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OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger

Titel: OPUS - Die Bücherjäger - Gößling, A: OPUS - Die Bücherjäger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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1
    L
egt Amos von Hohenstein
in Ketten! Verbindet seine Augen und knebelt ihn! Und was auch geschehen mag – ihr dürft ihm die Fesseln auf keinen Fall lösen. Hast du das verstanden, Waldo?«
    »Jawohl, Euer Gnaden.«
    »Und du, Franz – was ist mit dir?«
    »Wie befohlen, Herr.«
    »Ihr seid meine treuesten Soldaten«, sagte der, den die beiden anderen »Herr« und »Euer Gnaden« genannt hatten, und stieß mit lautem Pusten die Atemluft aus. »Ich vertraue euch voll und ganz. Ihr bringt den Gefangenen auf sicheren Nebenwegen nach Nürnberg, wie wir es besprochen haben. Und kein Wort zu irgendwem!«
    »Jawohl, Euer Gnaden.«
    Amos hatte diesen Wortwechsel wie durch eine Nebelwand mit angehört. Die drei Männer mussten irgendwo da draußen in dem dunklen Gang sein – jenseits der beiden Pechfackeln, die bei Tag und Nacht vor seiner Kerkertür brannten. Die Stimmen kamen ihm allesamt bekannt vor, aber hier unten im Felsverlies konnte man sich seiner Sinneseindrücke selten sicher sein.
    Das Fauchen der Flammen verfolgte ihn bis in den Schlaf. Der schwarze Qualm brannte ihm in den Augen, sodass er ständig wie durch einen Tränenschleier sah. Die kleinsten Geräusche, selbst Räuspern oder Hüsteln, wurden hier unten durch vielerlei Echos verfremdet. Vor allem aber war es im immerwährenden Halbdunkel schwer, Einbildungen und wirkliche Geschehnisse auseinanderzuhalten. Wie lange er schon in diesem Verlies unter der Bamberger Bischofsburg festsaß, hätte Amos gar nicht sagen können. Drei Tage oder genauso viele Ewigkeiten. Längst hatte er jedes Zeitgefühl verloren. Hunger und Durst quälten ihn unaufhörlich. Er fühlte sich matt und schwindlig, doch schlimmer als alles andere war die Hoffnungslosigkeit.
    Der kurzatmige Herr da draußen schien noch immer nicht ganz beruhigt. »Lasst euch von dem harmlosen Aussehen dieses Jünglings nicht täuschen«, sagte er in beschwörendem Tonfall. »Amos von Hohenstein ist wie ein gefräßiger Wolf, der die wehrlosen Lämmer zerfleischt – vergesst es niemals!« Er unterbrach sich, um neuerlich pustend auszuatmen. »Schwört mir – Waldo, Franz«, fuhr er fort, »dass ihr euren Gefangenen zur Heiligen Inquisition in Nürnberg bringen werdet – und wenn sich die Hölle vor euren Füßen auftut, um euch daran zu hindern.«
    »Wir schwören es!«, riefen die beiden Wächter aus.
    »So ist es gut, meine Kinder«, sagte »Euer Gnaden« daraufhin. »Brecht jetzt unverzüglich auf.«
    »Wie befohlen«, erhielt er neuerlich zur Antwort – und gerade in diesem Moment erwachte Amos aus seiner Erstarrung.
    »Bitte, Herr!«, rief er und seine Stimme klang in seinen eigenen Ohren zittrig und schwach. Der anscheinend wohlbeleibte Mann, der bei jedem Aus- und Einatmen wie ein Blasebalg pustete und keuchte – das konnte ja niemand anderes als Fürstbischof Georg sein, dem er vor seiner Verhaftung
Das Buch der Geister
hatte überbringen wollen. Aber aus welchem Grund bemühte sich der Herrscher höchstselbst in diese modrige Unterwelt hinab? Und die beiden Soldaten, denen Fürstbischof Georg eben seine Befehle erteilt hatte – waren das nicht dieselben Burgwächter, die Amos bei jenem unseligen Zusammentreffen überwältigt hatten? Wie eigenartig, dachte er – bisher hatte er hier unten außer einem greisen Kerkerwärter keine Menschenseele zu sehen bekommen. Anfangs hatte er den Alten immer angefleht, ihn zum Herrn Fürstbischof zu bringen, aber schließlich war ihm klar geworden, dass der Wärter taub und mit Blödigkeit geschlagen war.
    Amos sprang auf und taumelte zur Zellentür. »Bitte, hört mich an!« Er umfasste zwei der rostigen Gitterstäbe mit seinen Händen. »Herr Fürstbischof, so glaubt mir doch – ich wurde genauso wie Ihr selbst getäuscht!«
    Anstelle einer Antwort vernahm er unverständliches Gemurmel. Gleich darauf entfernte sich mit schweren Schritten einer der Männer. Das konnte nur der Fürstbischof sein – offenbar hatte er nicht die Absicht, seinen Gefangenen noch einmal anzuhören. Ganz im Gegenteil: Er wollte sich Amos so schnell wie irgend möglich vom Hals schaffen, und er hatte seine Soldaten angewiesen, den Häftling zu knebeln, damit er an niemanden auch nur ein einziges Wort richten konnte. Jedenfalls so lange, bis ihn die Inquisitoren in Nürnberg in ihrem Folterverlies befragen würden.
    Amos ließ die Eisenstäbe los und tappte zurück zu der Steinbank, die als Bett, Tisch und Stuhl in einem diente. Er ließ sich wieder darauf fallen, lehnte

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