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Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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die Eingangstreppe. Die zwei uniformierten Empfangspagen betrachteten uns entgeistert: zwei Männer mit vollgemachten Hosen, nach Kotze stinkend, der eine mit blutig aufgerissenen Wangen, der andere mit dick geschwollener Nase.
    »Guten Abend«, sagte ich, »wir sind verabredet. Maier Verlag, Emanuel Thys.«
    15
     
    Die folgende Woche wartete ich. Auf die Polizei, auf Hakims Leute, auf irgendwen, der eins und eins zusammenzählte und sich sagte: Wenn Abakay wegen einer Falschaussage Kayankayas in den Knast gewandert war, dann wollte er sich vermutlich rächen; und Kayankaya würde sich vermutlich wehren – fragen wir ihn doch mal, wo er sich Donnerstagabend aufgehalten hat. Aber offenbar wollte keiner eins und eins zusammenzählen. Die Polizei war froh, dass die Festnahme Abakays im Nachhinein doch nicht so unbegründet schien – Zeitungen und Lokalfernsehen hatten sich schnell darauf geeinigt, dass Abakay im Zusammenhang mit Drogengeschäften auf der Strecke geblieben war. Und Hakim sah sich eines – Familie hin oder her – lästigen Mitwissers und Erpressers entledigt.
    Am Ende hatten von Abakays Tod wohl zu viele etwas, als dass es zu ernsthaften Nachforschungen gekommen wäre. Und auch der Fall Rönnthaler schien damit für die Polizei fürs Erste erledigt zu sein. Wahrscheinlich schoben sie ihn im Präsidium inzwischen doch Abakay in die Schuhe. Allein schon für eine bessere Aufklärungsquote.
    Am Samstag erschien in mehreren Zeitungen, begleitet von Kommentaren und Leitartikeln, die Mitteilung des Maier Verlags: Malik Rashid, Autor des Romans Die Reise ans Ende der Tage , ist nach fünftägiger Entführung von einer Gruppe, die sich »Die zehn Plagen« nennt, wieder freigelassen worden. Die Gruppe begründet ihre Aktion damit, dass Rashids Roman Menschen muslimischen Glaubens beleidige. »Die zehn Plagen« wollten ein Zeichen setzen. Die Entführung ging Donnerstagabend unblutig zu Ende.
    In einem Kommentar hieß es: Der Name der Gruppe gibt allerdings zu denken. Ist er nur ein eher zufälliger Schabernack, oder verbirgt sich dahinter etwa ein kluger Kopf? Haben wir es hier mit einer muslimischen Kampfgruppe zu tun, die Breitel liest? Damit wäre zu erklären, warum die Entführung vergleichsweise glimpflich ablief: intellektuelle gläubige junge Männer, vermutlich Studenten, die wegwollen vom Bild des primitiven, blind mordenden Bin-Laden-Jüngers. Kommt da eine Mischung aus Spaßguerilla und ernsthaftem Diskurs auf uns zu?
    Und so weiter. »Die zehn Plagen« beschäftigten erst den Nachrichtenteil, dann das Feuilleton, und fast überall erschienen Interviews mit Rashid.
    Montag kam Slibulsky vorbei und brachte mir das Geld von Valerie de Chavannes.
    »Mann, was ’ne Lady!«
    »Hm-hm.«
    »Ich soll dir ausrichten, dass sie dich unbedingt sehen will.«
    »Ist ihr Mann zurück?«
    »Keine Ahnung. So ’n großer Schwarzer?«
    »Groß, weiß ich nicht.«
    »Der ging hinten im Flur vorbei. Er wurde mir aber nicht vorgestellt.«
    »Danke, Slibulsky.«
    »Sag mal«, er betrachtete mich neugierig, »läuft da was mit der?«
    »Bin ich wahnsinnig?«
    »Die kann es einen jedenfalls machen, denke ich.«
    Dienstag rief Octavian an.
    »Du hast ja wahrscheinlich gehört oder gelesen, dass dein Freund Abakay kurz nach seiner Freilassung erschossen wurde.«
    »Hab’s in der Hessenschau gesehen.«
    »Aha – wusste gar nicht, dass das in der Hessenschau kam…«
    »Hättest du’s auch gerne gesehen?«
    Er seufzte. »Hör zu: Zwischen Abakay und seinem Mörder ist es vor den tödlichen Schüssen sehr wahrscheinlich zu einem Kampf gekommen. Um die Leiche war überall Erbrochenes verteilt, und das stammte nicht von Abakay.«
    »So? Wie interessant.«
    »Nun, die Kollegen sind sich ziemlich einig, dass Abakay wegen irgendwelchen Streitigkeiten im Drogenmilieu abserviert wurde, und vieles spricht ja auch dafür, und mir soll’s recht sein. Aber ich habe mir dann aus reiner Neugierde mal die Liste geben lassen mit den Bestandteilen des Erbrochenen.«
    »Ach ja?« Ich begann leicht zu schwitzen.
    »Und danach habe ich in der Weinstube angerufen und gefragt, was letzten Donnerstag als Tagesgericht serviert wurde: Ziegenragout mit weißen Bohnen.«
    Ich sagte nichts. Da gab es nichts zu sagen.
    »Na, ich wollte dir nur raten, in nächster Zeit keinen Lärm in der Stadt zu machen. Am besten, die Kollegen vergessen, dass es dich gibt.«
    Es entstand eine Pause. Es kostete mich Überwindung. »Danke, Octavian.«
    Als wir

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