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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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beschuldigte er mich in seiner milden, bescheidenen Art, daß ich ihn so wenig freundlich behandelt hatte. Ich machte keine Ausflüchte, noch wimmerte ich oder wandte meinen Blick ab, denn die Schuld war von mir genommen. Ich hielt meine müden Augen auf und starrte ihn an, bis er verschwunden war. Wie sicher bist du dir, daß es möglich ist, das zu erlangen, wonach du suchst? Neds Gesicht tauchte auf. Timothys wieder. Olivers. Und dann mein eigenes, das eigene Gesicht von Eli, dem eigentlichen Anstifter der Reise, dem hilflosen Führer des Fruchtbodens. Glaubst du wirklich, daß du hier etwas gewonnen hast? Ich studierte mein Gesicht, mißbilligte die unschönen Stellen, versuchte die Kontrolle darüber zu erlangen, es zum plumpen, teigigen Gesicht der Kindheit zurückzuentwickeln – dann ließ ich es sich wieder nach vorn in der Zeit verändern bis zur Gegenwart, zum neuen, ungewohnten Eli aus dem Schädelhaus, und ging noch darüber hinaus bis zu einem Eli, den ich noch nie zuvor gesehen hatte; ein Eli, der noch kommen würde, zeitlos, stumpf, phlegmatisch, ein Eli, der zum Bruder geworden war, ein Gesicht aus feinem Leder, ein Gesicht aus Stein. Während ich diesen Eli begutachtete, hörte ich den Versucher wieder beharrlich seine Fragen stellen: Wie kannst du dir dessen sicher sein? Wie kannst du dir dessen sicher sein? Wie kannst du dir dessen sicher sein? Er fragte immer wieder, hämmerte mir die Fragen ein, bis ihre Echos in ein einziges formloses Brummen zusammenflossen. Ich hatte keine Antwort für ihn und fand mich selbst allein auf einem dunklen, polaren Plateau wieder, klammerte mich an ein Universum, aus dem die Götter geflohen waren. Und ich dachte: Ich habe das Blut meiner Freunde vergossen, doch wozu? Doch wozu? Aber dann kehrte die Stärke zu mir zurück, und ich brüllte Ihm meine Antwort in Seinen brummenden Spott hinein, schrie, daß ich wieder zum Glauben gefunden hätte. Ich trat sicher auf, weil ich wußte, daß ich mir ganz sicher war. „Ich glaube! Ich glaube! Ich mache Dir Deinen Sieg streitig!“ Und ich zeigte mir in meiner Vorstellung, wie ich durch die strahlenden Straßen weit entfernter Morgen ging, auf dem Boden fremder Welten schritt, zeigte mir selbst einen ewigen Eli, der den Strom der Jahre umschloß. Und ich lachte, und Er lachte auch. Und Sein Lachen drohte mein Lachen zu verschlingen. Aber mein Glaube geriet nicht ins Wanken, und schließlich schwieg Er und erlaubte mir damit, als letzter zu lachen.
    Dann fand ich mich vor dem vertrauten Mosaikschädel sitzend wieder, mit krächzender Kehle und zitternd. Es gab keine weiteren Metamorphosen. Die Zeit der Vision war vorüber. Ich stand auf, verließ mein Zimmer und lief eilig den Korridor hinunter, bis zu jenem Teil des Gebäudes, wo die nackten Balken allein gegen den offenen Himmel standen. Als ich aufsah, entdeckte ich einen riesigen Falken über mir, der in weiter Ferne seine Kreise zog. Dunkel hob er sich gegen die grelle, unvermischte Blauheit des Himmels ab. Falke, du wirst sterben, und ich werde leben. Daran zweifle ich keine Sekunde. Ich lief weiter um eine Ecke, bis ich in den Raum kam, wo unsere Treffen mit Bruder Antony stattfanden. Der Bruder und Ned waren bereits anwesend, und offensichtlich warteten sie auf mich; denn der Anhänger des Bruders hing noch um seinen Hals. Ned lächelte mich an, und Bruder Antony nickte. Ich verstehe, schien jeder von ihnen zu sagen. Ich verstehe. Solche Stürme kommen vor. Ich kniete mich neben Ned hin. Bruder Antony zog den Anhänger ab und legte den kleinen Jadeschädel vor uns auf den Boden. Das ewige Leben gewähren wir dir. „Laßt uns die innere Vision auf das Symbol richten, das wir hier sehen“, sagte Bruder Antony sanft. Ja. Ja. Freudig, erwartungsvoll und ohne Zweifel ergab ich mich erneut dem Schädel und seinen Hütern.

 
Nachwort
     
    Nur wenige Autoren in der Science-Fiction-Literatur haben eine derart erstaunliche Karriere gemacht wie Robert Silverberg. Ganz ohne Zweifel gehört er heute in die kleine Gruppe jener Autoren, die ambitionierte Science Fiction schreiben und zugleich bei der breiten Masse der Leser auf Resonanz stoßen. Aber das war nicht immer so.
    Der junge Silverberg begann einmal ganz unten, als Lohnschreiber, der für eine Art Gehalt schrieb, was gerade verlangt wurde. So verfaßte er sowohl unter eigenem Namen als auch unter mehreren Pseudonymen rund 50 000 Wörter im Monat für das Magazin Amazing: Stories mit vorgegebener Länge und der

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