ich nahm an, auch wenn es ihm nicht möglich gewesen wäre, mich zu erpressen, hätten seine Hände nicht gezittert. Dafür, dass er seine Tochter vor Rönnthaler bewahrt hatte, wäre er auch ohne Weiteres ins Gefängnis gegangen.
    Ich dachte über seine Frage nach, meine Finger spielten mit der unangezündeten Zigarette. Schließlich sagte ich: »Ob Sie’s glauben oder nicht: keine Ahnung. Ich bin vor allem aus Neugierde hergekommen und wahrscheinlich auch aus einer Art Berufsehre. Ich bin Privatdetektiv und löse meine Fälle gerne.«
    Er rauchte, überlegte. »Sie meinen, so wie ich Bilder zu Ende male, obwohl ich weiß, ich werde sie weder verkaufen noch verschenken?«
    »Vielleicht. Ich bin kein Künstler.«
    »Feuer?«, fragte er und hielt mir erneut das Feuerzeug entgegen.
    »Nein, danke. Ich werde jetzt gehen.« Ich stand vom Stuhl auf. »Eine Bitte hätte ich noch: Machen Sie Ihrer Frau klar, dass sie ihre absurde Theorie, was Abakays Tod betrifft, niemandem weitererzählt.«
    Hasselbaink stand ebenfalls auf und nahm seine Zigarette von der rechten in die linke Hand. »Darauf können Sie sich verlassen.« Er streckte mir die rechte Hand entgegen, und ich schüttelte sie. Er hatte einen festen, angenehmen Griff.
    »Vielen Dank«, sagte er, »dass

Weitere Kostenlose Bücher