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Bruderschatten

Bruderschatten

Titel: Bruderschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Bechtheim
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für Leserbriefe. Obwohl man dort zumindest ab und zu etwas wirklich Komisches in die Hände bekam.
    »Ist das nicht der entlassene Kinderschänder?«, fragte er und wischte sich den Mund mit einer Papierserviette ab.
    »Genau der.«
    Ich setzte mich an den freien Schreibtisch ihm gegenüber und blätterte die neuesten Ausdrucke für die morgige Ausgabe durch.
    Ich gab Lars’ Schweigen 30 Sekunden.
    Es dauerte nicht einmal zehn.
    »Gibt’s bei dem was Neues?«, fragte er.
    Ein Raubüberfall in Crimma , wo auch immer das war.
    »Ja.«
    Ein Schießerei auf St. Pauli, ein Verletzter, kein Toter.
    »Und was? Vielleicht ’ne neue Leiche? Weiblich, ledig, jung?«
    »Lars!«
    Evakuierung aufgrund falschen Bombenalarms in Münster.
    Ich sah von den Ausdrucken hoch. Er zuckte mit den Achseln.
    »Setz hier keine Gerüchte in die Welt.«
    Ich las weiter. Noch ein Raub. Drei Einbrüche . Eine Frau in Stade, die erst ihren Mann zerstückelt und dann in Plastiksäcken verstaut hatte.
    »Wenn du dich langweilst, lies doch einfach die Ausgabe von heute. Die großen Dinger stehen alle drin«, sagte Lars und wedelte mit der Zeitung.
    »Lars, könntest du einfach weniger reden?«
    Er stand auf, kam um den Schreibtisch herum, grinste und beugte sich zu mir herunter.
    »Du weißt, dass mein Alter Bulle ist? Er hat mich vor ein paar Wochen mal nach dir gefragt.« Er sprach so dicht an meinem Ohr, dass mich sein Atem kitzelte.
    Erstaunt sah ich ihn an, und er fuhr fort: »Na ja. Du bist so was wie ein Star unter den Gerichtsreportern. Die kennen dich alle.«
    »Was wollte er wissen?«
    »Ob du nett bist oder wirklich so ein karrieregeiles Biest, wie seine Kollegen behaupten.«
    »Karrieregeiles Biest?« Ich legte die Stirn in Falten, musste aber doch lächeln.
    Er hob die Hände, als wollte er sich ergeben: »Ich hab’s nur weitergegeben.«
    »Hat er sonst noch was gesagt?«
    »Dein Bruder soll mal jemanden umgebracht haben.«
    »Ach ja?«
    »Alle wissen’s, aber ich soll’s nicht weitererzählen, sagt mein Vater.«
    »Warum erzählst du es mir dann?«
    Er richtete sich auf, runzelte fast unmerklich die Stirn und sah mir in die Augen. »Er sagt, jeder hat eine Achillesferse und dein Bruder ist deine. Du hast mir mal geholfen. Wenn du meinen Text nicht redigiert hättest, hätte ich ziemlichen Ärger gekriegt. Eine Hand wäscht die andere. So läuft das doch.«
    »Schlaues Bürschchen«, sagte ich. »Und was soll heißen, er ist meine Achillesferse?«
    »Mein Vater sagt, irgendwann wird der Typ zurückkehren und dann wirst du hier ein ziemliches Problem bekommen.«
    Mir stockte der Atem.
    »So«, war alles, was mir dazu einfiel.
    Ich wusste, dass die Verlagseigentümer damals schwere Bedenken hatten, mich einzustellen. Deshalb arbeitete ich die ersten drei Jahre als freie Reporterin, der man jederzeit die Aufträge kündigen konnte. Erst danach erhielt ich eine Festanstellung.
    »Ja, so ist es«, sagte Lars. »Und mein Vater sagt auch, ein paar seiner Kollegen glauben, dass du seit 20 Jahren einen flüchtigen Mörder deckst und weißt, wo er ist.« Genau das hatte der eine oder andere aus der Verlagsleitung auch angenommen, als es um meine Einstellung ging, und ich vermutete, einige glaubten es bis heute, auch wenn niemals jemand mit mir darüber sprach.
    »Das sagt dein Vater?«, fragte ich. »Hat er dir auch gesagt, dass es keinen Prozess gab und dass Leos Schuld niemals bewiesen wurde? Dass es ebenso ein Unfall gewesen sein könnte?«
    Lars zuckte mit den Achseln. »Keine Ahnung. Aber ich weiß, dass du bei einigen sehr unbeliebt bist, seitdem deine Berichterstattung die Hamburger Polizei letztes Jahr ziemlich schlecht dastehen ließ.«
    »Das ist nun mal mein Job«, sagte ich. »Da darf man nichts drauf geben.«
    »Es gibt Typen, die nur darauf warten, dass man einen Fehler macht.« Er flüsterte, und sein Kopf zuckte in Toms Richtung.
    Ich lächelte. Tom war ein Brummbär und polterte gern los, auch wenn er Menschen mochte. Und Lars mochte er. Dafür legte ich meine Hand ins Feuer. Trotzdem hatte er ihn erst vor ein paar Tagen zusammengestaucht, weil Lars einen Artikel verlegt hatte.
    »Kauf dir ein Handy mit Prepaid-Funktion«, wisperte Lars dicht an meinem Ohr weiter. »Da bist du immer auf der sicheren Seite, weil die Verbindungsdaten nirgendwo gespeichert werden.«
    »Sagt das auch dein Vater?«
    »Nein, das sage ich«, sagte er. »Und nur damit du Bescheid weißt, ich würde gern mal was Größeres schreiben. Vielleicht mal

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